CDU-Chef und Kanzlerkandidat Armin Laschet
Reuters/Odd Andersen
Söder verzichtet

Laschets holpriger Start ins Kanzlerrennen

Nach dem tagelangen Machtkampf zwischen Armin Laschet (CDU) und Markus Söder (CSU) kann die Union vorerst aufatmen. Laschet wird wie vorgesehen der Kanzlerkandidat beider Schwesterparteien. Nun muss er eine gespaltene Fraktion, in der sein Führungspotenzial angezweifelt wurde, in die Bundestagswahl im September führen.

„Die Würfel sind gefallen. Armin Laschet wird Kanzlerkandidat der Union.“ Mit diesen Worten beendete der bayrische Ministerpräsident Söder am Dienstag schließlich doch das Duell um die Kandidatur. Söder zog sich zurück aus dem Rennen, nachdem es neun Tage lang hektische Verhandlungen gegeben hatte.

Den Ausschlag für die Entscheidung hatte am Ende das deutliche Votum des CDU-Bundesvorstands von über 77 Prozent zugunsten von Laschet gegeben. Das Gremium musste sich zweimal für Laschet aussprechen, da Söder zunächst nicht von einer Kandidatur abgehen wollte.

Laschet wird Kanzlerkandidat der CDU/CSU

In Deutschland geht die Union aus CDU und CSU mit Armin Laschet als Kanzlerkandidaten ins Rennen. Der bayrische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) erklärte am Dienstag seinen Rückzug.

Duell hinterließ Spuren

Die Unionsmitglieder, die hinter Laschet stehen, betonten wiederholt, man dürfe ihn nicht unterschätzen. Er zeichne sich durch Beharrlichkeit und Nehmerqualitäten aus. 2017 holte er das bevölkerungsreichste deutsche Bundesland Nordrhein-Westfalen für die CDU zurück. Im Jänner setzte er sich gegen Friedrich Merz und Norbert Röttgen im Rennen um die Parteiführung durch. Nun zog auch der Machtpolitiker Söder gegen ihn den Kürzeren – eigentlich keine schlechten Voraussetzungen für seine Kanzlerkandidatur.

Doch das Duell mit Söder hinterließ Spuren in der Union, Risse wurden auch innerhalb der CDU sichtbar. In der Debatte hatten sich auch zahlreiche Gegner einer Kandidatur Laschets zu Wort gemeldet, die sich mit Söder an der Spitze größere Wahlchancen ausgerechnet hatten.

Die Umfragen schienen das auch zu bestätigen. Laut RTL/ntv-Trendbarometer würden der Union unter Laschet bei der Bundestagswahl im Herbst Verluste drohen. Zudem würden sich bei einer Direktwahl 40 Prozent für Söder aussprechen und nur 19 Prozent für Laschet.

„Entscheidung gegen die Basis“

Auch nach Söders Rückzug wollten einige kritische Stimmen aus der CDU nicht verstummen. Thüringens CDU-Landeschef Christian Hirte wertete das Votum für Laschet im Parteivorstand etwa als „Entscheidung gegen die CDU-Basis“. Die Stimmung in Thüringen sowie in mehreren anderen Landesverbänden sei deutlich für Söder als Kanzlerkandidat. Dennoch werde man nun Laschet unterstützen, so wie es Söder auch tun werde.

Auch aus Söders CSU gab es weiter Misstöne. Das Verfahren der Kandidatenkür hinterlasse „durchaus einige Fragezeichen“, sagte der Vorsitzende der Landesgruppe im Bundestag, Alexander Dobrindt, am Dienstag in Berlin. Auch Bayerns Finanzminister Albert Füracker (CSU) bezeichnete den Beschluss gegen die CDU-Basis als „sehr bemerkenswert“. Er wundere sich dennoch sehr, dass man die eindeutige Pro-Söder-Stimmung an der CDU-Basis völlig ignoriert habe, sagte er der dpa.

Appelle zur Geschlossenheit

Die Partei rief nun entsprechend laut zur Geschlossenheit auf. „Jetzt kommt es darauf an, zusammenzustehen“, sagte Söder selbst. Aus der CDU-Spitze hieß es: „Nur gemeinsam sind wir stark.“

Grafik zeigt Details der drei deutschen Kanzlerkandidaten
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA; Fotos: APA

Laschet selbst warb in der Sitzung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion am Dienstag ebenfalls um Zusammenhalt. Ein Aufstand gegen den CDU-Chef blieb aus. Söder soll in Zukunft stärker einbezogen werden. Er werde eine „zentrale Rolle für die Zukunft der Bundesrepublik Deutschland spielen“, sagte Laschet.

Welche Rolle die Union künftig in Deutschland spielen wird, muss am 26. September entschieden werden. In den Wahlkampf geht die Union ohne „Merkel-Bonus“ mit schlechten Karten: Die aktuellen Umfragen sehen sie zwischen 26 und 31 Prozent. Bei der Wahl 2017 – nach der großen Flüchtlingsbewegung – holte die Union noch knapp 33 Prozent.

Wenig Zeit für Laschet

Hinzu kommt, dass CDU und CSU nicht nur wegen des internen Streits unter Druck stehen. Die Grünen, die in den Umfragen bereits auf Platz zwei vor der SPD liegen, präsentierten erst am Montag geschlossen und ohne Streit Parteichefin Annalena Baerbock als ihre Kanzlerkandidatin. Dass für die SPD Olaf Scholz antritt, steht seit Längerem fest. Seine Partei steht in den Umfragen bei weniger als 20 Prozent.

AfD, FDP und Linke gaben noch keine Kandidaten oder Kandidatinnen bekannt. Nach heutigem Stand ist eine Koalition nach der Wahl ohne die Union unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich. Um seine Partei zu einen und hinter sich zu stellen, bleiben Laschet nun noch fünf Monate.