Ausdruck eines ORF.at-Interviews mit Public-Health-Experte Martin Sprenger
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Sprenger-Interview in der Langfassung

Public-Health-Experte Martin Sprenger hat mit ORF.at über die vergessenen Dimensionen der Coronavirus-Pandemie und über die Probleme mit Daten und deren Aussagekraft gesprochen. Und: Wie und wann kommen wir aus der Krise – und was lernen wir als Gesellschaft daraus? Das Interview in der Langfassung zum Nachlesen.

Wir haben ziemlich genau vor einem Jahr lange über SARS-CoV-2 und die Pandemiebekämpfung gesprochen. Seitdem ist sehr viel passiert. Was hat Sie in den vergangenen Monaten am meisten überrascht?

Im positiven Sinn die vielen Wissenschaftler, die sich nicht auf eine Schwarz-Weiß-, Falsch-richtig-Zeichnung der Politik und Medien eingelassen haben, sondern weiterhin die akademische Debatte und den interdisziplinären Diskurs suchen. Es ist ein weitverbreiteter Irrtum, dass wir Wissenschaftler ständig streiten. Wir verstehen uns gut – auch wenn wir unterschiedliche Ansichten haben. Weil wir als Wissenschaftler die Debatte gewöhnt sind, bleibt die gegenseitige Wertschätzung erhalten. Wenn die wissenschaftliche Meinung gleichgeschaltet ist, dann ist auch die Lernkurve flach.

Und überrascht hat mich natürlich auch das unglaubliche Engagement vieler Menschen in unterschiedlichsten Bereichen unserer Gesellschaft. Diesen großartigen Initiativen hätten wir – auch etwa auf Pressekonferenzen, aber ohne politische Instrumentalisierung – mehr Bühne geben müssen, damit sie andere „infizieren“, um es ihnen nachzumachen. Die besten Ideen entstehen Bottom-up und nicht Top-down. Man hätte in den Grätzeln, Gemeinden und Tälern als Lokalpolitiker Gesprächsrunden initiieren können, um das Miteinanderreden, den Diskurs zu fördern und damit den psychosozialen Schaden klein zu halten. Da kommen die Leute ins Gespräch, die gut durch die Pandemie kommen, und die, denen das nicht so gut gelingt. Und dort beginnt dann auch gegenseitige Unterstützung, der Austausch von Ideen.

Interview in zwei Runden

Das Interview wurde in zwei Runden geführt: zunächst schriftlich per Mail und danach in einem rund 90-minütigen Gespräch per Videocall. Die hier zu lesende Fassung ist eine redigierte und gestraffte Kombination der beiden.

Und negativ?

Im negativen Sinn diese einmalige Politisierung eines Erkrankungsgeschehens, die daraus resultierende Spaltung der Gesellschaft und die Rolle, die die Medien dabei spielen. Dann ist alles in Richtung Krankheitsorientierung gerutscht. Plötzlich gab es nur mehr eine eindimensionale Betrachtung des pandemischen Geschehens im Sinne des virologisch-medizinisch-mathematischen Imperativs. Und alles, was nicht in das Narrativ dieser Politisierung passte, wurde beiseite gewischt. Das förderte auch die Polarisierung und Spaltung der Gesellschaft.

Das zeigte sich auch in der Impfstrategie: Da ist der Impfstoff noch nicht einmal zugelassen, reden Landespolitiker schon von Impfpflicht und zerstören damit Vertrauen. Dann gibt es politische Appelle, die Europäischen Arzneimittelbehörde solle bei dem und dem Impfstoff doch schneller die Freigabe veranlassen. Das ist Politisierung, und die zerstört Vertrauen. Und wenn Vertrauen bei einem so sensiblen Thema wie Impfungen zerstört ist, dann tut man sich mit der Impfkommunikation natürlich auch schwer.

Welche großen Themen spielten in den vergangenen Monaten in den Debatten aus Ihrer Sicht eine zu geringe Rolle?

Ein Thema ist vor 14 Monaten erstaunlicherweise fast vollkommen von der Bildfläche verschwunden, und das ist die Gesundheit. Die Frage „Was erhält Menschen gesund?“ spielte plötzlich genauso keine Rolle mehr wie die Prinzipien der Gesundheitsförderung, die Kriterien für gute Gesundheitsinformation, oder die zur Steigerung der Gesundheitskompetenz. Auch die zehn österreichischen Gesundheitsziele, die eigentlich bis zum Jahr 2032 den Handlungsrahmen für eine gesundheitsförderliche Gesamtpolitik bilden sollten, gerieten in Vergessenheit. Dabei wären sie perfekt geeignet, um zu helfen, eine Gesellschaft bestmöglich durch eine Pandemie zu führen. Eine Gesundheitsorientierung wurde durch eine Krankheitsorientierung, eine Pathologisierung der Gesellschaft ersetzt. Auch in den Medien. Als Gesundheitswissenschaftler ist das für mich eine Katastrophe: Ein Jahr Pathologisierung der Gesellschaft hat uns krank gemacht. Ständig risikoorientiert zu denken, den anderen Menschen als Bedrohung wahrzunehmen, macht krank. Wir müssen uns nach dem Ende der Pandemie um das kümmern, was uns gesund erhält: Soziale Beziehungen, Bewegung, arbeiten gehen können, um Geld zu verdienen, sozialer Zusammenhalt, also eigentlich normal laufende Routinen in einer Gesellschaft.

