Vorstoß zu Wahrheitspflicht: Sobotka empört Opposition

Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) hat gestern umgehend entschiedene Ablehnung für einen Vorstoß Richtung Verzicht auf die Wahrheitspflicht in Untersuchungsausschüssen geerntet. SPÖ, FPÖ und NEOS wiesen das in Aussendungen sofort unter scharfe Kritik an Sobotka zurück, der derzeit dem „Ibiza“-U-Ausschuss vorsitzt.

Nachdem er sich am Wochenende im APA-Interview dafür ausgesprochen hatte, den U-Ausschuss-Vorsitz Richtern zu übertragen, legte Sobotka heute laut Vorabaussendung in der Puls-24-Sendung „Milborn“ nach: „Bei uns hat jede Person, die Auskunftsperson ist, eine ungeheure Sorge, dort etwas Falsches zu sagen, weil sie dort unter Wahrheitspflicht steht. In Deutschland gibt es das nicht“, sagte er da – fügte aber hinzu: „Man kann sich da viele Dinge überlegen, wenn man einen Konsens findet.“

Grund dafür war, wie sein Sprecher gegenüber der APA ergänzte, die Problematik, dass sich Auskunftspersonen, gegen die parallel ein Strafverfahren läuft, „in Permanenz entschlagen können“. Das unterbreche nicht nur den Befragungsfluss, sondern sei auch für die Klärung der politischen Verantwortung oft kontraproduktiv. Mit einer diesbezüglichen Änderung der Verfahrensordnung könnte man diese „Pattsituation“ lösen.

SPÖ: Sobotka hat „Problem mit der Wahrheit“

Die oppositionellen Fraktionsführer im U-Ausschuss machten umgehend klar, dass es absolut keinen Konsens für die Abschaffung der Wahrheitspflicht gebe: „Im Parlament die Wahrheit zu sagen kann doch nicht zu viel verlangt sein“, so Kai Jan Krainer (SPÖ) auf Twitter. Es sei „leider nichts Neues“, dass „Sobotka ein Problem mit der Wahrheit“ habe, schrieb er und legte dem Nationalratspräsidenten den umgehenden Rückzug aus dem U-Ausschuss nahe.

Vorschlag für FPÖ „wahnwitzig“, für NEOS „bezeichnend“

Christian Hafenecker (FPÖ) zeigte sich in einer Aussendung empört über diesen „wahnwitzigen Vorschlag“, der darauf hinauslaufe, „die Lüge in Untersuchungsausschüssen zu legalisieren“. „Das schlägt dem Fass den Boden aus“, befand er – unter Hinweis darauf, dass es bisher nur Angehörige der ÖVP gewesen seien, deren mutmaßliche Falschaussagen zu Anzeigen bei den Behörden geführt hätten.

„Ungeheure Sorge“ müssten nur Auskunftspersonen haben, die „wissentlich die Unwahrheit“ sagen, so Stephanie Krisper (NEOS). Sie halte das Gegenteil für geboten: „Statt die Wahrheitspflicht abzuschaffen, müssen wir viel eher dafür Sorge tragen, dass Falschaussagen in Untersuchungsausschüssen von der Justiz auch gewissenhaft verfolgt werden und endlich auch Konsequenzen haben.“

Für Krisper ist es „bezeichnend und selbsterklärend, dass Sobotka genau jetzt, da wir Bundeskanzler Kurz und andere hochrangige ÖVP-nahe Personen wegen des Verdachts der Falschaussage angezeigt haben, laut über die Abschaffung der Wahrheitspflicht nachdenkt“.