Geöffnetes Lokal mit Corona-Auflagen
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Kurz

Öffnung „mit strengen Auflagen“

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat abermals eine einheitliche Öffnung Mitte Mai in Aussicht gestellt. Diese werde aber mit „sehr strengen Auflagen“ verbunden sein. Etwa werde es Zutrittstests im Gastronomie- und Tourismusbereich geben, für den Handel jedoch nicht, sagte der Kanzler am Dienstag im Ö1-Morgenjournal.

Der konkrete Öffnungsplan werde von der Öffnungskommission erarbeitet. Ende der Woche soll es dazu erste Details geben. Der Kanzler gab sich überzeugt, dass es Mitte Mai Öffnungsschritte für alle Bereiche geben könne. „Wir alle brauchen einen Schritt in Richtung Normalität“, so Kurz. Er gehe davon aus, dass die beiden Bundesländer Wien und Niederösterreich Anfang Mai „auf dem gleichen Level“ wie die anderen sieben Länder sein werden, wo etwa der Handel geöffnet ist.

Bis zum Sommer sollen 200.000 Menschen wieder in Beschäftigung kommen. Dann werde die Kurzarbeit weniger gebraucht, so Kurz. Es werde aber weiterhin für besonders betroffene Branchen wie die Stadthotellerie „maßgeschneiderte“ Lösungen brauchen.

Die Zusammenarbeit in der Koalition bezeichnete der Kanzler als „in Summe sehr gut“. Vor allem mit Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) habe er eine „sehr gute Basis“. Daher gehe er „selbstverständlich“ davon aus, dass die Regierungszusammenarbeit weiter Bestand haben werde. Jetzt gelte es, alles, was geplant sei, „auf den Boden zu bringen“, darunter etwa eine ökosoziale Steuerreform.

Bundeskanzler Sebastian Kurz
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Kanzler Sebastian Kurz bei seiner Eröffnungsrede zur Regierungsklausur

Kopf sieht große Herausforderung

Die ÖVP-Grünen-Regierung startete am Montag ihre zweitägige Klausur mit Blick auf einen „Comebackplan“. Auf der Klausur sollen Schritte zur Bekämpfung der ökonomischen Folgen der Coronavirus-Pandemie besprochen werden. Was die Arbeitslosenzahlen betrifft, erwartet Johannes Kopf, Vorstand des Arbeitsmarktservice (AMS), eine Rückkehr zum Vorkrisenniveau bis Beginn des übernächsten Jahres.

„Das wird realistisch schon dauern“, sagte Kopf am Montagabend in der ZIB2. „Ich halte es für durchaus denkbar, dass wir dieses Ziel Anfang 2023 erreichen können.“ Um das zu schaffen, müsste sich die Lage im Tourismus und der Gastronomie bessern und es im nächsten Jahr ein „nachhaltiges Wachstum“ geben. Die türkis-grüne Regierung will bis in einem Jahr 500.000 Menschen wieder in Beschäftigung bringen, die jetzt in Kurzarbeit oder arbeitslos sind. „Ich halte das Ziel für erreichbar“, so der AMS-Chef. Das sei aber „nicht ganz einfach“. Unter anderem sei die Reduktion der Langzeitarbeitslosigkeit „eine große Herausforderung“, sagte Kopf.

AMS-Vorstand Kopf zur Arbeitsmarktlage

AMS-Vorstand Johannes Kopf über die Situation auf dem Arbeitsmarkt und den „Comebackplan“ der Regierung.

Kurzarbeit mit „unangenehmen Nebenwirkungen“

Ende März waren 486.000 Personen zur Kurzarbeit angemeldet und knapp 458.000 Personen arbeitslos oder in AMS-Schulungen. Kopf kann sich bei der Reform der CoV-Kurzarbeit über Ende Juni hinaus vorstellen, den Unternehmen für die Kurzarbeit weniger zu ersetzen. „Kurzarbeit hat, wenn sie lange dauert, unangenehme Nebenwirkungen, weil sie Strukturveränderungen verhindert“, sagte der AMS-Chef.

Die heimischen Gastronomie- und Hotelleriebetriebe bereiten sich derzeit auf ein mögliches Ende des Lockdowns im Mai vor und berichten teilweise über eine schwierige Mitarbeitersuche. Viele hätten die Branche verlassen, deswegen gebe es zu wenige Arbeitskräfte, heißt es von Branchenvertretern. „Ich glaube, die Sorge ist verständlich, aber nicht berechtigt“, so der AMS-Vorstand.

Regierung will „Blick nach vorne richten“

Man wolle „den Blick nach vorne richten“, hatte Kurz zu Beginn der Regierungsklausur am Montag gesagt. Zwar würden Arbeitsplätze von Unternehmen geschaffen, so Kurz, aber die Politik müsste die richtigen Rahmenbedingungen bereitstellen. Ein erster Schritt sei die Erhöhung der Investitionsprämie von drei auf fünf Milliarden Euro. Das sei ein großer „Investitionsschub“, sagte er. Dadurch verspreche man, dass der Zuschuss 55 Milliarden Euro an Investitionen auslösen werde, indem diese vorgezogen werden.

