Bericht: Große russische Operation vor Explosion in Tschechien

Zumindest sechs Angehörige des russischen Militärgeheimdiensts GRU waren laut dem Rechercheportal Bellingcat in jene Operation involviert, die von Tschechien seit dem Wochenende mit Explosionen 2014 in einem Munitionslager im Osten des Landes in Verbindung gebracht wird. Mehrere GRU-Offiziere sollen dabei unter falscher Identität über Österreich an- oder abgereist sein.

Niemand Geringerer als Generalmajor Andrej Awerjanow sei wenige Tage vor den Explosionen im mährischen Vrbetice nach Mitteleuropa gekommen, berichtete Bellingcat. Der Kommandant der berüchtigten GRU-Spezialeinheit 29155 sei unter der Tarnidentität Andrej Owerjanow am 13. Oktober 2014 aus Moskau nach Wien-Schwechat geflogen und am 15. Oktober nach Moskau zurückgeflogen.

Informationen vom russischen Datenschwarzmarkt

Zwischenzeitlich dürfte der hochrangige Offizier gemeinsam mit einem Untergebenen im Mietauto nach Ostrava gefahren sein, um dort auf zumindest vier weitere GRU-Agenten zu treffen, so das Onlinemedium. Wie bereits in früheren Recherchen bezog sich Bellingcat insbesondere auf nicht öffentliche Handydaten und Passagierlisten, die auf dem russischen Datenschwarzmarkt erhältlich waren.

Am 13. Oktober 2014 hatten laut dem Medium die unter den Tarnidentitäten Aleksandr Petrow und Ruslan Boschirow agierenden GRU-Agenten ein Hotel in Ostrava bezogen und sich unter weiteren falschen Identitäten als vermeintliche Waffenkäufer aus Tadschikistan um Zutritt zum privat betriebenen Munitionslager in Vrbetice bemüht.

Dort kam es es in den Morgenstunden des 16. Oktober 2014 zu Explosionen, die zwei Menschenleben forderten. Am selben Tag seien „Petrow“ und „Boschirow“ auch aus Wien-Schwechat nach Moskau zurückgeflogen, hatten tschechische Medien bereits am Wochenende berichtet.

Nachdem Großbritannien im Zusammenhang mit einem Nowitschok-Anschlag auf den ehemaligen Doppelspion Sergej Skripal im März 2018 im englischen Salisbury „Petrow“ und „Boschirow“ zur Verhaftung ausgeschrieben hat, fahndet nun auch die tschechische Polizei nach ihnen.

In einer überraschend einberufenen Pressekonferenz hatten Premierminister Andrej Babis und der auch als Interimsaußenminister agierende Innenminister Jan Hamacek am Samstag vom Verdacht gesprochen, dass russische Geheimdienstler in die Explosionen von Vrbetice involviert waren.

Details zu den konkreten Vorwürfen blieben einstweilen unbekannt. Zu einer von Babis am Sonntag für Montag angekündigten Freigabe von Geheimdienstdokumenten ist es einstweilen nicht gekommen. Der Premierminister selbst ruderte am Montag auch ein wenig zurück: Der Anschlag in Vrbetice sei kein Akt von Staatsterrorismus gewesen, sondern sei gegen dort gelagerte Waren eines bulgarischen Waffenhändlers gerichtet gewesen.