US-Präsident Joe Biden
AP/Evan Vucci
Signal an alle Länder

USA wollen Treibhausgase bis 2030 halbieren

Die USA wollen unter Präsident Joe Biden vom Bremser zum Vorreiter in der Klimapolitik werden. Biden präsentierte am Donnerstag, wie die USA ihre Klimaziele anheben wollen. Dazu lud er zu einem internationalen Gipfel, auf dem er auch Russland und China ins Boot holte.

Biden will ehrgeizigere US-Klimaziele verfolgen als noch sein Vorvorgänger im Amt, Barack Obama. Dieser hatte 2015 angekündigt, bis 2025 den Ausstoß von Treibhausgasen um 26 bis 28 Prozent unter den Wert von 2005 zu senken. Biden will nun bis 2030 eine Halbierung schaffen. Die Emissionen sollen auf gesamtwirtschaftlicher Ebene um 50 bis 52 Prozent verringert werden, wie er zum Auftakt des Onlineklimagipfels am Donnerstag sagte. Er bekräftigte auch den Pfad der USA, spätestens 2050 die CO2-Emissionen auf netto null zu drücken.

Biden rief zudem die Weltgemeinschaft zu ehrgeizigeren Zielen im Kampf gegen die Klimakrise auf. „Wir müssen handeln – wir alle.“ Schnelles Handeln sei nötig: „Wir haben wirklich keine Wahl.“ Der US-Präsident warb dafür, in Klimaschutzmaßnahmen auch die wirtschaftlichen Chancen zu sehen: Die Energiewende, der Ausbau der Elektromobilität und Infrastrukturmaßnahmen böten die Gelegenheit, Millionen gut bezahlte Jobs zu schaffen.

UNO: Welt „am Rande des Abgrunds“

Auch UNO-Generalsekretär Antonio Guterres verlangte von den Staats-und Regierungschefs der Welt mehr konkrete Schritte im Kampf gegen die Klimakrise. Nötig sei eine globale Koalition für Treibhausgasneutralität bis Mitte des Jahrhunderts, beteiligt werden sollte „jedes Land, jede Region, jede Stadt, jedes Unternehmen und jede Branche“, sagte Guterres auf dem virtuellen Klimagipfel. „Wir brauchen einen grünen Planeten – aber die Welt ist auf Alarmstufe Rot. Wir stehen am Rande des Abgrunds.“

Bildschirm auf virtuellem Klimagipfel
AP/Evan Vucci
Der Gipfel mit über 40 Teilnehmenden aus aller Welt findet virtuell statt

Bei dem hochkarätigen Treffen beraten 40 Staats- und Regierungschefs bis Freitag ihre Pläne. Auch der russische Präsident Wladimir Putin und Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping sind trotz außenpolitischer Spannungen mit den USA dabei, ebenso Papst Franziskus. Es ist die erste große außenpolitische Initiative Bidens. Damit unterstreicht er, dass seine Regierung den Klimawandel ins Zentrum der US-Außen- und -Sicherheitspolitik stellen will.

Multiplikatoreffekt erhofft

„Das ehrgeizige neue Ziel des Präsidenten, die Emissionen bis 2030 um 50 bis 52 Prozent unter das Niveau von 2005 zu bringen, verleiht uns einen bedeutenden Hebel, um Klimaschutzmaßnahmen im Ausland voranzutreiben“, sagte ein Regierungsbeamter. Das sei wichtig, da mehr als 85 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen außerhalb der Vereinigten Staaten verursacht würden. Jede Verringerung habe einen Multiplikatoreffekt, der Klimaschutzmaßnahmen im Ausland inspiriere.

Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) kommentierte auf Twitter, die neuen US-Ziele seien „ein wichtiges Signal“ und brächten „auch global eine ganz neue Dynamik in die Klimabewegung. Immer mehr Länder erkennen die Dringlichkeit und handeln. Genau diese gemeinsamen Anstrengungen braucht es jetzt. (…) Österreich wird bis 2040 klimaneutral werden – mit diesem Vorhaben sind wir international vorne dabei.“

Biden lädt zu Klimagipfel

Die Klimakrise ist eines der zentralen Themen der Präsidentschaft von Joe Biden. Er lud daher 40 Staats- und Regierungschefs zu einem virtuellen Klimagipfel.

