Menschen in Mailand
Reuters/Flavio Lo Scalzo
Schrittweise Öffnung

Italien nützt „Grünen Pass“ für Binnenreisen

Bis Ende Juni will die EU-Kommission einen „Grünen Pass“ EU-weit einführen, um das Reisen zu erleichtern. Dafür sind aber noch einige Verhandlungen auch mit dem EU-Parlament notwendig. Einige EU-Länder wollen damit früher starten. Österreich will Ende Mai loslegen. Auch Italien will demnächst einen eigenen „Grünen Pass“ einführen.

Damit sollen sich Personen frei von einer Region in eine andere bewegen können, auch wenn diese rot oder orange ist. Das Zertifikat sollen Personen bekommen, die geimpft wurden, von Covid-19 genesen sind oder einen negativen Test vorlegen können. Für Genesene und Geimpfte gilt der Pass laut „Corriere“ sechs Monate.

Die von den EU-Mitgliedsstaaten ausgestellten grünen Zertifikate werden in Italien als gültig angesehen. Die in einem Drittland durchgeführte Impfung wird als gleichwertig mit jener im Inland anerkannt. Auf EU-Ebene war diskutiert worden, ob auch Impfstoffe, die nicht von der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) genehmigt sind, auch in den „Grünen Pass“ Eingang finden sollen.

Fahrplan für weitere Öffnungen

Die CoV-Zahlen gehen in dem 60-Millionen-Einwohner-Land seit Wochen zurück. Die 7-Tage-Inzidenz liegt bei rund 164. Die italienische Regierung präsentierte nun einen Fahrplan, wie ab Montag schrittweise bis zum Sommer die CoV-Beschränkungen gelockert werden sollen. Mit dem neuen Dekret führt Rom nach wochenlanger Pause wieder weiße und gelbe Zonen für Regionen mit niedrigen oder moderaten CoV-Werten ein.

In den gelben Zonen dürfen Restaurants und Bars ab 26. April wieder mittags und abends im Außenbereich Gäste an Tischen bedienen. Die Innenräume bleiben noch geschlossen. Theater, Kinos und Konzerthallen dürfen mit begrenzter Besucherzahl loslegen.

Mitte Mai werden in den gelben Zonen Schwimmbäder öffnen, ab Anfang Juni sind dort auch wieder Sportevents mit maximal 1.000 Zuschauern und Zuschauerinnen erlaubt. Am nächtlichen Ausgangsverbot zwischen 22.00 und 5.00 Uhr soll sich nichts ändern. Gegen diese Maßnahme regte sich bis zuletzt enormer Widerstand der Gastronomen – aber nicht nur bei diesen.

Koalition gespalten

Auch die Regierungskoalition ist sich nicht einig über die Maßnahmen. Die Koalition, die den seit Februar amtierenden Ministerpräsidenten Mario Draghi unterstützt, ist in Turbulenzen. Die Minister der mitregierenden rechten Lega weigerten sich Mittwochabend, dem Fahrplan des Kabinetts für eine schrittweise Lockerung der CoV-Beschränkungen zuzustimmen. Damit protestierten sie gegen die Ablehnung ihres Vorschlags zur Verschiebung des Beginns der Ausgangssperre von 22.00 auf 23.00 Uhr.

Tagelang war in Italien über eine Abschaffung oder Reduzierung des nächtlichen Ausgangsverbots gestritten worden. Der Beginn der Ausgangssperre ab 23.00 Uhr ist aus Sicht der Lega eine Notwendigkeit, um Restaurants zu ermöglichen, mehr Gäste zu bedienen. Auch für Kinos, die wieder öffnen können, sei ein späterer Beginn des Ausgangsverbots wichtig, argumentierte Lega-Chef Matteo Salvini.

Lega will weitere Lockerungen

Für einen Beginn der Ausgangssperre erst um 23.00 Uhr haben sich auch die konservative Regierungspartei Forza Italia und die Präsidenten der 20 Regionen ausgesprochen. „Die Forderungen der Regionen sind nicht berücksichtigt worden“, beklagte der Präsident der norditalienischen Region Venetien, Luca Zaia.

„Die Lega hat nicht für die neue Regierungsverordnung gestimmt, weil wir uns mutigere Schritte zum Neustart erhofft hatten. Die Italiener verdienen nach einem Jahr Geduld und Respekt für die Regeln mehr Vertrauen“, sagte Lega-Chef Salvini. Sollten sich die Infektionszahlen in den nächsten zwei Wochen reduzieren, könnte es zu weiteren Lockerungen kommen, meinte er.

Die Sozialdemokraten (PD) und die Fünf-Sterne-Bewegung, die mit der Lega und der Forza Italia die Regierung Draghi unterstützen, kritisierten die Haltung der Lega. Damit untergrabe sie die Geschlossenheit der Regierungskoalition. Die Lega mache koalitionsinterne Opposition, was in dieser Phase der Pandemie untragbar sei, kritisierte die PD.