Wer die Zahl der heimischen Museen zwischen West und Ost bestimmen wollte, der kommt aus dem Zählen nicht raus. Allein über 780 Museen listet der heimische Museumsbund auf seiner Website samt detaillierter Institutionenverlinkung auf. Kein Bezirk in diesem Land also, der im Schnitt nicht sieben bis acht Museen verzeichnet – und nicht inkludiert sind da viele kleine private Institutionen quer durchs ganze Land.
„Museum für Zwei“
Alle Clips und Stories zum „Museum für Zwei“ sind in tv.ORF.at zu sehen. Die Folge 16 über das Haus der Geschichte NÖ ist auch in der „matinee“ um 10.53 Uhr in ORF2 zu sehen.
„Das Paradies ist nebenan“, könnte man also mit Cees Nooteboom sagen, wenn man auf die Entdeckungsmöglichkeiten blickt, die einen die Landschaft von Museen ermöglicht. Aber wie den Blick durch dieses Dickicht an Möglichkeiten sortieren? Für die ORF-Serie „Museum für Zwei“, zu sehen laufend in der „matinee“ am Sonntag, haben sich immer besondere Paare durchs Museum aufgemacht: Ein Hausherr oder eine Hausherrin empfängt einen Promi und zeigt ihm oder ihr sein Haus. Die Ursprungsidee lautete: Zeig doch dein Lieblingskunstwerk! Doch da viele der Institutionen im Land tatsächlich eine sehr lange Geschichte haben oder umfangreiche Bestände ihr Eigen nennen, ist es eine Qual der Wahl – und stets eine Tour d’Horizon zu den vielen, oft kuriosen Schaustücken an einem Ort geworden.

Was an der Serie deutlich wird: Die Zeiten, in denen einem in einem Museum wie einst in der Albertina neben der großen, erhaltenswerten Kunst auch der Lurch entgegenkommen ist, sind vorbei. Museen sind große Erlebnisräume geworden und bieten sich an für einen lebhaften Parcours durch das eigene kulturelle Gedächtnis eines Landes. Nicht nur die Neuentdeckung von Exponaten und eigener Geschichte ist im Museum möglich. Am Ende erfährt jeder und jede sehr viel von sich selbst, wenn er sich mal für ein, zwei Stunden auf eine Tour durch diesen magischen Entdeckungsort eingelassen hat.

„Talking about my generation“
Beim „Museum für Zwei“ sind es die Paarungen, die die Begegnung mit den Kunstwerken des Museums ausmachen. Neue Einblicke kommen nicht zuletzt durchs Nachfragen – oder durch die eigenen Erfahrungen, die jemand ins Museum mitbringt – zustande. Wenn etwa Albertina-Chef Klaus-Albrecht Schröder Birgit Lauda empfängt, dann taucht er mit ihr in die Tiefen der Albertina ab – „Talking about my Generation“ lautet da das Motto einer Ausstellung –, und mit The Who zieht also der ausschließliche Klassikfan Schröder durch die Hallen und Gänge seines Hauses und entdeckt gerade in der Rolle des Direktors als Guide manchen Aspekt ausgestellter Kunst neu.

18 Museen wurden im Rahmen dieser Serie bisher porträtiert. Und über ein umfangreiches Projekt der Sendebegleitung in tv.ORF.at werden alle Porträts auf einer begleitenden Seite dargestellt, sodass man über die Videos und begleitende Berichte bekannte Museen neu erleben oder ganz neue Museen entdecken kann. Wann immer man dazu Lust hat.
Mit einem Teil von „maschek“ durchs Leopold
Peter Hörmanseder lässt sich das Leopoldmuseum von Hausherren Hans-Peter Wiplinger zeigen
Die bisherigen Paarungen im „Museum für Zwei“ sind so prominent wie oft auch mit persönlichen Geschichten verwoben: etwa, wenn „maschek“ Peter Hörmanseder auf seinen einstigen Studienfreund Peter-Paul Wiplinger trifft, der mittlerweile Direktor des Leopoldsmuseums in Wien ist. Da tauchen die beiden ab in eines der schönsten Schlafzimmer Wiens oder posieren zusammen vor einem Klassiker Schiele und schaffen via Selfie eine neue Ikonografie zum Thema Museumsbesuch.