Tatsächlich kündigte zuletzt eine Reihe von Staaten und Institutionen ehrgeizigere Klimaziele an. Am Donnerstag sagte Japan zu, bis 2030 seinen Treibhausgasausstoß um 46 Prozent im Vergleich zu 2013 zu reduzieren. Das bisherige Ziel lag bei 26 Prozent und wurde seit Langem von Klimaschützern kritisiert. Der kanadische Premierminister Justin Trudeau kündigte an, bis 2030 solle das Emissionslevel von 2005 um 40 bis 45 Prozent unterschritten werden.

EU erklärte neues Ziel

Kurz vor Bidens Konferenz einigten sich auch das EU-Parlament und die Mitgliedsstaaten auf ambitionierte Ziele für den Klimaschutz, die in einem europäischen Klimagesetz festgeschrieben werden. Bis zum Jahr 2030 soll der CO2-Ausstoß europaweit um „mindestens 55 Prozent“ gegenüber 1990 sinken.

Obwohl Großbritannien die EU verlassen hat, hat es ebenfalls ein Netto-Null-Ziel für 2050 gesetzlich verankert. Premierminister Boris Johnson sagte am Dienstag zu, sein Land werde seine Emissionen bis 2035 um 78 Prozent im Vergleich zu 1990 reduzieren.

Auch Russland reduziert Emissionen

Kurz vor seiner Rede beim Gipfel ordnete auch Putin eine Reduktion schädlicher Treibhausgase in russischen Städten an. In den zwölf größten Industriezentren sollte bis 2024 der Ausstoß um 20 Prozent gesenkt werden, sagte er am Mittwoch in Moskau bei einer Rede zur Lage der Nation. „Diese Aufgabe muss gelöst werden.“ In allen Städten mit akuten Problemen bei der Luftqualität müsse es zudem Abgasquoten samt transparenter Kontrolle geben.

Im russischen Parlament wird derzeit ein Gesetz zum Ausstoß von Treibhausgasen beraten. Dabei geht es der Staatsduma zufolge zunächst nur darum, dass Unternehmen künftig genau messen und angeben müssen, wie viel Emissionen sie ausstoßen.

China will 2060 CO2-neutral sein

China verschärfte das Land seine Ziele und kündigte an, spätestens 2060 unterm Strich kein CO2 mehr zu produzieren. Und das, obwohl China in den nächsten Jahren noch beim Ausstoß zulegen will. Immerhin soll der Höhepunkt der Emissionen noch vor 2030 erreicht werden.

Präsident Xi wiederholte am Donnerstag seine Zusage. China habe sich verpflichtet, schneller vom Höhepunkt zur Neutralität zu gelangen, als es vielen entwickelten Länder gelingen könnte, sagte Xi. „Das erfordert außergewöhnlich harte Anstrengungen.“

Bolsonaro sichert Ende der Abholzung zu

Auch der international unter Druck geratene brasilianische Staatschef Jair Bolsonaro versprach Maßnahmen im Kampf gegen den Klimawandel. Brasilien werde die illegale Abholzung bis 2030 beenden, sagte er. Damit würde es seine Emissionen bis zu diesem Datum um 50 Prozent verringern. Bolsonaro forderte aber für die „Umweltdienste“, die Brasilien dem Planeten leiste, eine „gerechte Entlohnung“. Brasilien besteht für Anstrengungen beim Regenwaldschutz auf finanzielle Mittel im Voraus, die USA wollen zuerst Ergebnisse sehen. Umweltminister Ricardo Salles hatte als Preis dafür, die Abholzung im brasilianischen Amazonasgebiet in einem Jahr um 40 Prozent zu reduzieren, zuletzt eine Milliarde Dollar genannt.

Pariser Klimaziele bei Weitem nicht ausreichend

Bliebe es weltweit bei den 2015 in Paris eingereichten nationalen Klimaschutzbeiträgen und würden diese vollständig umgesetzt, würde sich die Erde um etwa drei Grad gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter erwärmen. Ziel des Abkommens ist jedoch, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen, möglichst auf 1,5 Grad.

Der Konferenz am Donnerstag und Freitag werden weitere Gipfel wie G-7 und G-20 folgen, in denen der Kampf gegen den Klimawandel eine zentrale Rolle spielen wird. Gesammelt und bewertet werden die neue Zusagen dann im November bei der regulären Weltklimakonferenz der UNO in Glasgow.