Was von Anfang an klar war, aber ebenfalls vollkommen vergessen wurde, ist die soziale Dimension der Pandemie, eine Pandemie ist auch immer ein soziales Ereignis. Dabei ist das Infektionsrisiko sozial ungleich verteilt, weil sich Menschen in prekären Wohn- und Arbeitsverhältnissen einfach leichter infizieren, aber auch das Erkrankungsrisiko ist sozial ungleich verteilt. Ärmere Menschen sind häufiger chronisch krank, häufiger übergewichtig, gehen später zum Arzt, erhalten später eine Impfung, sind schlechter informiert, usw. Aber auch die Nebenwirkungen der Maßnahmen sind sozial ungleich verteilt. So sind ärmere Menschen häufiger von Arbeitslosigkeit und Delogierung bedroht oder betroffen. Diese mangelhafte Berücksichtigung der sozialen Faktoren hat sich leider negativ auf das Management der Pandemie ausgewirkt und viele Schäden unnötig verstärkt, aber auch den Erfolg vieler Maßnahmen deutlich geschwächt. Die Missachtung der sozialen Dimension der Pandemie hat zur Folge, dass die Verhaltensprävention, die Verhältnisprävention und die Risikokommunikation darunter leiden. Und dann bleibt der Erfolg der Eindämmungsstrategie, Schutzstrategie und Folgenminderungsstrategie immer unter den Möglichkeiten. Man hätte die Sozialwissenschaften, aber auch andere Sichtweisen frühzeitig miteinbeziehen müssen.

Es geht dabei eigentlich um gesunde Lebensjahre. Das wird auch mein Thema der nächsten Jahre sein, und wir werden dann auch datenbasiert sagen können, um wie viel mehr gesunde Lebensjahre durch die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie als durch Covid-19 verloren gegangen sind. Die Pandemie laufen zu lassen war ja nie eine Option. Es geht immer um die Minimierung des direkten und indirekten gesundheitlichen, psychosozialen und wirtschaftlichen Schadens. Es geht um ein smartes Risikomanagement. Wie auf der Behandlungsebene muss auch bei gesellschaftlichen Interventionen der Nutzen größer sein als der Schaden, die erwünschte Wirkung größer als die unerwünschten Nebenwirkungen. Es geht um Verhältnismäßigkeit. Würde man einer Therapie zustimmen, bei der man nur auf die Wirkung achtet und die Nebenwirkungen vollkommen egal sind? Nein, man wird immer schauen, dass man die Wirkung maximiert und die Nebenwirkungen minimiert. Das ist Teil des professionellen Handelns, nicht nur in der Medizin.

Und gerade wenn man aus „unserer“ Bubble der Privilegierten hinaus in prekäre Lebenswelten schaut, gingen und gehen dort viele gesunde Lebensjahre verloren. Viele Kinder und Jugendliche wurden mittel- und langfristig geschädigt und ihre Biografien massiv beeinflusst, etwa weil Schulkarrieren jetzt anders und schlechter verlaufen. Oder weil sich die Rahmenbedingungen durch Arbeitslosigkeit der Eltern geändert haben. Viele Kinder und Jugendliche haben, von Übergewicht rede ich jetzt gar nicht, auch eine höhere Wahrscheinlichkeit, früher Alkohol- oder Tabakprobleme oder eine chronische Krankheit zu entwickeln. Die Folgen sieht man wahrscheinlich erst in weiter Zukunft, wo man dann wohl gar nicht mehr sieht, dass das mit Pandemiejahr zusammenhängt. Faktum ist, die Pandemie hat die bestehenden gesundheitlichen und sozialen Ungleichheiten in unserer Gesellschaft weiter vergrößert. Erst in den vergangenen Wochen hat sich der Aspekt in Studien und in Medienberichten deutlicher niedergeschlagen.

Im Frühjahr 2020 war bei den Maßnahmen das geflügelte Wort von „Hammer and the Dance“ in aller Munde. Schon damals sagten sie, das „Tanzen“ werde schwierig. Das Modell ist bald von der Bildfläche verschwunden. Sind wir noch immer beim „Hammer“? Sehen Sie – international – Vorbilder, die es geschafft haben, auch zu „tanzen“?

