Leere Astra Zeneca Impfstoffbehältnisse
AP/Lisa Leutner
Lieferprobleme

EU klagt AstraZeneca

Wegen großer Lieferprobleme klagt die EU den Impfstoffhersteller AstraZeneca. Die EU-Kommission habe rechtliche Schritte gegen das britisch-schwedische Unternehmen eingeleitet, sagte ein Kommissionssprecher am Montag. Der Konzern wies die Vorwürfe zurück.

Das Unternehmen habe „keine zuverlässige Strategie entwickelt, um die rechtzeitige Lieferung der Dosen zu gewährleisten“, sagte der Sprecher. Nun müssten belgische Gerichte den Disput klären. Die Klage sei bereits am Freitag eingereicht worden, ein erster Gerichtstermin sei bereits für Mittwoch geplant. Alle 27 EU-Staaten hätten sich hinter diese Entscheidung gestellt.

Die EU-Kommission hatte bereits ein Schlichtungsverfahren mit dem Unternehmen eingeleitet. Die Klage ist der nächste Schritt. An den Lieferrückständen dürfte sich dadurch allerdings nichts ändern. Der Sprecher sagte, Ziel sei immer noch, die bestellten Impfstoffdosen so schnell wie möglich zu bekommen. Schadenersatzforderungen seien in letzter Konsequenz nicht ausgeschlossen, stünden aber derzeit nicht an.

EU: Verstoß gegen Rahmenvertrag

Der britisch-schwedische Hersteller hatte die Lieferungen von Coronavirus-Impfstoff an die EU in den vergangenen Monaten immer wieder einseitig drastisch gekürzt. Im ersten Quartal gingen nur 30 Millionen statt 120 Millionen Impfdosen an die 27 Staaten. Für das zweite Quartal werden nach jüngsten Angaben 70 Millionen Dosen erwartet. Ursprünglich waren 180 Millionen vereinbart. Aus Sicht der EU-Kommission verstößt der Hersteller damit gegen einen EU-Rahmenvertrag vom August 2020.

Mit der Klage wolle man zunächst die eigenen Forderungen gerichtlich feststellen lassen, hieß es aus der EU-Kommission. Denn der Vertrag enthält zwei zwischen den Partnern umstrittene Klauseln: Zum einen heißt es, das Unternehmen müsse „best reasonable efforts“ zur Erfüllung der Zusagen unternehmen – zu Deutsch in etwa: „alle vernünftigen Anstrengungen“. AstraZeneca argumentiert, man habe sich daran gehalten; die EU-Kommission sieht das anders.

Der zweite Knackpunkt: AstraZeneca sichert im Vertrag zu, dass keine anderen Verpflichtungen gegenüber Dritten der Erfüllung entgegenstehen. Die EU-Kommission wirft dem Unternehmen jedoch vor, einen Vertrag mit Großbritannien bevorzugt bedient zu haben. Großbritannien war von AstraZeneca-Lieferproblemen kaum betroffen.

Für AstraZeneca „unbegründet“

AstraZeneca habe sich an seinen Vertrag mit der EU-Kommission gehalten und werde sich vor Gericht verteidigen, hieß es am Montag in einer Reaktion des Unternehmens auf die Mitteilung aus Brüssel, ein Verfahren eingeleitet zu haben.

„Wir glauben, dass dieser Rechtsstreit unbegründet ist, und begrüßen die Möglichkeit, diese Auseinandersetzung so schnell wie möglich beizulegen“, hieß es von AstraZeneca. Man werde den EU-Staaten bis Ende April gemäß der Vorhersage fast 50 Millionen Impfdosen liefern. Außerdem arbeite man daran, die Produktion weiter schnellstmöglich hochzufahren.

Verärgerung wegen Großbritannien

Insgesamt hat die EU-Kommission 300 Millionen Dosen von AstraZeneca bestellt. Eine Option auf weitere 100 Millionen Dosen ließ sie ungenutzt verstreichen. Wegen des Streits mit AstraZeneca – und auch, weil Großbritannien von den Lieferproblemen kaum betroffen war – hatte die EU einen Export-Kontrollmechanismus eingeführt. Eine Lieferung über 250.000 AstraZeneca-Dosen aus Italien nach Australien wurde blockiert.

Ein Großteil des Impfstoffs, der in den EU-Staaten gespritzt wird, stammt derzeit von deutsch-amerikanischen Partnern Biontech und Pfizer. Der Impfstoff von AstraZeneca wird in vielen EU-Staaten nur noch eingeschränkt verwendet, weil er in Verbindung mit sehr seltenen Fällen von Hirnvenenthrombosen gebracht wird. Er ist von der EU-Arzneimittelbehörde (EMA) aber weiter uneingeschränkt freigegeben.

Der Nutzen der Impfung überwiege eindeutig das Risiko, so EMA-Experten unter Berufung auf Risikoanalysen. „Der Impfstoff rettet Leben“, bilanzierte etwa der leitende EMA-Datenanalytiker Peter Arlett. Neben AstraZeneca sowie Biontech und Pfizer haben außerdem die Präparate von Moderna und Johnson & Johnson eine europäische Zulassung.

Österreich erwartet mehr als 300.000 Dosen

In Österreich werden nach einer Lieferverzögerung in der Vorwoche in dieser Woche 318.600 Impfdosen von AstraZeneca erwartet, hieß es am Montag aus dem Gesundheitsministerium. Dabei gelte es zu beachten, dass nun auch zunehmend Zweitimpfungen für AstraZeneca berücksichtigt werden müssen. Von Biontech und Pfizer kommen 308.010, von Moderna 40.800 und von Johnson & Johnson 12.000 – insgesamt also 679.410 Dosen. Diese Menge sei etwa doppelt so groß wie vergangene Woche, so das Ministerium.