„Ibiza“-U-Ausschuss: VfGH fordert Kanzlermails an

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) aufgefordert, die von der Opposition im „Ibiza“-Untersuchungsausschuss geforderten persönlichen E-Mails dem VfGH vorzulegen. Frist ist laut dem Schreiben ans Bundeskanzleramt der 26. April. Der VfGH will dann entscheiden, ob die von der Opposition verlangten Unterlagen auch für den U-Ausschuss abstrakt relevant und diesem vorzulegen sind.

Der Bundeskanzler habe sich zwar nach dem Einlangen des Oppositionsschreibens zum Gegenstand geäußert, schreibt der VfGH. Er habe jedoch nicht „der Aufforderung zur Vorlage von vom Antrag betroffenen Akten und Unterlagen entsprochen“. Ohne Kenntnis dieser sei die Erfüllung des „dem Untersuchungsausschuss verfassungsgesetzlich übertragenen Kontrollauftrages“ nicht möglich, so das Höchstgericht.

Kurz ließ bei einer Pressekonferenz indes offen, ob er der Aufforderung nachkommen wird, und behauptete, bereits alle relevanten Unterlagen aus seiner ersten Amtszeit übermittelt zu haben. „Wenn ein Regierungsmitglied ausscheidet, ist das ein komplexer Prozess“, so Kurz auf Journalistenfragen. Was es nie gegeben habe, könne aber auch nicht geliefert werden. Alles, was nach Ende der ÖVP-FPÖ-Regierung vorhanden und relevant war, sei veraktet und geliefert worden.

Opposition wandte sich an VfGH

Die Opposition hatte bereits mehrmals beklagt, keine Akten und Unterlagen vom Bundeskanzleramt bekommen zu haben. SPÖ, FPÖ und NEOS hatten sich vor rund zwei Wochen in einem Schreiben an den VfGH gewandt. Kurz habe zwar eine Vielzahl an Akten und Unterlagen, insbesondere des Verfassungsdienstes, übermittelt, heißt es darin – jedoch keine einzige E-Mail von ihm selbst. Ebenso wenig lägen dem U-Ausschuss Unterlagen zu Terminen des Kanzlers während des Untersuchungszeitraums vor.

Da ein parlamentarischer U-Ausschuss nicht nur die strafrechtliche, sondern auch die politische Verantwortung untersucht, stehen ihm relevante Akten (in diesem Fall auch Chats) zu, die zwar nicht strafrechtlich, aber für den Untersuchungsgegenstand „abstrakt relevant“ sind, wie der juristische Terminus lautet.

SPÖ übt scharfe Kritik

Scharfe Kritik kam nun von der SPÖ. „Jetzt weigert sich Kurz sogar schon, dem VfGH diese Akten und Unterlagen zu liefern, die der für seine Entscheidung braucht“, kritisierte U-Ausschuss-Fraktionschef Kai Jan Krainer in einer Aussendung: „Kurz muss verstehen lernen, dass er nicht über dem Gesetz und der Verfassung steht.“

Mit Spannung wartet NEOS-Fraktionsführerin Stephanie Krisper, ob Kurz der Aufforderung nachkommt. Gegenüber dem Ausschuss habe er – so wie auch andere Auskunftspersonen aus dem Kanzleramt – nämlich stets behauptet, dass Mails und auch Handychats regelmäßig gelöscht worden seien.

„Sollte es nun doch Schriftgut geben, so wäre das ein – wohl auch strafrechtlich relevanter – Skandal.“ Sollte Kurz bzw. das Kanzleramt bei der Behauptung bleiben und die Daten tatsächlich gelöscht worden sein, wäre das laut Krispers Dafürhalten „klar“ ein Verstoß gegen die Archivierungspflicht gemäß Bundesarchivgesetz.