Leeres Rednerpult der Bundeskanzlerin
APA/AFP/Stefanie Loos
Laschet gegen Söder

Demontage in den eigenen Reihen

Auch am Dienstag in der Früh ist das Duell um die deutsche Kanzlerfrage noch immer nicht entschieden. Die CDU hatte sich in der Nacht erneut hinter ihren Chef Armin Laschet als Kandidaten gestellt. Erneut will sich der Rivale, CSU-Chef Markus Söder, beugen. Der Schaden ist aber schon jetzt groß und der künftige Unionskandidat bereits vor dem Wahlkampf angeschlagen.

Der Vorstand der großen Schwesterpartei hatte sich in einer digitalen Sondersitzung in der Nacht auf Dienstag in geheimer Wahl mehrheitlich für eine Kandidatur Laschets ausgesprochen. Von 46 stimmberechtigten Vorstandsmitgliedern gab es 31 Stimmen für Laschet, neun für Söder, sechs enthielten sich.

Der Vorstand hatte sich bereits vor einer Woche für Laschet entschieden, wenn auch damals noch deutlicher als zuletzt. Söder sagte auch dieses Mal wieder, er lege den Beschluss, wer nun für die Union am 26. September bei der Bundestagswahl antreten soll, in die Hände der CDU. „Wir als CSU und auch ich respektieren jede Entscheidung“, sagte er am Montag. Nun ist die Spannung groß, ob Söder dieses Mal auch dabei bleibt.

Söder verließ sich auf Umfragen

Am Dienstag will sich Söder zu Mittag öffentlich dazu äußern, wie die CSU nun verfahren will. Am Dienstagnachmittag ist zudem eine Sitzung der Bundestagsabgeordneten von CDU und CSU geplant, wo tatsächlich eine Entscheidung fallen soll. Sogar eine Kampfabstimmung war zeitweise befürchtet worden. Nun stehen die Zeichen auf Niederlage für Söder.

CDU-Vorstand spricht sich für Laschet aus

Bei einer Sondersitzung hat der CDU-Vorstand mit deutlicher Mehrheit für ihren Parteichef Armin Laschet gestimmt. Markus Söder, Vorsitzender der bayerischen Schwesterpartei CSU, hatte angekündigt, dieses Votum zu akzeptieren.

Dieser hat aber immer noch die Umfragen und – wie die CSU meint – auch die Basis hinter sich. Einer aktuellen Umfrage zufolge würden der Union unter Laschet bei der Bundestagswahl Verluste drohen. Derzeit würden 27 Prozent der Befragten der Union ihre Stimme geben. Unter Laschet würden laut der RTL/ntv-Umfrage aber nur knapp zwei Drittel daran festhalten. Bei einer Direktwahl des Kanzlers würden sich 40 Prozent für Söder aussprechen und 19 Prozent für Laschet.

„Wäre der zweite Wortbruch“

Politikerinnen und Politiker der CDU sehen nach dem nächtlichen Votum Laschet als Kanzlerkandidaten hinreichend legitimiert. „Die unterlegene Minderheit muss sich der Mehrheitsentscheidung anschließen“, sagte etwa der frühere CDU-Generalsekretär Ruprecht Polenz dem Bayerischen Rundfunk. Der CDU-Haushaltsexperte Eckhardt Rehberg sagte dem Sender NDR Info; jetzt müsse Söder zu seinem Wort stehen, Laschet zu unterstützen und ohne Groll gemeinsam Wahlkampf zu machen. „Wenn er das nicht täte, wäre das der zweite Wortbruch.“

Verbrannte Erde

Angesichts des Vorgriffsrechts von Laschet als Chef der größeren Schwesterpartei und dem nun wahrscheinlichen Ausgang bleibt kaum eine Erkenntnis. Laschet trat an und Laschet dürfte auch Kanzlerkandidat werden. Dazwischen aber liegt verbrannte Erde. Das Duell der beiden Ministerpräsidenten beschädigte schon vor Beginn des eigentlichen Wahlkampfs das Image Laschets als Krisenmanager, weil er lange dafür brauchte, eine Entscheidung herbeizuführen.

Der CDU-Chef wollte den Zweikampf freilich so rasch wie möglich beenden. In der Nacht zum Montag in einem dreieinhalb Stunden langen Gespräch mit Söder im Bundestag, in der Nacht zum Dienstag dann durch den Vorstand. Doch bisher dauert der Streit der Union schon neun Tage lang.

Söder hat wenig zu verlieren

Für Laschet geht es um alles, würde er nicht Kanzlerkandidat werden, müsste er wohl in der Folge auch auf den CDU-Chefsessel verzichten. Das wäre nach Annegret Kramp-Karrenbauer schon der zweite gescheiterte Nachfolger von Angela Merkel in der Partei.

Söder hingegen kann ohne Problem als bayrischer Ministerpräsident weiterregieren. Der Union fügte der Streit um die Führungsposition aber Schaden zu: Ausgerechnet während der dritten Welle der Pandemie erging sich Deutschlands letzte Volkspartei in schon bekannten Grabenkämpfen um Macht.