„Ein Haus aus Zimt“
Nicht selten sind es ganz bestimmte Exponate, an denen die Leiterinnen und Leiter der Museen nicht vorbeikommen. So zeigt der Direktor des Jüdischen Museums Hohenems seinem Gast Michael Köhlmeier einen Liebesbrief aus dem 17. Jahrhundert. Die auch optisch eindrucksvolle Textpassage des Briefes spiele mit den traditionellen Zutaten eines Hochzeitskuchens und beschwöre „ein Haus aus Zimt, ein Dach aus Muskatnuss, die Tür aus Nelken und die Scheiben aus Zuckerguss“.
Gerlinde Kaltenbrunner im Lentos
Der Gipfel der Kunst, im Lentos erklommen von Gerlinde Kaltenbrunner
Im Kunsthistorischen Museum (KHM) befindet sich Museumschefin Sabine Haag in Begleitung von Burgschauspieler Cornelius Obonya auf dem Weg durch die Gemäldegalerie wiederum auf einen Parcours, der literarisch schon durchmessen wurde. Der Weg zu Tintorettos „Weißbärtigem Mann“ im Bordonesaal, er führt auch durch die „Alten Meister“ von Thomas Bernhard. Kunstbetrachtung ist auch immer die Meisterschaft der Abschweifung, so viel ist ja spätestens mit Bernhard gewiss, wenn man sich auf „einer samtbezogenen Sitzbank“ über die „Kunst der Fuge von vor Bach bis nach Schumann“ unterhalten muss, um dabei „mehr von Mozart und nicht von Bach“ zu reden kommt.
„Nach ‚100 Pieces‘ rund um die Salzburger Festspiele bietet der ORF mit ‚Museum für Zwei‘ das nächste innovative mediale Crossover-Projekt im Kulturbereich zwischen TV-Kultur und ORF.at“, meint die Erfinderin des Format, ORF-Programmchefin Kathrin Zechner. Österreichs Museen seien kulturelles Rückgrat, Identifikationsstifter und regionaler, nationaler und internationaler Magnet des Landes. Gerade in Zeiten zeitlicher Lockdowns sei das noch deutlicher geworden.

Wie unerwartet Geschichte sein kann, wird für den Kabarettisten Alfred Dorfer deutlich, als er mit Danielle Spera eine Geschichtsrunde durch das Jüdische Museum in Wien dreht. „Opel Victoria Blitz“ ist das Rad, mit dem Theodor Herzl nicht nur durch Wien unterwegs war. Im Ausseerland erkundete er mit seinem damaligen Radlehrer Arthur Schnitzler die Gegend. „Man sieht, schon damals war es ein offenbar modernes Fortbewegungsmittel“, konstatiert Dorfer, der im Jüdischen Museum erneut daran erinnert wird, dass an den kleinsten Objekten lange Geschichten hängen können – etwa an den bunten Filmbehältern der 1956 aus Ungarn geflüchteten Jüdin Margit Dobronyi, die das Leben der jüdischen Gemeinde Wiens im Österreich nach der Schoah festgehalten hat.

Die Geheimnisse eines Archivschranks
Geschichte muss erlebbar werden – dieser Auftrag wird eigentlich in allen porträtieren Museen deutlich. Ob es nun Tempel der Kunst sind oder Orte, die die Historie eines Ortes, einer bestimmten Gruppe oder Zeit erzählen wollen. In Salzburg taucht Hubert „von Goisern“ Achleitner über das sogenannte „Polyphon“, einen Schrank mit 124 Laden, ab in die Geschichte der letzten hundert Jahre Salzburger Festspiele. Der Ö1-Redakteur Hannes Eichman hat für die Schau „Das große Welttheater“ eine Installation des Klangkünstlers Peter Androsch neu belebt – und in jede Lade ein Audiostück aus der Geschichte der letzten 100 Jahre Kunstauseinandersetzung versteckt.

