OMV-Konzernzentrale in Wien
ORF.at/Carina Kainz
Überwachung von Klimaaktivisten?

Vorwürfe gegen OMV in Neuseeland

Nach Vorwürfen österreichischer Klima- und Umweltschutzorganisationen gegen die OMV sieht sich der Mineralölkonzern auch in Neuseeland mit ähnlichen Anschuldigungen konfrontiert. Einem Bericht des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zufolge soll die Sicherheitsfirma Thompson + Clark im Auftrag der OMV neuseeländische Klimaaktivisten bespitzelt haben. Die OMV wies die Vorwürfe zurück.

Vor eineinhalb Wochen hatten Greenpeace und „Fridays for Future Austria“ dem heimischen Öl- und Gaskonzern vorgeworfen, Umweltschützer und -schützerinnen durch internationale Spionagefirmen systematisch überwachen zu lassen. Grundlage der Anschuldigungen war ein Bericht der Rechercheplattform Dossier.

OMV-Chef Rainer Seele wies die Vorwürfe laut Dossier-Bericht in einem Brief an Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) zurück. Als weltweit agierender Konzern und als Unterzeichner des „UN Global Compact“ respektiere man freie Meinungsäußerung sowie die Versammlungs- und Vereinsfreiheit, so Seele in dem mit 14. April datierten Brief.

Vorwurf der systematischen Überwachung

Greenpeace und „Fridays vor Future“ stützten ihre Spionagevorwürfe gegen die OMV auf E-Mails von OMV-Mitarbeitern, die sie in ihren Besitz gebracht hatten und die die OMV mit den Securityfirmen Welund sowie Thompson + Clark (T+C) in Verbindung bringen.

T+C steht nun auch in Neuseeland im Fokus. Laut der am Donnerstag veröffentlichten zweijährigen Recherche des öffentlich-rechtlichen Rundfunks RNZ war der teilstaatliche österreichische Konzern in den Jahren 2019 und 2020 größter Kunde von T+C im Mineralölsektor.

In dieser Zeit soll die Sicherheitsfirma laut RNZ systematisch Protestaktionen von Klimagruppen wie Greenpeace, Extinction Rebellion und Schulstreiks von „School Strike 4 Climate“ ausspioniert, infiltriert und untergraben haben. Die OMV soll von T+C tägliche Lageberichte über die Aktivitäten der Klimaschutzgruppen und geplante Proteste erhalten haben, berichtete RNZ. Bei den Überwachungsaktionen seien auch Privathäuser von Umweltschützern beobachtet und Peilsender an Greenpeace-Autos angebracht worden, so der Vorwurf.

OMV weist Vorwürfe zurück

OMV-Sprecher Andeas Rinofner sagte der APA, Berichte über eine Überwachung von Umweltschützern in Neuseeland u. a. mit Peilsendern seien „schlichtweg falsch“. „Es wurden hundertprozentig keine Personen überwacht.“ Es seien lediglich öffentlich zugängliche Informationen gesammelt und aufbereitet worden, etwa in Medien, Social Media und im Internet, so der OMV-Sprecher.

Klimademo in Wien
APA/Georg Hochmuth
Klimagruppen forderten die Offenlegung angeblicher Verträge zwischen der OMV und „Spionagefirmen“

Greenpeace und „Fridays for Future“ forderten Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) auf, von der Führung des teilstaatlichen Konzerns die Offenlegung aller Verträge mit „Spionagefirmen“ zu verlangen. „Im Sinne aller jungen Menschen, die sich in Österreich, Neuseeland und weltweit für den Schutz des Klimas einsetzen, braucht es endlich Transparenz und einen öffentlichen Diskurs über solche schmutzigen Praktiken von der OMV“, sagte der Aktivist Aaron Wölfling von „Fridays for Future“.

Gewessler fordert Aufklärung

Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) forderte eine „umfangreiche und rasche Aufklärung“ seitens der OMV. „Die im Raum stehenden Vorwürfe sind weitreichend und müssen ernst genommen werden“, so die Ministerin in einer schriftlichen Stellungnahme.

