Gastgarten
APA/Georg Hochmuth
Öffnungsplan

Fragen zu Umsetzung und „Grünem Pass“

Von den Fitnessstudios bis zur Gastronomie: Österreich soll ab dem 19. Mai wieder weitgehend öffnen. Die Regierung hatte die Pläne dafür am Freitag präsentiert, Branchenvertreter und Politik zeigten sich in ihren Reaktionen vor allem erleichtert. Zur praktischen Umsetzung gebe es allerdings noch offene Fragen, die in den nächsten 25 Tagen geklärt werden müssten. Diese betreffen auch den „Grünen Pass“, der die Kontrolle des Immunstatus erleichtern und auch Auslandstourismus erlauben soll.

Die Regierung hatte am Freitag verkündet, dass ab dem 19. Mai nahezu alle Branchen wieder öffnen können. So sollen Gastronomie, Kulturbetrieb, Tourismus, Sportevents und Indoor-Sport wieder starten. Die Schulen sollen schon am 17. Mai starten. Begleitet sind die Öffnungsschritte von je nach Branche variierenden Präventionskonzepten und Sicherheitsmaßnahmen. Ein „Grüner Pass“ gilt als Zutrittsvoraussetzung, entweder ist man negativ getestet, geimpft oder genesen.

An der Ausarbeitung des „Grünen Passes“ werde derzeit intensiv gearbeitet. Details dazu stehen aber noch aus. Der „Grüne Pass“ soll aber nicht nur Menschen in Österreich mehr Freiheiten ermöglichen, sondern mittel- und langfristig auch den Auslandstourismus wieder sicherstellen. So soll ebenfalls bereits ab 19. Mai bei Vorlage des „Grünen Passes“ die Quarantänepflicht bei einer Einreise entfallen, solange man nicht aus einem Hochinzidenzgebiet kommt.

Österreich sperrt am 19. Mai auf

Die Bundesregierung hat am Freitag Details zu den Öffnungsschritten im Mai bekanntgegeben. Am 17. Mai startet in den Schulen wieder der Präsenzunterricht, am 19. Mai können Gastronomie, Tourismus, Kultur und Sport wieder aufsperren.

„Nicht gleichwertig“

Der „Grüne Pass“ sei an sich „okay“, sagte am Freitagabend der Virologe Norbert Nowotny, langfristig wünsche er sich aber weitere Präzisierungen zur Dauer des Immunschutzes, vor allem bei Genesenen mit „Grünen Pass“. Dieser könne je nach der Schwere der vorherigen Erkrankung von zwei bis zu zehn Monate andauern. Beim „Grünen Pass“ stellt sich aktuell auch noch die Frage, ob bereits die Erstimpfung gelten wird, die – wenn auch einen guten – nur einen Teilschutz bietet. Nowotny verwies dabei auf die Möglichkeit von Antikörper-Tests.

Auch Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) betonte in Interviews mit mehreren Tageszeitungen von Samstag: „Genesen, getestet, geimpft: Das ist nicht gleichwertig“. Er kritisierte in den Interviews, dass die ÖVP im Zusammenhang mit EU-Auslandsreisen vor Kurzem eine Einführung Ende Mai versprochen hatte, das sei nicht abgesprochen gewesen. Das sollte mit der EU akkordiert werden.

Fragen zu Tests und Schutz

Auch bei den Branchen, die in Kürze öffnen sollen, stehen zum „Grünen Pass“ Fragen im Raum. Gewerkschaftsbund-Chef Wolfgang Katzian warf etwa im Ö1-Morgenjournal von Samstag die Frage auf, wer den „Grünen Pass“ kontrollieren solle und was passiere, wenn es keinen Eintrag gebe. Da für den Eintritt auch Selbsttests gelten sollen, brauche es auch hier präzise Angaben, welche akzeptiert werden und wie ein Testprozedere an Ort und Stelle ablaufen könnte. Offene Fragen gebe es aktuell zudem noch zum Schutz der Beschäftigten.

Öffnen soll ja auch die Kulturbranche, die neben der Gastronomie und Hotellerie ebenfalls besonders schwer von den Lockdowns getroffen wurde. Dort zeigte man sich hocherfreut, sah für die Umsetzung allerdings auch noch Detailfragen zu klären. Eher unglücklich zeigten sich dabei die Veranstalter größerer Festivals. Diese seien in „einer unerfreulichen Warteschleife“, so Harry Jenner als Veranstalter des für August geplanten Frequency-Festivals.

Größere Events nicht kostendeckend

Für viele stelle sich die Frage, ob größere Veranstaltungen aufgrund der beschränkten Besucherzahlen überhaupt kostendeckend durchgeführt werden könnten, so auch Richard Hörmann von Barracuda Music. Veranstaltungen für ein Publikum von 10.000 bis 100.000 Menschen seien derzeit nicht rentabel durchzuführen. Dazu komme, dass es nach wie vor hohe Hürden bei Reisen innerhalb Europas gebe und viele Künstlerinnen und Künstler daher gar nicht ins Land könnten.

