Cafehausbesucher in Paris
Reuters/Charles Platiau
ÖVP

„Grüner Pass“ für Zeit um Pfingsten geplant

Österreich ist neben anderen Tourismusländern eine der Kräfte, die den EU-weiten „Grünen Pass“ vorantreiben, um den Sommertourismus trotz Pandemie zu ermöglichen. Am Donnerstag kündigte ÖVP-Staatssekretär Magnus Brunner an, dass das Zertifikat in Österreich „rund um den 24. Mai“ in Betrieb gehen könne, also um das Pfingstwochenende.

Sollte es keine EU-weite Lösung geben, brauche es bilaterale Abkommen mit den beliebtesten Urlaubsregionen und wichtigsten Herkunftsländern, so Brunner. Mit diesem „Pass“, der den Impf-, Test- und Antikörperstatus bescheinigt, soll Reisen im Sommer wieder möglich werden. Aber er ergebe „nur dann Sinn, wenn die Quarantänebestimmungen aufgehoben werden“, sagte Brunner. Bis zum Start des „Grünen Passes“ müsse klar sein, wie die Quarantänebestimmungen sind. Nur wenn diese aufgehoben sind, werde es zum grenzüberschreitenden Reisen kommen.

Das Zertifikat, das auch für den Zugang zur Gastronomie wichtig ist, wird es auf Papier und elektronisch als QR-Code geben. Impfungen sind aber nicht sofort mit dem zweiten Stich gültig, denn es gebe EU-Vorgaben, wonach der Impfschutz etwa bei AstraZeneca erst 22 Tage danach wirke, so Brunner.

Cafehausbesucher in Paris
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Der „Grüne Pass“ soll das Reisen im Sommer erleichtern

Quarantäneregeln entscheidend

Er könne auch nicht ganz ausschließen, dass Urlauber wegen CoV-Ausbrüchen an ihrem Urlaubsort wie im Vorjahr plötzlich bei der Heimreise mit Quarantäneregeln konfrontiert sind. Angesichts breiter Impfprogramme und Testmöglichkeiten gehe er derzeit jedoch nicht davon aus, dass es dazu kommen wird. Organisatorisch noch nicht entschieden sei, ob das Zertifikat geimpften Personen zugeschickt wird oder beantragt werden muss.

Vertreter und Vertreterinnen der Tourismusbranche sehen im „Grünen Pass“ eine wichtige Voraussetzung, entscheidend seien aber auch die Reisevoraussetzungen wie die Quarantäneregeln, sagte Gregor Kadanka, Obmann des Fachverbands der Reisebüros in der Wirtschaftskammer (WKÖ). Es müsse „dringend die verpflichtende Quarantäne bei der Einreise nach Österreich abgeschafft und diese auch entsprechend kommuniziert werden“. Für die Reisebüros drängt die Zeit. Die 2.600 Reisebüros befänden sich seit März 2020 in einem Winterschlaf, so Kadanka. Es gebe Umsatzrückgänge über 90 Prozent bis zu Totalausfällen.

„Bombastisches“ Flugprogramm für Sommer

Ähnliche Rückgänge verzeichneten die Flughäfen in Österreich. Diese rüsten sich nun für den Sommer. Zum einen muss die Kontrolle des „Grünen Passes“ organisiert werden, zum anderen wird ein starkes Hochfahren der Flugfrequenz erwartet. Das von den Fluglinien für den Sommer geplante Flugprogramm könne sich zwar noch ändern, „aber das, was vorgesehen ist, ist wirklich bombastisch“, sagte Bettina Ganghofer, Präsidenten der Arbeitsgemeinschaft österreichischer Verkehrsflughäfen und Geschäftsführerin des Flughafens Salzburg.

Die Kontrolle des „Grünen Passes“ verlaufe „idealerweise“ wie die Reisepasskontrolle. Es gebe aber auch „separate Überlegungen“, vor allem auf dem Flughafen Wien, der Österreichs größter Testflughafen sei.

„Klarer Zeitplan“ für Öffnung gefordert

Hotellerie und Gastronomie sind seit fast einem halben Jahr geschlossen und stehen in den Startlöchern. Wie es mit der Öffnung weitergeht, will die Regierung am Freitag mit den Ländern diskutieren. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) kündigte Lockerungen für Mitte Mai an. Details blieben bisher aber offen. Der Tiroler Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) forderte einen „eindeutigen, klaren Zeitplan“ hinsichtlich der Öffnungsschritte. Für die Gastronomie wird voraussichtlich eine Testpflicht kommen.

