Erdogan tauscht Handelsministerin aus

Nach Vorwürfen der Vetternwirtschaft hat der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan seine Handelsministerin Ruhsar Pekcan abgesetzt. Sie wird durch Mehmet Mus, einen Abgeordneten von Erdogans islamisch-konservativer Regierungspartei AKP, ersetzt, wie aus einem heute im Amtsblatt veröffentlichten Präsidialdekret hervorgeht. Die Handelsministerin war unter Druck geraten, weil sie Desinfektionsmittel unter anderem von der Firma ihres Ehemannes eingekauft haben soll.

Laut Medienberichten soll ihr Ministerium Mittel im Wert von neun Millionen Türkische Lira (rund 900.000 Euro) eingekauft haben. Pekcan hatte gestern eingeräumt, Produkte von der Firma im Wert von rund einer halben Million Lira (rund 51.000 Euro) bezogen zu haben. Sie wies jedoch jegliches Fehlverhalten von sich und erklärte, es sei das günstigste Angebot gewesen.

Schwache Lira, hohe Inflation

Der Präsident bildete per Dekret zudem einen Teil des Kabinetts um. Das Arbeits- und Familienministerium wurde in zwei Ministerien aufgeteilt. Erdogan ersetzte Familienministerin Zehra Zümrüt Selcuk durch die AKP-Politikerin Derya Yanik. Neuer Arbeitsminister ist der bisherige Präsidentenberater Vedat Bilgin.

Die Türkei kämpft zurzeit mit einer schwächelnden Lira und hoher Inflation von mehr als 16 Prozent. Die Wirtschaft steht zudem angesichts hoher Fallzahlen in der Pandemie unter Druck. Ärztevertreterinnen und -vertreter fordern einen harten Lockdown zusätzlich zu schon bestehenden Maßnahmen wie Ausgangsbeschränkungen.

Im März hatte Erdogan zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate den Chef der Zentralbank entlassen. Dieser hatte versucht, den starken Preisanstieg mit Zinserhöhungen in den Griff zu bekommen. Erdogan vertritt die Ansicht, dass niedrige Zinsen die Inflation eindämmen, und bezeichnet den Leitzins oft als „Mutter allen Übels“. Der neue Notenbankchef Sahap Kavcioglu hatte den Leitzins vergangene Woche unverändert bei 19 Prozent belassen.