Die Dynamik der Pandemie hält sich an kein Drehbuch und schon gar nicht an den Taktstock der Politik. Europa hat es anfangs versäumt, das Virus erfolgreich einzudämmen. Inzwischen ist das Virus endemisch, Europa ist in einen Flickenteppich von unterschiedlichen Strategien und Maßnahmen zerfallen. Es gibt keine einheitliche Vorgangsweise. Alle Länder wurschteln sich irgendwie durch die Pandemie. Manche besser, manche schlechter. Nein, Tanzen würde ich das in Europa schon lange nicht mehr nennen. Am ehesten schaffen das noch die skandinavischen Länder. Es ist müßig, in weit entfernte Länder zu schauen, da es schwieriger ist abzuschätzen, ob und um welchen Preis dort getanzt wird. Da achtet man weniger auf Datenschutz und auch Freiheitsrechte.

Wie sehen Sie das Verhältnis von Politik und Wissenschaft in der Pandemie?

Natürlich hatte es auch die Politik nicht leicht: Man hat unterschiedliche – auch wissenschaftliche – Meinungen im Raum schweben, muss dann aber politische Entscheidungen treffen und diese auch verkünden. Das ist auch legitim so. Politiker sind gewählt. Wissenschaftler können nur beraten, Empfehlungen geben, dürfen aber auch Kritik üben. Ich glaube aber, in der Pandemie sind die unterschiedlichen Rollen von Wissenschaft und Politik auch schlecht kommuniziert worden, da hätte man mehr daraus machen können.

In skandinavischen Ländern war das anders, die haben große Gesundheitsbehörden, wie das Institut für Public Health in Oslo mit über 1.500 Mitarbeitern – und die Politik folgt diesen Empfehlungen meistens. Auch diese Institutionen sind nicht perfekt und unfehlbar. Aber in Skandinavien wurde die Pandemie nicht so politisiert und nicht so polarisiert. Die Gesellschaften sind mehr im Kollektiv geblieben und nehmen das mehr als gemeinsame Aufgabe wahr, da möglichst gut durchzukommen. Auch beim Thema Schule und Kinder, das in Österreich stark aufgebauscht, politisiert und emotional diskutiert wurde und wird, blieben sie gelassen. Natürlich spielt die Schule eine Rolle im Infektionsgeschehen, aber keine besonders große, zumindest bei den unter Zwölfjährigen. Die skandinavischen Länder haben daher auf Basis von Studien die Kinder möglichst in Ruhe gelassen.

Die zunehmende Polarisierung spiegelt sich ja auch in der Haltung der Bevölkerung zur Pandemie und zu den Maßnahmen wider. Auf der einen Seite gibt es schon seit Langem jene, die die Maßnahmen scharf kritisieren und dazu neigen, das Virus zu verharmlosen. Auf der anderen Seite hat sich vor einer Zeit die Zero-Covid-Fraktion herausgebildet, die mit einem harten Lockdown dem Infektionsgeschehen ganz den Garaus machen will. Wie sehen sie diese Positionen?

Ich halte Extreme immer für gefährliche Strategien. Und Zero-Covid ist ein Extrem. Das andere Extrem wäre es, dem Infektionsgeschehen freien Lauf zu lassen. Zero-Covid war vielleicht in Wuhan noch ein Thema. Rein theoretisch gedacht wäre es im Frühjahr 2020 in einem sehr gut vorbereiteten und gemeinsam agierenden Europa möglich gewesen. Was für ein Aufwand dann bis heute notwendig gewesen wäre, diesen Status quo, ähnlich wie in Singapur und Hongkong, zu erhalten, sprengt meine Vorstellungskraft.

Aber in einigen Ländern wurde das ja gemacht oder zumindest versucht.

Ich habe sehr gute Verbindungen zu Neuseeland, dort wurde die Zero-Covid-Strategie gewählt, dort hat es sich auch angeboten, weil sie einfach die geografischen Möglichkeiten haben. Alle meine Bekannten dort sind Anhänger dieser Strategie. Das war superklug, war richtig, sagen alle. Natürlich haben sie auf etwas gesetzt, was sie vorher nicht wissen konnten: Denn eine wirksame und sichere Impfung hätte auch nie kommen können – oder erst in zehn Jahren. Das war ein riskantes Spiel. Sie haben darauf gesetzt, dass sie kommen wird – und sie ist jetzt sehr früh gekommen. Sie haben natürlich den direkten Schaden extrem klein gehalten, aber der indirekte Schaden ist gewaltig. Vor allem wirtschaftlich, was wiederum Auswirkungen auf die Gesundheit haben kann. Wer glaubt, dass Neuseeland ohne Schaden durch die Pandemie gekommen ist, der schaut nur auf eine Seite der Medaille.

Was ich damit sagen will: Es ist dumm, in einer Pandemie nur schwarz-weiß zu denken. Keine Gesellschaft kommt ohne Schaden durch eine Pandemie. Aus gesundheitswissenschaftlicher Perspektive heißt das: Du kannst dich nur bemühen, diesen gesundheitlichen, psychischen, sozialen und wirtschaftlichen Schaden möglichst klein zu halten. Sowohl den, der direkt durch das Krankheits- und Sterbegeschehen, als auch den der indirekt durch Maßnahmen entsteht. Das ist manchen Ländern besser, manchen schlechter gelungen.