„Ich erwarte mir in dieser Hinsicht gerade von OMV-Vorstand Seele rasche und vollständige Aufklärung, statt sich mit Klagen gegen Medien zu beschäftigen. Eine lebendige Zivilgesellschaft ist für unsere Demokratie von großer Bedeutung und ein gutes Verhältnis zu ihr gerade von Unternehmen mit Staatsbeteiligung ausschlaggebend. Dabei geht es auch um die Wahrnehmung Österreichs im Ausland.“

Konzern klagte Dossier

Unterdessen wurde am Donnerstag bekannt, dass die OMV die Rechercheplattform Dossier klagt. Dossier berichtete, bereits im Dezember von der OMV beim Handelsgericht Wien wegen „Unterlassung, Widerruf, Zahlung und Feststellung“ geklagt worden zu sein. Der Streitwert wird mit 94.000 Euro beziffert. Es geht dabei um die Berichterstattung über den Borealis-Deal.

OMV-Raffinerie in Schwechat
APA/Hans Klaus Techt
Die Klage der OMV gegen Dossier bezieht sich auf Berichte über den Borealis-Deal

Der Vorwurf dabei lautet, dass die OMV für die Borealis-Anteile einen zu hohen Kaufpreis bezahlt und ihren Aufsichtsrat über den Deal nicht ausreichend informiert habe. Verkäufer war Mubadala, der Staatsfonds von Abu Dhabi, der selbst mit 24,9 Prozent an der OMV beteiligt ist.

„Reputationsschaden“ durch Berichterstattung

Weil Dossier die Berichterstattung über den Borealis-Deal fortgesetzt habe, habe die OMV am 8. Februar eine zweite Klage eingebracht, diesmal mit einem Streitwert von 60.000 Euro. Argumentiert werde mit einem Reputationsschaden für die OMV durch die Berichterstattung.

Dossier zitierte aus einem Markenwertgutachten den OMV-Sprecher Rinofner: „Der Bericht von ‚Dossier‘ hat unserer Ansicht nach einen Reputationsschaden angerichtet, der auch in zahlreichen Gesprächen mit Journalistinnen spürbar war. Wir haben uns daraufhin zu einer ursprünglich nicht geplanten Werbekampagne entschlossen, die ausschließlich der Borealis-Transaktion gewidmet war und Kosten von 660.000 Euro verursacht hat. TV: 425.000 Euro (55 Prozent ORF / 45 Prozent privat). Online: 235.000 Euro.“

OMV-Sprecher verteidigt Klagen

Die zwei OMV-Klagen wurden laut Dossier zusammengelegt, am 28. Mai startet am Handelsgericht das Beweisverfahren. Mittlerweile werde Schadenersatz in Höhe von insgesamt 130.000 Euro begehrt. „Das ist eine klassische Einschüchterungsklage“, sagte Rechtsanwältin Maria Windhager, von der sich das Medium im Prozess vertreten lässt. Die OMV wolle das Magazin in den wirtschaftlichen Ruin treiben.

OMV-Sprecher Rinofner begründete die Klagen gegen Dossier gegenüber der APA damit, dass zentrale Aspekte der Borealis-Transaktion rund um den Kaufpreis und das Zustandekommen der Transaktion falsch berichtet worden seien.

Der Umweltsprecher der Grünen, Lukas Hammer, zeigte sich in einer Aussendung empört: „Diese Klage ist ein inakzeptabler Einschüchterungsversuch gegenüber unabhängigem und kritischem Journalismus.“ Von Seele forderte Hammer „ein Ende des Ausspionierens“ von Aktivistinnen und Aktivisten sowie „lückenlose und rasche Aufklärung“.

Greepeace fordert Rücktritt von Seele

Greenpeace-Geschäftsführer Alexander Egit forderte wegen der OMV-Klage gegen Dossier indes den Rücktritt von OMV-Vorstandschef Seele. „Rainer Seele ist als CEO eines österreichischen Konzerns nicht mehr tragbar und muss zurücktreten“, so Egit in einer Mitteilung.

„Die Aufsichtsratsvorsitzenden der OMV, Mark Garrett und ÖBAG-Chef Thomas Schmid, müssen endlich Konsequenzen ziehen. Dem demokratiefeindlichen Kurs des Rainer Seele muss sofort ein Ende gesetzt werden“, so Egit. Zu 31,5 Prozent gehört die OMV der Republik Österreich, der Staatsanteil wird von der Holding ÖBAG verwaltet.