US-Präsident Joe Biden folgt länger zurückliegenden Entschließungen des Kongresses, und stuft das Massaker an Armeniern durch osmanische Truppen im Ersten Weltkrieg als Völkermord ein.
US-Präsident Joe Biden hatte im Wahlkampf versprochen, die Gräueltaten als Völkermord anzuerkennen. Der Schritt könnte die ohnehin belasteten Spannungen mit der Türkei weiter verschärfen. Biden hatte allerdings am Vortag mit dem türkischen Präsidenten Reccep Tayyip Erdogan telefoniert und ihn laut inoffiziellen Angaben vorab über seine Entscheidung informiert.
Die Erklärung erfolgte am offiziellen Gedenktag für den Völkermord. In der Südkaukasus-Republik Armenien legten anlässlich des 106. Jahrestags der armenische Präsident Armen Sarkissjan und Ministerpräsident Nikol Paschinjan am Genozidmahnmal Zizernakaberd in der Hauptstadt Eriwan Blumen nieder.
Türkei weist Genozid-Einstufung zurück
Das Thema sorgt immer wieder für Spannungen mit der Türkei, die als Nachfolgerin des Osmanischen Reiches eine Einstufung als Völkermord vehement zurückweist. Eine Anerkennung der Gräueltaten als Genozid durch den deutschen Bundestag im Jahr 2016 belastete die deutsch-türkischen Beziehungen schwer. Im April 2015 hatte auch der österreichische Nationalrat die Gräueltaten als Völkermord verurteilt. Ankara zog deswegen zeitweise den Botschafter aus Wien ab.
Bis zu 1,5 Millionen Opfer
Während des Ersten Weltkriegs waren die christlichen Armenier der Kooperation mit dem Zarenreich verdächtigt und unter anderem auf Todesmärsche in die syrische Wüste geschickt worden. Historiker sprechen von Hunderttausenden bis zu 1,5 Millionen Opfern in den Jahren 1915 und 1916. Die Türkei hält die Zahlen für überzogen und gesteht den Tod von 300.000 bis 500.000 Armeniern während des Ersten Weltkrieges ein. Dutzende Staaten und Organisationen sprechen hingegen von Genozid.
Bereits gestern Abend hatten sich Tausende Armenier zu einem Gedenkmarsch versammelt. Mit Fackeln zogen sie durch Eriwan und verbrannten dabei auch eine türkische Flagge. Sie verlangten von der Regierung in Ankara, die Massaker an ihrem Volk als ersten Genozid des 20. Jahrhunderts anzuerkennen.