Damals haben wir auch schon eine über kluge Teststrategie gesprochen. Heute sieht sich Österreich als „Testweltmeister“ – also quantitativ. Tatsächlich gilt Österreich auch in einigen andern Ländern als Vorbild beim Testen. Wie sehen Sie das?

Mehr ist nicht automatisch besser. In Österreich mangelt es beim Contact-Tracing noch immer an Geschwindigkeit, Präzision und einer vollständig digitalisierten Datenerfassung. Es hängt ganz stark davon ab, dass man jene „erwischt“, die symptomatisch und infektiös sind. Das hängt wieder davon ab, dass die auch testen kommen, das wiederum hängt von Faktoren wie Verfügbarkeit, Akzeptanz, Wissen und Vertrauen ab. Wohnortnahe, niederschwellige Testangebote haben da weitergeholfen, wie in Graz vom Gesundheitszentrum Medius und später auch die Schnupfenboxen in Wien. Kontaktpersonen anzugeben ist eben auch Vertrauenssache, das braucht eine positive Konnotation im Sinne eines gemeinsamen Vorgehens. Dann kommt auch das Gefühl der Vernaderung nicht auf.

Natürlich ist die Eindämmungsstrategie Test, Trace, Isolate und Support eine wichtige Strategie. Aber sie funktioniert nur, wenn sie entsprechend schnell ist. Wir bräuchten dafür einen öffentlichen Gesundheitsdienst, der entsprechend finanziert und personell ausgestattet wird, entsprechende Kompetenzen hat und mit den wichtigen Playern zusammenarbeitet. Dazu gehören auch wohnortnahe Akteure wie zum Beispiel Hausärzte. Essenziell ist auch eine professionelle Digitalisierung. So wie unser System läuft, ging es mal besser, mal schlechter. Das steckt auch gar keine Bösartigkeit dahinter, alle haben sich bemüht.

Aber es werden doch sehr viele Menschen mittlerweile getestet. Bringt das keine genaueren Erkenntnisse?

Ja, wir testen inzwischen sehr viel, aber wir verletzen auch täglich geltende medizinisch-diagnostische Standards. Das führt dann zu falschen Testergebnissen, unnötiger oder überlanger Quarantäne, aber auch einer unverlässlichen Datenbasis für Modellierungen.

Ich glaube, wir müssen uns von der Illusion verabschieden, dass wir das Infektionsgeschehen genau abbilden können. Die aktuell erhobenen Inzidenzen sind willkürlich und nicht repräsentativ, weil sie von so vielen Parametern abhängen. Sie suggerieren eine Genauigkeit, die sie nicht haben. Die Dunkelziffer bleibt unbekannt.

Die Schultests verzerren das Bild zusätzlich. Und wissenschaftlich wie im Alltag ergeben sich hier auch oft ungelöste Fragen. Natürlich entdecken wir positive Fälle. Aktuell in den Volksschulen einen pro 10.000 durchgeführter Tests. Aber zu welchem Preis, durchaus auch finanziell gemeint? Was passiert bei positiven oder falsch positiven Testungen? Wird rasch reagiert bei einer notwendigen Quarantäne von Kontaktpersonen? Wer agiert als Mediator bei der Aufregung im Schulalltag? Wie viele Personen werden unnötig in Quarantäne geschickt? Wie viel Müll wird da produziert? Usw.

Tatsächlich mit der Realität etwas zu tun haben noch die Trends der Inzidenzen, also ob es eher bergauf oder bergab geht. Außerdem kommt dazu, dass sehr oft Datenfehler passieren, Eingaben falsch sind oder nicht im Epidemiologischen Meldesystem (EMS) ankommen. Das hat auch mit der fehlenden Digitalisierung zu tun. In Österreich wird zum Beispiel noch sehr viel gefaxt und Daten dann händisch übertragen.

Schon vor einem Jahr haben sie fehlende Daten beklagt, das tun sie noch immer. Woran hapert es da?

Hätten wir von Anfang an das von mir vorgeschlagene Basisdatenset bei jedem positiv getesteten Fall erhoben, also Name, Alter, Geschlecht, Beruf, Symptome, Body-Mass-Index, Grunderkrankungen etc. und mit Sozialversicherungsdaten verknüpft, dann wüssten wir genau, welche Personengruppen sich eher infizieren, wer und wie viele Menschen Symptome entwickeln, schwer erkranken, auf Intensivstationen landen oder versterben. Also spezifisch informiert, geschützt oder zuerst geimpft werden sollten. Natürlich sind das gewaltige Datenmengen – aber sie würden die Modelle viel präziser machen, helfen den Versorgungsbedarf abzuschätzen, oder gezielte Präventionsmaßnahmen zu planen und umzusetzen.

Es ist gesetzlich vorgeschrieben, bei jeder Übernachtung einen Meldezettel ausfüllen. Genauso braucht man einen Meldezettel, ein Basisdatenset bei einer meldepflichtigen Erkrankung. Das ist eigentlich vollkommen logisch, trotzdem haben wir es leider nicht gemacht. Sicher einer der wesentlichen Gründe, dass wir in Österreich suboptimal durch die Pandemie gekommen sind.