Regierung will Investitionen fördern

Bei der Regierungsklausur geht es derzeit um die Wiederbelebung der heimischen Wirtschaft und des Arbeitsmarkts.

„Jetzt geht es darum, dass wir wieder nach vorne schauen“, betonte auch Vizekanzler Werner Kogler (Grüne). „Wir wollen uns aus der Krise rausinvestieren.“ Das gelinge mit Ökologisierung und Digitalisierung. Die Prämie von sieben Prozent – oder 14 Prozent, wenn die Investition im Zusammenhang mit Digitalisierung, Ökologisierung, Gesundheit und Life Science steht – soll helfen, dass Unternehmen ihre Investitionen trotz der Coronavirus-Krise tätigen.

Investitionen sollen Standort stärken

Als Ziel der Klausur wurde formuliert, binnen eines Jahres eine halbe Million Menschen wieder in reguläre Beschäftigung zu bringen. Mit Ende März waren genau 457.817 Menschen arbeitslos oder in Schulung. Die Zahl ist im Vergleich zum ersten Lockdown im März 2020 deutlich gesunken. Allerdings waren ein Jahr zuvor, also vor der Krise, nur 369.000 Menschen arbeitslos oder in Schulung.

Die Investitionsprämie soll sich laut Regierung auch langfristig auf den Arbeitsmarkt auswirken. Man müsse den immensen wirtschaftlichen Herausforderungen begegnen, sagte Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP). Mit der Prämie wolle man die internationale Wettbewerbsfähigkeit stärken. Bisher habe die Hälfte der Anträge auf die Investitionsprämie einen digitalen oder ökologischen Fokus, sagte sie. Die Wirtschaftsministerin erhofft sich auf Basis von Berechnungen, dass durch die Investitionen bis zu 800.000 Jobs geschaffen werden.

Auch Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne), die die Agenden zum Klimaschutz verantwortet, betonte, dass klimaschädliche Investitionen – wie etwa in fossile Bereiche – explizit von der Prämie ausgeschlossen seien. Klimaschutz sei hingegen „absoluter Jobmotor“. Viele Menschen seien derzeit durch die Pandemie noch verunsichert. Auftrag der Regierung sei es nun, eine Perspektive zu liefern.

Gelder aus EU-Wiederaufbaufonds

Das Geld für das „Comeback“, was freilich auch die Öffnungen nach den Lockdowns betrifft, soll zum Teil aus staatlichen Geldern und aus dem EU-Wiederaufbaufonds (Recovery and Resilience Facility; RRF) kommen. Die Bundesregierung rechnet damit, dass man aus Brüssel zwischen 3,5 und 4,5 Milliarden Euro für bereits definierte Projekte erhalten wird. Laut aktuellen Planungen werden 46 Prozent davon in Klimaschutzmaßnahmen fließen, hieß es aus der Regierung am Samstag.

Der überwiegende Teil der Mittel aus dem EU-Wiederaufbaufonds werde in neue, noch nicht budgetierte Maßnahmen fließen, ein Teil seien aber auch bereits geplante. Zuletzt hatte es gerade an letzteren Kritik gegeben. Der Gesamtplan für den österreichischen Teil am RRF wurde dieser Tage an die Kommission übermittelt. In weiterer Folge soll nun der Plan vonseiten der Kommission genehmigt werden. Dabei kann es noch zu geringfügigen Anpassungen kommen. Bereits im Jahr 2021 sollen die ersten Mittel zur Auszahlung gelangen und für den Klimaschutz in Österreich eingesetzt werden.

Pressekonferenz zu Beginn der Regierungsklausur

Ankündigungen für Opposition wenig überzeugend

Wenig überzeugt von den Ankündigungen war die Opposition: Die Regierung verkaufe „Altes als neu“, merkte SPÖ-Wirtschaftssprecher Christoph Matznetter an: „Das, was Kurz und Co. uns heute als neuen Weg aus der Krise weismachen wollen, ist nichts anderes als die längst überfällige budgetäre Bedeckung für die bereits vergangenes Jahr beschlossene Investitionsprämie.“

Nach 14 Monaten Lockdown hätten sich Unternehmen „eine echte Öffnungsperspektive verdient, nicht nur eine erhöhte Investitionsprämie“, kritisierte der stellvertretende NEOS-Klubobmann Niki Scherak. Er forderte „echte Reformen“ – der Gewerbeordnung, niedrigere Lohnnebenkosten, Bürokratieabbau samt einem „konkreten Plan, wie es in den kommenden Monaten und Jahren weitergehen soll“.

Erfreut waren hingegen Wirtschaftskammer und Industrie. WKÖ-Präsident Harald Mahrer sieht die Erhöhung auf fünf Mrd. Euro als „Turbo für Wirtschaft, Wachstum und Beschäftigung“. Die Regierung setze „eine wichtige Maßnahme zur richtigen Zeit“, befand Wien Georg Knill, Präsident der Industriellenvereinigung (IV). Der Handelsverband begrüßte die Ankündigung des Kanzlers, auf Zutrittstests im Handel zu verzichten. „Das ist der richtige Weg, denn der Handel war und ist kein Corona-Hotspot, wie inzwischen unzählige wissenschaftliche Studien belegt haben“, hieß es.