Leere PET-Mehrwegflaschen
APA/dpa/Ina Fassbender
Gesetzesentwurf

Mehrwegpflicht für alle Supermärkte

Am Mittwoch wurde das neue Abfallwirtschaftsgesetz in Begutachtung geschickt. Als ein zentraler Punkt wird darin eine verpflichtende Mehrwegquote für den Lebensmittelhandel ab 2024 festgeschrieben. Konkrete Regeln für ein verpflichtendes Einwegpfand fehlen in der Novelle allerdings. Das Klimaschutzministerium setzt nun erst einmal auf Pilotprojekte.

Mit einem „Dreipunkteplan gegen die Plastikflut“ war Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) vergangenen September nach vorne geprescht: eine verbindliche Quote für Mehrwegflaschen im Handel, ein Pfand auf Einwegflaschen und eine Abgabe für Erstellung und Import von Kunststoffen. Sieben Monate später hat das Ministerium mit der Novelle des Abfallwirtschaftsgesetzes zumindest den ersten dieser Punkte in eine rechtliche Form gegossen. Der am Mittwoch in Begutachtung geschickte Gesetzesentwurf erlegt dem gesamten Lebensmittelhandel verpflichtende Mehrwegquoten bei Getränkeverpackungen auf.

Ab 1. Jänner 2024 sollen laut dem Gesetzesentwurf zumindest 60 Prozent allen Bieres und aller Biermischgetränke in Mehrwegflaschen angeboten werden. Mindestens 20 Prozent alle Mineral- und Sodawässer im Supermarktregal müssen in mehrfach verwendbaren Gebinden abgefüllt sein. Bei Fruchtsäften und anderen antialkoholischen Getränken sind es zehn Prozent. Diese Quote gilt auch für Milch. Insgesamt soll damit laut der Ministerin der Mehrweganteil über das gesamte Sortiment um 25 Prozent gesteigert werden.

Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne)
ORF
Sechs Wochen lang steht der Entwurf aus Gewesslers Ministerium nun zur Begutachtung

Zurzeit liegt die Mehrwegquote in Österreich bei rund 20 Prozent – mit der angekündigten Steigerung würde sie auf 25 Prozent wachsen. „Ich habe angekündigt, dass bis 2025 jede vierte Flasche in Mehrweg abgefüllt wird, und bin zuversichtlich, dass und das gelingen wird“, sagte Gewessler am Mittwoch bei der Präsentation des Gesetzesentwurfs.

Kaum Ausnahmen vorgesehen

Für manche Supermarktketten wird diese Quotenregelung kaum oder gar keine Änderungen mit sich bringen, haben sie den geforderten Anteil an Mehrweggebinden doch ohnehin bereits im Angebot. Auf manche Ketten und auch einzelne Lebensmittelhändler, die bisher ganz auf Einwegprodukte gesetzt haben, käme allerdings sehr wohl eine Umstellung zu. „Für einige Bereiche ist es eine hundertprozentige Steigerung“, so Gewessler.

Pläne für Plastikpfand

Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) präsentierte am Mittwoch den Entwurf für das neue Abfallwirtschaftsgesetz. Darin enthalten sind Pläne, wie Plastikmüll in Österreich reduziert werden kann.

Nach den nun vorgelegten Plänen soll es auch nur wenige Ausnahmen geben. Würstelstände und Bäckereien seien von der Quote ausgenommen. Ansonsten betreffe die Regelung den gesamten Lebensmittelhandel, so Gewessler. Bei den Supermarktketten werde die Quote auch nicht über die Summe aller Filialen gerechnet, sondern gelte für jeden Standort, sagte die Ministerin.

Rechtliche Umsetzung von EU-Verbot

Im neuen Abfallwirtschaftsgesetz soll überdies das EU-weite Verbot für Einwegplastik seine rechtliche Festschreibung finden. Laut EU-Richtlinie dürfen ab Juli Einwegkunststoffprodukte und Artikel aus oxo-abbaubarem Kunststoff nicht mehr in den Verkehr gebracht werden. Dazu zählen unter anderem Wegwerfbesteck und -teller, aber auch Plastikstrohhalme und Take-away-Behälter aus Polystyrol.

Überdies sieht die Gesetzesnovelle vor, dass Abfalltransporte ab drei Tonnen über längere Strecken künftig nur noch per Bahn erfolgen dürfen. Ab 1. Jänner 2023 gilt das ab einer Strecke von 300 Kilometern, in den folgenden zwei Jahren wird die Grenze dann stufenweise auf 100 Kilometer gesenkt. Als ein weiterer Punkt wird der Import von vermischtem Industriemüll aus dem Ausland untersagt.