Die Datenfrage ist ein unfassbarer, verfahrener Karren: Was die Datenbasis betrifft, die Datenqualität und die Datentransparenz. Viele Daten werden nicht veröffentlicht. Diese fehlende Datenbasis wird von fast allen Experten als größtes Versäumnis angesehen. Schon im Frühjahr 2020 haben wir in einem offenen Brief den Zugang zu Daten verlangt und ein paar Wochen später noch einmal nachgelegt. Dieser Tage, ein Jahr später, gab es den nächsten Aufruf dazu.

Was könnte man mit einer besseren Datenlage besser machen?

Ich vergleiche das immer mit einem Cockpit von einem Flugzeug. Du brauchst verschiedene Instrumente – und wir haben nur Inzidenz und Krankenhausdaten, also sagen wir Höhen- und Geschwindigkeitsmesser, und nicht einmal die sind genau. So sind die Krankenhausdaten nicht immer präzise. Die „Zeit“ hat etwa für Deutschland recherchiert, dass bei rund 20 Prozent der Hospitalisierten Covid-19 nicht die Haupt-, sondern die Nebendiagnose ist. Wir haben uns nie um ein professionelles Cockpit bemüht und fliegen jetzt eher nach Gefühl durch dieses Infektionsgeschehen. Mit mehr Instrumenten, einer besseren, präziseren Datenbasis ist auch ein viel besseres, smarteres Risikomanagement möglich. Gerd Antes, einer der führenden Medizinstatistiker im deutschsprachigen Raum, spricht zu Recht von einem „Blindflug“.

Bei fast bei allen Daten haben wir Limitierungen. Aber auch bei der Definition wesentlicher Parameter. Ein Beispiel: Auf der Seite des Ministeriums ist jeder Sterbefall mit einem positiven Test auf SARS-CoV-2 mit oder an Covid-19 verstorben. Die AGES zählt nur jene Fälle mit einem positiven Test in den letzten 28 Tagen vor dem Tod. Viele Distriktsärzte wiederum führen – wie sonst auch immer – jene Ursache an, die ursächlich für den Tod verantwortlich war, unabhängig von Testergebnissen. Andere Länder definieren das wieder anders. So ergeben internationale Vergleiche natürlich wenig Sinn. Wir haben auch keinen medizinisch-diagnostischen Standard für Infektiosität, also welcher PCR-Test mit welchem Ct-Wert wird da herangezogen. Oder keine präzise Definition, was eigentlich ein Covid-19-Krankheitsfall, oder Fall von „Long Covid“ ist. Es gibt auch keine einheitliche Codierung, digitale Erfassung, ein Register oder eine andere Form von Monitoring.

Serologische Querschnittsstudien wie in Ischgl, bei der Antikörpertests durchgeführt wurden, hätte man viel öfter machen müssen. In verschiedenen Regionen, verschiedenen beruflichen Settings oder Altersgruppen. Gemeinsam mit dem Basisdatenset hätten sie viel dazu beigetragen, ein besseres Verständnis des pandemischen Geschehens zu bekommen.

Aber: Machen es Länder, die diese Daten haben, auch tatsächlich besser?

Skandinavische Länder sind da deutlich professioneller. Das hat auch mit der viel fortgeschritteneren Digitalisierung zu tun. Da gibt es in Österreich großen Nachholbedarf: Du kannst aus einem VW-Käfer keinen Porsche machen. Singapur hat Jahre gebraucht, um sein System so zu professionalisieren.

In Österreich erfassen wir zum Beispiel noch immer keine Diagnosen im niedergelassenen Bereich und müssen Risikogruppen mühsam und fehleranfällig über Medikamentenverschreibungen identifizieren. Wir haben auch kein Impfregister, und der elektronische Impfpass, der eigentlich schon 2002 hätte kommen sollen und jetzt schnell ausgerollt wurde, läuft auch noch nicht ganz rund. Eigentlich müssten wir die Impfungen über qualitativ hochwertige Impfregister monitorisieren. Die Coronavirus-Impfungen sind ja nur bedingt zugelassen. Können wir aber gar nicht. Das wirkliche Problem in Österreich ist aber die bewusst gewollte Intransparenz und die fehlende Informationsfreiheit. Diese Message-Control hat im letzten Jahr viel unnötiges Leid verursacht und die Lernkurve viel flacher gehalten als notwendig.

