Ein Sauerstofftank wird in Singapur in ein Transportflugzeug geladen
Reuters/High Commission Of India
Dramatische CoV-Lage in Indien

Hilfsangebote aus aller Welt

Angesichts der dramatischen Zuspitzung der Pandemie hat Indien Hilfsangebote aus aller Welt erhalten. Die USA sagten dem Land am Sonntag die Lieferung von Rohmaterialien für die Produktion des AstraZeneca-Impfstoffs, Medikamenten, Beatmungsgeräten und Schnelltests zu, teilte das Weiße Haus in Washington mit. Auch aus Frankreich, Großbritannien, Deutschland und sogar vom Erzfeind Pakistan kamen konkrete Hilfszusagen.

US-Sicherheitsberater Jake Sullivan telefonierte mit seinem indischen Kollegen Ajit Doval, um über die Hilfslieferung zu sprechen. Das Material solle Indien „sofort“ bereitgestellt werden. „Genau wie Indien den Vereinigten Staaten Hilfe schickte, als unsere Krankenhäuser zu Beginn der Pandemie überlastet waren, sind die Vereinigten Staaten entschlossen, Indien in der Zeit der Not zu helfen“, erklärte das Weiße Haus. Die USA arbeiteten „rund um die Uhr“, um verfügbare Ressourcen und Vorräte auszusenden.

Der EU-Kommissar für Krisenmanagement, Janez Lenarcic, erklärte, Brüssel habe auf indischen Wunsch bereits den Zivilschutzmechanismus aktiviert und werde bei der Versorgung mit Sauerstoff und Medikamenten helfen. Der französische Präsident Emmanuel Macron, der britische Premierminister Boris Johnson und die deutsche Kanzlerin Angela Merkel teilten mit, dass ihre Länder vor allem Beatmungsgeräte nach Indien liefern wollen.

Pakistan: „Geste der Solidarität“

„Wir stehen Seite an Seite mit Indien als Freund und Partner während einer äußerst besorgniserregenden Zeit im Kampf gegen Covid-19“, erklärte Johnson. Bereits am Samstagabend (Ortszeit) hatte auch das pakistanische Außenministerium Hilfslieferungen als „Geste der Solidarität“ angekündigt.

Ein Sauerstofftank wird in Singapur in ein Transportflugzeug geladen
Reuters/High Commission Of India
Ein Sauerstofftank wird in Singapur in ein Transportflugzeug geladen

Fünfter Tag in Folge mit Höchstwerten

Indien verzeichnete mit 352.991 CoV-Neuinfektionen den fünften Tag in Folge einen weltweiten Höchstwert. Zudem stieg die Zahl der Todesfälle in Verbindung mit dem Virus binnen 24 Stunden um 2.812 auf insgesamt 195.123 – so stark wie noch nie in dem südasiatischen Land, wie das Gesundheitsministerium in Neu-Delhi am Montag mitteilte. Mit mehr als 17 Millionen bestätigten Infektionen weist Indien weltweit die zweitmeisten Ansteckungen nach den USA (rund 328 Mio. Einwohner) auf.

„Sturm hat die Nation erschüttert“

Premierminister Narendra Modi rief alle Bürgerinnen und Bürger dazu auf, sich impfen zu lassen und vorsichtig zu sein. Nach der Bewältigung der ersten Welle sei man guten Mutes gewesen, sagte Modi am Sonntag in einer Rundfunkansprache. „Aber dieser Sturm hat die Nation erschüttert.“

Die Behörden der Hauptstadt Neu-Delhi verlängerten angesichts der Fallzahlen den Lockdown. Der Lockdown bleibe eine weitere Woche in Kraft, erklärte Neu-Delhis Regierungschef Arvind Kejriwal in einer Videobotschaft. „Die Verwüstung durch das Coronavirus geht weiter, und es gibt keine Verschnaufpause.“

Menschen warten auf die Verbrennung von Angehörigen in New Delhi
Reuters/Danish Siddiqui
Menschen warten auf die Verbrennung von Angehörigen in Neu-Delhi

Indien hat gut 1,3 Milliarden Einwohnerinnen und Einwohner, sodass sich eine vergleichsweise mäßige 7-Tage-Inzidenz von rund 132 Fällen pro 100.000 Einwohner ergibt. Das Gesundheitssystem des Schwellenlandes ist aber völlig überlastet. Es fehlt an Betten, antiviralen Medikamenten und medizinischem Sauerstoff. Auch die Krematorien sind überlastet. „Es ist ein Tsunami“, beschrieb ein Gericht in der Metropole Delhi die Lage.

Einreiseverbote gegen B.1.617-Mutation

Deutschland und Italien versuchten sich mit Einreiseverboten gegen die Einschleppung der aus Indien stammenden B.1.617-Mutation zu wappnen. Wer sich in den zurückliegenden 14 Tagen in Indien aufgehalten hatte, kann nicht mehr einreisen, teilte Italiens Gesundheitsminister Roberto Speranza am Sonntag auf Facebook mit. Deutschland erklärte Indien mit Montag zum Virusvariantengebiet, was Einreisen praktisch unmöglich macht.

Viele Inderinnen und Inder versuchten am Wochenende, das Land vor dem Hintergrund der akuten Gesundheitskrise zu verlassen. Wie indische Medien berichteten, sind auf den Flughäfen viele Menschen in Richtung Vereinigte Arabische Emirate und USA unterwegs. Da aber die Emirate ab Montag die Flugverbindungen aus Indien und Pakistan bis vorerst 4. Mai streichen, schnellten die Flugticketpreise in die Höhe. Am Sonntag waren sie teilweise elfmal so hoch wie normal.