„Pilotprojekte“ für Einwegpfand

Im September stand auch noch im Raum, dass ein verpflichtendes Einwegpfand in der Novelle des Abfallwirtschaftsgesetzes festgeschrieben werde. Allerdings hatte es damals auch geheißen, dass das neue Gesetz „in den nächsten Wochen“ in Begutachtung gehen könne. Aus Wochen wurden schließlich mehrere Monate – und konkrete Pläne für ein Einwegpfand finden sich in der Novelle nun nicht. Vor allem aus dem Handel war von Angang an starker Widerstand gegen ein Einwegpfand gekommen. Aber auch der Koalitionspartner ÖVP hatte mit der Skepsis nicht hinter dem Berg gehalten.

Eine Einwegflasche wird in einen öffentlichen Mülleimer geworfen
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Für Einwegpfand sollen nun erst einmal verschiedene Systeme getestet werden

„Es gibt sehr viele Fragen dazu. Es gibt auch sehr viele Fragen zur praktischen Umsetzung, zum Handling“, räumte Gewessler am Mittwoch ein. „Wir werden das Pfandsystem noch heuer anhand von Pilotprojekten mit den Konsumentinnen und Konsumenten testen.“ Details verriet die Ministerin allerdings nicht. Sie hielt aber auf Nachfrage fest, weiterhin ein verpflichtendes System zum Ziel zu haben.

Handel lehnt Quote ab

Umwelt-NGOs wie Greenpeace, Global 2000 und WWF begrüßten den Entwurf – auch wenn ihnen die Quoten teilweise zu niedrig sind. Kritik äußerten sie freilich am Fehlen eines verpflichtenden Einwegpfands. Deutlich skeptischer fiel das Urteil der Wirtschaftskammer aus. Zwar unterstütze die heimische Getränkewirtschaft das Ziel, Getränke in dem von den Konsumentinnen und Konsumenten gewünschten Ausmaß vermehrt in Mehrwegverpackungen anzubieten, „lehnt die vorgeschlagenen gesetzlichen Angebotsquoten aber grundsätzlich ab“, hieß es in einer Aussendung. Gesetzliche Quoten seien „kein zeitgemäßes Instrument und unionsrechtlich fragwürdig“.

Auch der Handelsverband sprach sich in einer Aussendung erneut gegen verpflichtende Mehrwegquoten aus. Es gebe „keine wissenschaftlichen Fakten, die eine gesetzliche Mehrwegquote rechtfertigen“, so der Verband in einer Aussendung. „Darüber hinaus wäre eine derartige Quotenlösung ein erheblicher Eingriff in die Erwerbsfreiheit, der nicht gerechtfertigt ist. Daher werden die verfassungs- und unionsrechtlichen Bedenken genau zu evaluieren sein“, so Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will.

Der ÖVP-Wirtschaftsbund wiederum untermauerte einmal mehr seine Ablehnung eines Einwegpfands. Zar sei „der Mehrwegausbau heute klar kommuniziert“ worden. Beim Thema Plastikpfand sei Gewessler aber sehr vage geblieben und habe viele Fragen offengelassen. „Klar ist: Ein verpflichtendes Pfand auf PET-Flaschen lehnen wir entschieden ab“, so der Wirtschaftsbund.

Opposition vermisst „großen Wurf“

Die SPÖ sah sich in ihrem Druck für eine Mehrwegquote bestätigt, wenngleich für Umweltsprecherin Julia Herr der Beginn mit Jahresanfang 2024 „viel zu spät“ angesetzt sei. Zugleich kritisierte sie einen Rückzieher beim Einwegpfand. „Einzelne Pilotversuche reichen nicht aus. Damit geht wertvolle Zeit verloren“, so Herr in einer Aussendung.

NEOS sah zwar „einige sinnvolle Maßnahmen“, vermisste aber den „großen Wurf“. „Diese Maßnahmen sind nicht genug – weder, um die Plastikverschmutzung zu reduzieren, noch, um die europäischen Zielsetzungen zu erreichen“, so NEOS-Klima- und -Umweltsprecher Michael Bernhard.

Die FPÖ sprach hingegen von „inhaltsleeren und zahnlosen Maßnahmen“ und pochte ebenso wie der Handel auf die Freiwilligkeit. „Gewessler schafft es nicht einmal, eigene Ankündigungen umzusetzen, und hängt dann den Einzelhändlern verpflichtende Mehrwegquoten bis 2024 um – mehr Unfähigkeit geht einfach nicht“, so FPÖ-Umweltsprecher Walter Rauch.