Auch die Zahl, wie viele Fälle insgesamt in Spitälern und auf Intensivstationen behandelt wurden, ist bisher nicht öffentlich kommuniziert worden: Im Vorjahr hat die Zahl der Belagstage auf den Normal– und Intensivstationen im Vergleich zu 2019 oder zum Schnitt der vergangenen fünf Jahre abgenommen. Das lag daran, dass mit dem Fokus auf Covid-19 weniger Patienten mit anderen Diagnosen in den Spitälern behandelt worden sind. Auf den österreichischen Intensivstationen gab es bis Ende Februar 2021 etwa 6.000 Covid-Fälle, die rund fünf Prozent der Intensivfälle und rund zehn Prozent der Belagstage insgesamt ausmachten. Für die Intensivstationen war und ist es aber deshalb so schwierig, weil sich die Fälle regional und temporär gewaltig verdichtet haben. Auf den Normalstationen wurden rund 30.000 Fälle wegen Covid-19 behandelt, das sind ein bis zwei Prozent der Fälle und zwischen zwei und vier Prozent der Belagstage. Was sagen diese Zahlen? Für die Normalstationen war das Pandemiejahr durchaus bewältigbar. Für die Intensivversorgung kam es temporär und regional zu Spitzenbelastungen.

Und der Altersmedian der an und mit Covid-19 Verstorbenen liegt in Österreich bei 84 Jahren, und 45 Prozent der Verstorben sind über 85 Jahre alt. Natürlich verbergen sich hinter den 10.000 mit oder an Covid-19-Verstorbenen menschliche Dramen, und es gingen viele Lebensjahre verloren. Trotzdem sollten die demografischen Fakten beachtet und ohne Emotionen analysiert werden.

Wenn man sagt, mittlerweile gibt es über drei Millionen Covid-19-Tote weltweit, dann ist auch das natürlich ein gewaltiges Drama. Trotzdem muss es erlaubt sein, auch auf die fast sechs Millionen Kinder hinzuweisen, die vor dem fünften Lebensjahr an vermeidbaren Ursachen und behandelbaren Erkrankungen versterben. Jedes Jahr, immer und immer wieder. 1990 waren es noch 15 Millionen. Großteils versterben sie an Infektionskrankheiten, wie Malaria, Tuberkulose und HIV/Aids, Durchfallserkrankungen und Lungenentzündungen. Das nehmen wir hin. Aber so tickt die Welt, jetzt, wo auch die westliche Welt betroffen ist, entsteht nicht überraschend eine ganz andere Dynamik, führen wir eine ganz andere öffentliche Debatte. Für die Covid-19-Sterbefälle haben wir ein eigenes Dashboard, die vorzeitig verstorbenen Kinder haben immer noch keines und werden wohl nie eines bekommen.

Wir haben schon vor einem Jahr von einer Regionalisierung der Maßnahmen gesprochen. Im Sommer kam dann die Ampel des Gesundheitsministeriums, an die aber keine konkreten Maßnahmen geknüpft waren. Erst im Winter und Frühjahr wurde dann regional unterschieden. War das zu spät?

Klar wäre es gut gewesen, die Anfang April 2020 vom Complexity Science Hub und mir konzipierte Corona-Ampel bis zum Sommer weiterzuentwickeln und zu optimieren. Dann hätten wir schon früh ein fertiges Tool gehabt, um das regionale Risiko besser zu bewerten, zu kommunizieren und zu managen. Es hätte aber ein von Anfang an gemeinsam agierendes Europa gebraucht, um die virale Sommerpause für eine effektive Eindämmung zu nützen. Ob Zero-Covid in dieser Phase, unter diesen Voraussetzungen möglich gewesen wäre, weiß ich nicht. Für einzeln agierende Staaten war und ist es, zumindest in Europa, eine Illusion. Dass wir den Sommer ungenutzt verstreichen ließen, ohne das Contact-Tracing zu professionalisieren und bestmögliche Schutzstrategien für die circa 1.000 Senioren- und Pflegeheime zu entwickeln, ist unverzeihlich. Damit habe ich nicht gerechnet, da war ich viel zu optimistisch.

Bei allen Unkenrufen: Dass man jetzt schon gleich mehrere unterschiedliche Impfstoffe mit offenbar sehr hoher Wirkung zu Verfügung hat – hätte man sich das vor einem Jahr vorstellen können? Endet der Spuk wirklich mit der Impfung?

Wirksame und sichere Impfungen können viel zu einem erfolgreichen Management der Pandemie beitragen. Meines Wissens sind fast hundert weitere Impfstoffe schon in Phase-1- bis -3-Studien. Wir können uns also darauf einstellen, dass die europäische Zulassungsbehörde bald weitere Anträge bearbeiten wird. Aber auch, dass wir spätestens im Sommer aus mehreren in ausreichender Menge verfügbaren Impfstoffen auswählen können. Idealerweise haben wir dann auch unabhängige, verständliche und korrekte Informationen darüber, welcher Impfstoff für welche Bevölkerungsgruppe der Beste und Sicherste ist.

Wenn die Pandemie irgendwann aus medizinischer Sicht überwunden ist: Welche Folgen bleiben bzw. sind danach die großen Herausforderungen? Was hat die Pandemie und haben die Maßnahmen dagegen mit der Gesellschaft gemacht?