Die Arbeiterkammer-Präsidenten von Salzburg und Tirol, Peter Eder und Erwin Zangerl, forderten am Donnerstag ebenfalls „klare Öffnungsperspektiven“ für den Tourismus mit einem „fixen Zeitplan“. Der Arbeitsmarkt im Tourismus liege am Boden. Die Beschäftigung habe sich im Vergleich zu Zeiten vor der CoV-Krise in Salzburg halbiert, so Eder und Zangerl: „In Tirol gingen sogar zwei Drittel der Arbeitsplätze in der Branche verloren. Die Arbeitslosigkeit ist in Salzburg um das Dreifache, in Tirol sogar um das Vierfache gestiegen.“

Hoteliers sehen auch Risiken bei zu früher Öffnung

Allerdings drängen nicht alle Hoteliers auf eine Öffnung schon Mitte Mai. Die frühere Tourismusobfrau in der Wirtschaftskammer (WKÖ), Petra Nocker-Schwarzenbacher, selbst Hotelbesitzerin aus Sankt Johann im Pongau, sprach sich beispielsweise für eine spätere Öffnung aus. Öffnungsschritte würden „sehnsüchtig“ erwartet, Ende Mai, Anfang Juni sei ein guter Zeitpunkt zu öffnen, sagte sie am Mittwoch im Ö1-Mittagsjournal. „Die Gefahr ist natürlich schon auch, dass wir zu früh aufsperren und dadurch im Juni wieder das eine oder andere Problem bekommen können.“

Diese Aussage ist wohl auch vor dem Hintergrund der Touristen und Touristinnen aus Deutschland zu verstehen. In der Sommersaison 2019, also vor dem CoV-Sommer 2020, machten laut Zahlen der Statistik Austria die deutschen Gäste allein mehr als ein Drittel aller Nächtigungen aus. Sie reisen vor allem nach Tirol, gefolgt von Salzburg und Kärnten.

Österreich werde scharf von seinen Nachbarländern beobachtet, so Nocker-Schwarzenbacher: „Und wenn die dann die Entscheidung treffen, dass Österreich nach wie vor nicht sicher ist, dann haben wir uns keinen guten Dienst erwiesen.“ Angesichts der nach wie vor hohen Neuinfektionszahlen gilt Österreich weiterhin als Risikogebiet.

Öffnung auf „symbolischer Ebene begrüßenswert“

Die Steiermark hingegen war bei österreichischen Gästen am beliebtesten. Entsprechend setzen sich die steirischen Hoteliers auch für eine baldige Öffnung ein. „Man sollte keinesfalls auf Reiseerleichterungen aus dem Ausland warten“, sagte etwa Steiermark-Tourismus-Chef Erich Neuhold – mehr dazu in steiermark.ORF.at.

Zurückhaltend gab sich auch Wien, das aufgrund des Einbruchs beim Städtetourismus im März einen Nächtigungsrückgang von fast 77 Prozent im Vergleich zum März 2020 verzeichnete. Der Wiener Tourismusdirektor Norbert Kettner nahm die „vagen Ankündigungen zur Kenntnis“: „Auf symbolischer Ebene ist eine Öffnung begrüßenswert, doch ist für die international ausgerichtete Stadthotellerie die bloße Möglichkeit zur Öffnung nur die halbe Miete“, so Kettner gegenüber ORF.at. Ohne Grenzöffnungen, Aufhebung der Quarantänepflicht und signifikanten Impffortschritt sei ertragreiches Wirtschaften nicht möglich.

EU-Länder einigen sich auf technische Richtlinien

Vertreter von EU-Ländern einigten sich indes auf technische Rahmenbedingungen für die Einführung des digitalen Impfzertifikats. Das sei ein wichtiger Schritt für die Einführung des Zertifikats bis zum Sommer, sagte EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides am Donnerstag. Im Juni soll das Zertifikat einsatzbereit sein und Reisen im Sommer deutlich erleichtern.

Die Leitlinien beträfen etwa entscheidende Elemente des Zertifikats wie einen QR-Code, über den Daten zu Impfungen, CoV-Tests und überstandenen Covid-19-Erkrankungen abgerufen werden können. Die Codes sollen sicherstellen, dass alle Zertifikate gelesen werden können. Zudem beschreiben die Richtlinien auch Sicherheitsmechanismen, die Fälschungen verhindern sollen. So könne die Echtheit der Zertifikate EU-weit überprüft werden.

EU-Handelskommissar Thierry Breton teilte mit, vonseiten der Kommission sei man ab dem 1. Juni bereit, die EU-Länder mit dem Zertifikat zu verknüpfen. Nächste Woche soll im EU-Parlament über dessen Ausgestaltung abgestimmt werden.