Screenshot Instagram
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Deutschland

„NYT“-Journalist im Visier von Maturanten

Die Zentralmatura steht hierzulande in wenigen Wochen bevor. Im großen deutschen Bundesland Nordrhein-Westfalen (NRW) läuft sie bereits. Die Englisch-Prüfung hatte freilich unerwartete Folgen: Der Autor eines der Texte, die zur Besprechung zur Auswahl standen, wurde von den deutschen Schülerinnen und Schülern mit Social-Media-Nachrichten geflutet. Viele von ihnen waren über den Text mehr als verärgert, aber nicht alle.

Der Autor der Zeitung „New York Times“ („NYT“), Farhad Manjoo, wurde am Wochenende nach eigenen Angaben von Zuschriften deutscher Schüler und Schülerinnen überrollt – wegen des Abiturs, also der Matura, im Fach Englisch in Nordrhein-Westfalen (NRW). Eine seiner Kolumnen sei offenbar Teil der Prüfung gewesen, twitterte der Journalist am Freitagabend sichtlich verwundert. Nun erhalte er sehr viele Nachrichten auf Instagram.

Sein Account sei überrollt worden von deutschen Schülern, „die mich hassen“. Allerdings gab es auch zahlreiche Stimmen, die den Text viel weniger dramatisch fanden. Ihm werde nun entweder für die Vorlage zu einer erhofften guten Note gedankt – oder er werde dafür verantwortlich gemacht, ihr Leben „ruiniert“ zu haben.

„Wie wär’s wenn du dich kürzer fasst“

„Du schuldest uns ein Abi Bruder“, schrieb ein Schüler in deutscher Sprache unter einen Instagram-Post Manjoos. Darauf ist das Bild einer Torte mit dem Konterfei von Ex-Präsident Donald Trump und dessen TV-Sager „You’re fired!“ zu sehen.

„Jemand hat ab heute NRW-Verbot“, postete eine junge Frau. Und ein anderer empfiehlt: „Junge wie wär’s wenn du dich bisschen kürzer fasst.“ Unter dem Tweet entspann sich sofort eine Diskussion über Passagen des Textes. Unter anderem klagten Betroffene, dass der Artikel komplizierte Vokabeln enthalten habe. Zum Teil wurden auch konkrete Nachfragen gestellt.

Die Kolumne hatte den Bau von Einfamilienhäusern in Kalifornien kritisch beurteilt – insbesondere vor dem Hintergrund der teils schlimmen Wohnraumnot und der exorbitant hohen Kosten. Diese Kolumne war Gegenstand der schriftlichen Matura und brachte, vor allem aufgrund zahlreicher eher ungebräuchlicher Wendungen, offenbar einige Schülerinnen und Schüler zur Verzweiflung. Ein Schüler kommentierte sichtlich verärgert: „Junge, benutz doch Wörter, die es im Wörterbuch gibt, du H0nd!“ Schülerinnen und Schüler aus NRW bestätigten der dpa, dass der Text Teil der Prüfung am Freitag war. In NRW schreiben aktuell 90.000 Maturantinnen und Maturanten an ihrem Abschluss.

„Es war nicht so schlimm“

Allerdings gibt es in dem Thread auch Gegenstimmen, die den Kommentar nicht schlimm fanden. „Der Fairness halber: Es war nicht so schlimm“, postete etwa eine Maturantin auf Englisch. Es habe einfach nur so viele Stilmittel und Argumente zum Analysieren gegeben, dass die Zeit knapp geworden sei.

Andere verwiesen zudem darauf, das es einen zweiten Text als Alternative gegeben habe. Das war aber offenbar ein Gedicht aus Nigeria. Vielen erschien da wohl der journalistische Text über die Wohnungsnot in Kalifornien als das kleinere Übel.

In einem doch einig

In einem waren sich Manjoo und die Schüler-„Meute“ jedenfalls einig, nämlich, dass die Auswahl dieses Textes für die Matura seltsam sei. Manjoo bestätigte, dass er an eine solche Möglichkeit natürlich nie gedacht habe. Eine Schülerin postete, man sitze beim Abitur und analysiere, dass der Autor diese oder jene Metapher wohl verwendet habe, um die Leser zu fesseln, dabei habe dieser wohl nur gedacht: „Lol ich hab’ das geschrieben, weil es sich gut anhört." Und Manjoo antwortete darauf: „Haha, ja, das trifft’s ziemlich auf den Punkt.“

Dieselbe Schülerin scherzte nach Ausbrechen des Shitstorms auch: „manjoo der bro muss sich jetzt safe nen neuen single-family house suchen, weil die abiturienten seine privatsphäre randalieren lol“.