Eine Pandemie ist eine große gesellschaftliche Herausforderung. Sie hat so viele Facetten. Neben den mittel- und langfristigen gesundheitlichen, psychosozialen und wirtschaftlichen Schäden besteht die größte Herausforderung sicher darin, der zunehmenden Spaltung unserer Gesellschaft entgegenzuwirken. Das betrifft einerseits die Verwerfungen innerhalb von Familien, Nachbarschaften, Betrieben und anderen Bereichen, die durch unterschiedliche Sichtweisen und Betroffenheiten entstanden sind. Es betrifft aber auch die gesundheitliche und soziale Ungleichheit, die durch die Pandemie enorm verstärkt wurde.

Ich hoffe, dass diese Spaltungen, die durch Familien, Betriebe und durch Gemeinden gehen, aufgearbeitet werden. Auch indem man die jeweiligen Standpunkte verstehen lernt und Existenzbedrohungen als solche wahrnimmt. Und es wird um Entschuldigen und Verzeihen gehen, bei den Älteren, die isoliert wurden, und bei den Jungen, denen mehr als ein Jahr ihres Lebens genommen wurde.

Gibt es da auch Chancen, Dinge neu und besser zu machen?

Die Frage ist: Wie schaffen wir es, wieder lebensbejahend und gesundheitsorientiert zu werden. Vielleicht ist das mit persönlichen Krisen vergleichbar: Wenn man aus einer gesundheitlichen Krise oder einer Beziehungskrise nichts lernt und die gleichen Fehler wieder begeht, dann ist das schade. So ähnlich ist es als Gesellschaft. Hoffentlich sind wir lernfähig und nehmen ein paar Lektionen aus dieser Krise mit. Dafür braucht es aber eine Fehlerkultur, auch in der Politik. Wir können jetzt nicht ganz Österreich auf die Couch legen. Aber vielleicht wäre es ganz gut, einmal innezuhalten und zu reflektieren, ehrlich und ohne Tabus. Spannend wird sein: Was lernen wir für den Pflegebereich, was lernen wir für den niedergelassenen Bereich? Was lernen wir im Management von Krisensituationen, nicht nur im Gesundheitsbereich? Was lernen die Medien? Was lernt die Politik?

Zum Beispiel werden wir hoffentlich darauf achten, dass sich in Ärztewartezimmern die Leute nicht gegenseitig anhusten. Oder dass wir nachdenken, bevor das kranke Kind zu den Großeltern gegeben oder in die Schule geschickt wird. Da braucht es eine neue Achtsamkeit. Aber die neue Hysterie will ich auch nicht beibehalten. Viren und Bakterien hat es vor uns gegeben und wird es nach uns geben.

Bei dem Gespräch vor einem Jahr ging es schon damals um Exitstrategien aus der Pandemie. Wie sehen die jetzt aus?

Als Pragmatiker sage ich: Es geht darum, dass das Erkrankungsgeschehen wieder auf ein Niveau kommt, dass es ein Hintergrundrauschen wird, das wir akzeptieren. So wie wir Verkehrsverletzte und Verkehrstote akzeptieren, jeden Tag im Schnitt 100 Herzinfarkte, 70 Krebssterbefälle und 200 Krebsneuerkrankungen akzeptieren. Die berechtigte Frage ist: Wie hoch ist der akzeptable Bereich? Das ist eine gesellschaftliche Entscheidung. Wie viel Säuglingssterblichkeit akzeptieren wir? Wie viele Suizide akzeptieren wir? Wie viele Todesfälle aufgrund von Krankenhauskeimen akzeptieren wir? Natürlich wird versucht, auch bei all diesen Problemen, Geld in die Hand zu nehmen und mit guten Konzepten die Zahlen noch weiter zu drücken. Zum Teil gelingt uns das auch.

Sobald SARS-CoV-2 unter diese Wahrnehmungsschwelle fällt, werden wir einfach damit leben. Das bedeutet aber, dass weiter Menschen erkranken und weiter Menschen daran versterben, aber es muss in einen akzeptablen Bereich kommen. Wir werden das Infektionsmanagement weiter professionalisieren und einen Umgang im Alltag entwickeln, weil wir ihn verinnerlicht haben – wie Ampeln, Zebrastreifen und Sicherheitsgurte im Verkehr. Es kann schon sein, dass wir in der winterlichen Virensaison Maßnahmen treffen, die bis dato ungewöhnlich waren. Zum Beispiel, dass man in öffentlichen Verkehrsmitteln wieder zeitlich begrenzt eine Maske trägt, weil wir dann hoffentlich wissensbasiert sehen, dass das was bringt.

Eine „Nullrisikogesellschaft“ gibt es nicht, auch wenn wir uns gegen alles versichern lassen. Das Leben hat ein Restrisiko, und der Staat ist nicht dafür verantwortlich, ein Nullrisiko zu erzeugen – und er kann es auch nicht bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen noch bei Krebserkrankungen. Man kann das Sterben nicht abschaffen.

