Ärztin mit einer Impfdosis
Reuters/Lucy Nicholson
Johnson & Johnson

EMA gibt grünes Licht für Impfstoff

Die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) bewertet den Nutzen des Coronavirus-Impfstoffs von Johnson & Johnson höher als die Risiken. Dabei gebe es eine „mögliche Verbindung“ zu „sehr seltenen“ Fällen von ungewöhnlichen Thrombosen, teilte die EMA am Dienstag mit. Diese sollten als sehr seltene Nebenwirkungen des Impfstoffs aufgeführt und die Produktinformationen mit einem entsprechenden Warnhinweis versehen werden.

Die Experten und Expertinnen des Sicherheitsausschusses der EMA hatten die aus den USA gemeldeten Fälle in einem beschleunigten Verfahren geprüft. In der EU habe es bisher keine Fälle gegeben. Die EMA hält daran fest, dass die Vorzüge des Impfstoffs, Covid-19 zu verhindern, höher zu bewerten seien als die Risiken von Nebenwirkungen.

Doch die Möglichkeit von Blutgerinnseln bei einer zugleich sehr niedrigen Zahl von Blutplättchen werde nun als seltene Nebenwirkung registriert. In den meisten Fällen ging es nach Angaben der Experten um Frauen unter 60 Jahren. Spezielle Risikofaktoren hätten nicht festgestellt werden können. Die Thrombosen vorwiegend in den Hirnvenen waren innerhalb von drei Wochen nach der Impfung aufgetreten.

Zentrale der European Medicines Agency, EMA, in Amsterdam
AP/Peter Dejong
Der Nutzen des Impfstoffs des US-Unternehmens überwiegt die Risiken, heißt es seitens der EMA

Acht Fälle bei sieben Millionen Impfungen

Vor einer Woche hatten die USA die Nutzung des Präparats vorübergehend ausgesetzt. Acht Fälle von Hirnvenenthrombosen waren aufgetreten nach etwa sieben Millionen Impfungen mit dem Johnson-&-Johnson-Präparat in den USA. J&J hatte daraufhin die Auslieferung des Impfstoffs in die EU, die erst Anfang vergangener Woche begonnen hatte, verschoben.

Die EMA war zuvor schon Berichten über Thrombosen nachgegangen. Johnson & Johnson sagte der EU die Lieferung von 200 Millionen Impfdosen im Jahr 2021 vertraglich zu. Kurz nachdem die EMA am Dienstag grünes Licht für den Impfstoff gab, teilte der Konzern mit, die Markteinführung des Präparats in der EU fortzusetzen.

16.800 Dosen in Österreich lagernd

Zahlreiche EU-Staaten folgten der Empfehlung des Herstellers, vor der Nutzung zunächst das Gutachten der Experten abzuwarten. Auch in Österreich wird das Johnson-&-Johnson-Vakzin derzeit nicht verimpft. 16.800 Dosen, die in der Vorwoche eingetroffen sind, liegen noch beim Großhandel und wurden bisher nicht an die Impfstellen ausgeliefert.

Auswirkungen auf den heimischen Impfplan hat das laut Gesundheitsministerium kaum, da dieses Vakzin „aktuell eine untergeordnete Rolle spielt“, wie gegenüber der APA betont wurde: „Der Schwerpunkt liegt derzeit vor allem bei den mRNA-Impfstoffen.“

Entscheidung in Österreich Ende der Woche

Johnson & Johnson würde sich aufgrund der einfacheren Handhabung – es genügt ein Stich für die Vollimmunisierung, die Logistik ist unkompliziert – „vor allem für schwerer erreichbare Zielgruppen eignen“, hielt das Ministerium in einer Stellungnahme fest.

In Österreich wird sich das Nationale Impfgremium Ende der Woche mit den EMA-Empfehlungen befassen, hieß es auf APA-Anfrage Dienstagmittag aus dem Gesundheitsministerium. „Bei der Entscheidungsfindung wird sich das ExpertInnengremium an den europäischen Vorgaben der EMA orientieren“, bekräftigte das Gesundheitsministerium.

„Das ist eine gute Nachricht“

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) sagte: „Ich freue mich, dass die EMA den uneingeschränkten Einsatz des Johnson-&-Johnson-Impfstoffes empfiehlt. Jeder zusätzliche Impfstoff, der uns zur Verfügung steht, hilft uns, schneller zur Normalität zurückzukehren. Mit dem grünen Licht für Johnson & Johnson bekommt der Impfturbo in Österreich einen weiteren Schub.“

EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen begrüßt die Freigabe des Impfstoffs von Johnson & Johnson durch die EMA. „Das ist eine gute Nachricht für die Impfkampagnen in der ganzen EU“, schrieb von der Leyen am Dienstag auf Twitter.

Ähnlichkeiten zu AstraZeneca

Es ist bereits das zweite Mal, dass die EMA nach der Zulassung einen Covid-19-Impfstoffs erneut prüft. Auch bei dem Wirkstoff des schwedisch-britischen Herstellers AstraZeneca hatte es Hirnvenenthrombosen gegeben, vor allem bei jüngeren Frauen. Die Fälle bei dem Johnson-Präparat seien denen beim Impfstoff von AstraZeneca sehr ähnlich, stellten nun auch die Experten fest.

Auch im Fall des AstraZeneca-Präparats hatte die EMA an ihrer Bewertung festgehalten, dass der Impfstoff sicher sei. Die Blutgerinnsel waren bei etwa einer Person von 100.000 aufgetreten. Doch einige Staaten entschieden sich dafür, nur noch Personen über 60 Jahren mit AstraZeneca zu impfen.