Die eigene Vorstellungskraft auf der Probe
Überhaupt, so macht die Museumsserie deutlich, sind Museen Orte, an denen die eigene Vorstellungskraft auf die Probe gestellt werden kann. Wiens Altbürgermeister Michael Häupl etwa erprobt beim Rundgang durch das Naturhistorische Museum die virtuelle Möglichkeit eines Meteoriteneinschlags in Wien. „Na, zu groß muass der Sta“ nicht sein, der da auf Wien zurast, empfiehlt er Museumsdirektorin Katrin Vohland. Doch schon der ein Meter große Meteorit hätte durch den Aufprall auf Wien, wie die digitale Animation zeigt, die Kraft, die ganze Stadt auszuradieren. „Da Bürgermasta hätt dann nix mehr zu tun“, so Häupl trocken auf dieses Gedankenexperiment.
Überraschungen für einen Altbürgermeister
Michael Häupl lässt im Naturhistorischen Museum einen Meteoriten auf Wien stürzen
Man muss sich natürlich nicht an allen Orten in die Ferne der Dystopie begeben. Manchmal reicht auch, in die – scheinbar – entlegensten Gegenden des Landes zu reisen, um dort dann große Entdeckungen zu machen. Denn wer sich etwa in die Gegend südlich der Drau begibt, etwa nach Neuhaus bei Lavamünd an der Grenze des Landes im Süden, der kann dort eines der großartigsten Museumserlebnisse an einem ungeahnten Ort entdecken. Das Museum Liaunig, an dem sich ein Sammelwütiger den eigenen Traum vom Museum verwirklicht hat.
Knapp 20 Stationen zählt die Promitour durchs Museum bisher. Bis zum 26. Oktober und einer „Langen Nacht“ der hoffentlich geöffneten Museen werden noch einige Entdeckungsorte dazukommen. In jedem Fall gilt aber die Erkenntnis: Auch das kleinste Museum ums Eck kann die größten Entdeckungen möglich machen.
Die bisherigen Paarungen im „Museum für Zwei“
- Albertina: Birgit Lauda bei Klaus-Albrecht Schröder
- Belvedere: Helga Rabl-Stadler bei Stella Rollig
- Haus der Kunst Wien: Robert Menasse bei Bettina Leidl
- Dom Museum Wien: Markus Hengstschläger bei Johanna Schwangberg
- Ferdinandeum Innsbruck: Julia Gschnitzer bei Peter Assmann
- Haus der Geschichte St. Pölten: Mercedes Echerer bei Christian Rapp
- Jüdisches Museum Hohenems: Michael Köhlmeier bei Hanno Loewy
- Jüdisches Museum Wien: Alfred Dorfer bei Danielle Spera
- Karikaturenmuseum Krems: Ursula Strauss bei Gottfried Gusenbauer
- KHM Wien: Cornelius Obonya bei Sabine Haag
- Landesmuseum Burgenland: Eva Maria Marold bei Theresia Gabriel
- Lentos, Linz: Gerlinde Kaltenbrunner bei Hemma Schmutz
- Leopold Museum: Peter Hörmanseder bei Hans-Peter Wipplinger
- Museum Liaunig: Tanja Raunig bei Peter Liaunig
- Naturhistorisches Museum: Michael Häupl bei Katrin Vohland
- Salzburg Museum: Hubert von Goisern bei Martin Hochleitner
- Skulpturenpark Premstätten: Johannes Silberschneider bei Elisabeth Fiedler
- Technisches Museum Wien: Miriam Hie bei Peter Aufreiter