Ich bin aber zuversichtlich, dass es uns demnächst in Europa gelingt, diese Pandemie in den Griff zu bekommen. Es kommt eine saisonale Entspannung, die Durchseuchung, aber vor allem die Zahl der geimpften Personen nimmt zu. Das alles sollte helfen, dass das Infektionsgeschehen im Herbst nicht noch einmal durchstartet. Zumindest nicht in einem Ausmaß, das uns Sorgen macht. Hoffentlich kann dann der Scheinwerfer darauf auch ausgeknipst oder zumindest gedimmt werden.

Und natürlich werden wir weiter versuchen, den Schaden zu minimieren, aber wir leben dann einfach wieder damit. Im Gesundheitsbereich haben wir mit Pflege und dem Generationenwechsel in der Allgemeinmedizin ohnehin Riesenbaustellen.

Der Public-Health-Experte Martin Sprenger
Privat

Zur Person

Martin Sprenger ist Public-Health-Experte, unterrichtet an zahlreichen Fachhochschulen und Universitäten und war im Frühjahr 2020 Mitglied der Coronavirus-Taskforce des Gesundheitsministeriums.

In den vergangenen Monaten hatte die Pandemie ja einige Überraschungen parat. Gab es Einschätzungen von Ihnen, wo Sie im Nachhinein sagen würden, da lagen sie falsch?

Meine Einschätzung für die Entwicklung des Infektionsgeschehens im Herbst war sicher viel zu positiv. Das hat einerseits damit zu tun, dass ich fest damit gerechnet habe, dass das Contact-Tracing und die Schutzstrategien für die Senioren- und Pflegeheime perfektioniert werden. Andererseits aber auch damit, dass ich überzeugt war, dass ein professionelles Infektionsmanagement im Gesundheits- und Pflegebereich, die geltenden präventiven Maßnahmen und die Vermeidung von Super-Spreader-Events ausreichen werden, um halbwegs gut über den Winter zu kommen. Ich dachte mir, die Leute tragen Masken, es wird Abstand gehalten. Noch nie haben wir so viel unternommen, um es dem Infektionsgeschehen möglichst schwer zu machen.

Für die Influenza-Viren hat es gereicht, die haben wir damit ausradiert. Manche sagen, die Influenza habe in Asien nicht abgehoben und sei damit auch nicht so massiv zu uns gekommen. Aber wir haben das Abheben auch bei uns verhindert, nicht bewusst durch Testen, sondern einfach durch die getroffenen Maßnahmen. Das ist schon ein gewaltiger Kollateralnutzen.

Interessanterweise sind auch Noroviren, auch wenn das ganze andere Viren sind, quasi verschwunden, wie uns das Surveillance-System in der Steiermark zeigt. Die sind für viele Todesfälle in Pflegeheimen verantwortlich, aber auch in Krankenhäusern sind Ausbrüche sehr gefürchtet. Sie sind nicht ganz weg, aber fast weg. Wir wissen gar nicht genau, warum das so ist, es hängt aber wohl mit Hygienemaßnahmen zusammen. Die Rhinoviren wiederum sind für viele Schnupfenerkrankungen verantwortlich, und die ließen sich von den Maßnahmen auch nicht beeindrucken, denen sind die Masken anscheinend egal.

Für SARS-CoV-2 haben die Maßnahmen aber leider nicht gereicht. Selbstkritisch muss ich da sagen, dass wir damals im Sommer noch viel mehr öffentlichen Druck hätten machen sollen, dass die Eindämmungsstrategie und die Schutzstrategie professionalisiert werden muss. Natürlich ist der beste Schutz für die Alters- und Pflegeheime und Risikogruppen ein niedriges Infektionsgeschehen.

Vor allem in den Alters- und Pflegeheimen hat die Schutzstrategie nicht gut funktioniert. Im Herbst war die Sterblichkeit dort so hoch wie in kaum einem anderen Land. Dabei hatten die Behörden sechs Monate Zeit, für sichere Rahmenbedingungen zu sorgen. Auch Antigen-Schnelltests hat es schon in rauen Mengen gegeben. Und dennoch sind noch im Jänner 2021 in steirischen Pflegeheimen Arbeiter ungetestet ein und aus gegangen, um Zweibettzimmer in Einbettzimmer umzubauen. Es geht jetzt nicht darum, einen Schuldigen zu suchen, aber das haben wir versemmelt.

Und zuletzt: Ihre Facebook-Seite ist enorm gewachsen und hat sehr viel Zuspruch. In den Kommentaren findet sich mitunter Haarsträubendes, das auch recht viele Likes bekommt. Wie gehen Sie damit um?

Ich mag Facebook nicht. Deshalb hat meine Facebook-Seite auch ein Ablaufdatum. Das kann morgen oder in ein paar Wochen sein. Spätestens dann, wenn die WHO die Pandemie für beendet erklärt. Nicht alle Kommentare sehe ich. Sollte ich problematische Kommentare sehen, lösche ich sie. Wirklich verantwortlich fühle ich mich für den Inhalt meiner Postings. Die Schuhe des neuen Gesundheits- und Sozialministers sind dort sicher kein Thema :-)