Christian Kircher von der Bundestheater-Holding betonte im Morgenjournal, dass es mehrere größere Herausforderungen bei der Organisation des Spielbetriebs gebe. Der Verkauf der Tickets sei derzeit ausgesetzt und müsse wieder aufgenommen, der Spielplan finanziert werden. Zudem seien die Beschäftigten noch in Kurzarbeit. Er sei trotzdem zuversichtlich.

Wien bleibt vorsichtig

Gleichzeitig schwebt über den Öffnungen die Frage, ob und wie weit Wien bei den Öffnungsschritten am 19. Mai überhaupt mitzieht. Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) hatte am Freitag in einer eigenen Pressekonferenz betont, dass man die Situation erst weiter beobachten werde. Auch eine Verlängerung des aktuellen harten Lockdowns steht für Wien noch im Raum – darüber wird am Dienstag beraten – mehr dazu in wien.ORF.at.

Darüber hinaus wurde freilich auch in Fachkreisen und Politik zu Vorsicht gemahnt. In der Zeit bis zu den angestrebten Öffnungen am 19. Mai „kann epidemiologisch noch sehr viel passieren“, so Epidemiologe Gerald Gartlehner. „Die gute Ausgangslage, von der der Kanzler gesprochen hat und die wir nicht verspielen dürfen“, sehe er derzeit nicht. Diese müsse man noch schaffen. Grundsätzlich sei es aber gut, über Öffnungsschritte nachzudenken.

Sorge über Fluchtmutante

Bedenken wurden unter anderem aufgrund des Auftretens einer Fluchtmutante in Tirol geäußert. Von dieser nehmen Fachleute an, dass sie die Wirkung des Impfschutzes reduziert. Der Tiroler Landeshauptmann Günter Platter (ÖVP) betonte dazu, man solle sich nicht auf „Vermutungen“ verlassen. Man habe auch die südafrikanische Variante gut in den Griff bekommen, er verwies dabei auf die guten Zahlen bei der Hospitalisierung. Tirol hatte zuletzt aufgrund der Virusmutation die Ausreisebeschränkungen verlängert.

Epidemiologe Gartlehner im Interview

Ab dem 19. Mai werden die Branchen Gastronomie, Kultur, Tourismus und Sport gleichzeitig öffnen. Wie riskant dieser Öffnungsplan ist, erläutert Epidemiologe Gerald Gartlehner von der Donau-Uni Krems.

Vorsichtig gab sich am Donnerstag auch die Ampelkommission. Laut deren Protokoll von Donnerstag meinte Vorsitzender Ulrich Herzog, dass die aktuelle Situation durchaus Parallelen zu jener im Herbst aufweise. Es wird darauf verwiesen, dass in mehreren Empfehlungen der Kommission dazu geraten worden sei, die verschärften Maßnahmen der Ostregion auch in anderen Bundesländern zu verhängen.

„Unter dieser Voraussetzung wäre die Ausgangssituation für die geplante Öffnung wohl eine deutlich bessere gewesen“, heißt es. Nun stelle sich die Lage so dar, dass die Erfolge der Ostregion auf Bundesebene durch die Anstiege im Westen ausgeglichen würden. Herzog fasste demzufolge zusammen, „dass die geplante Vorgehensweise eine hoch angesetzte Wette“ sei. Es sei zu hoffen, „dass man diese Wette nicht verliert“.

Die geplanten Schritte

  • In allen Bereichen gilt eine FFP2- und Registrierungspflicht (Kontaktdaten müssen angegeben werden).
  • Alle Betreiber müssen ein Präventionskonzept erstellen und einen Covid-19-Beauftragten ernennen. Sperrstunde ist 22.00 Uhr.
  • In der Gastronomie sind in Innenräumen an einem Tisch vier Personen (plus Kinder) gestattet, im Außenbereich maximal zehn Personen.
  • Die Konsumation ist nur im Sitzen erlaubt, Buffets können betrieben werden.
  • Angestellte in der Gastronomie müssen eine FFP2-Maske tragen, wenn sie sich testen lassen, reicht ein Mund-Nasen-Schutz.
  • Im Kultur- und Veranstaltungsbereich muss abseits eines zugewiesenen Sitzplatzes ein Abstand von zwei Metern eingehalten werden. Zwischen Besuchergruppen muss mindestens ein freier Sitzplatz sein.
  • Veranstaltungen dürfen im Außenbereich mit maximal 3.000 und im Innenbereich mit maximal 1.500 Personen durchgeführt werden. Veranstaltungsorte mit fixen Sitzplätzen dürfen maximal zur Hälfte ausgelastet werden.
  • Veranstaltungen (z. B. Kongresse) ab elf Personen sind anzeigepflichtig, ab 51 Personen braucht es eine Bewilligung durch die Gesundheitsbehörde.
  • Beim Sport müssen im Innenbereich pro Person 20 Quadratmeter Fläche zur Verfügung stehen (gilt auch für Thermen). Für die Zeit der Sportausübung gilt keine Maskenpflicht.
  • Die Schulen sollen am 17. Mai in den Präsenzunterricht starten. Es wird weiterhin Maskenpflicht herrschen, Schulveranstaltungen bleiben verboten, Singen und Sport sind nur im Freien erlaubt.