„Grüner Pass“: Abgeordnete für weitgehende Änderungen

Zwischen dem EU-Parlament und den Mitgliedsstaaten bahnt sich ein Streit über die Ausgestaltung des geplanten Impfzertifikats zum Reisen in Europa an. Eine Mehrheit der Abgeordneten stimmte gestern in Brüssel für weitgehende Änderungen an den bisherigen Plänen. Aus Diplomatenkreisen kam scharfe Kritik. EU-Justizkommissar Didier Reynders mahnte zu konstruktiven Verhandlungen, um den Zeitplan bis zum Sommer nicht zu gefährden.

Die EU-Kommission hatte auf Wunsch der Mitgliedsstaaten in der Coronavirus-Pandemie die Einführung eines „Grünen Zertifikats“ in die Wege geleitet. Es soll allen EU-Bürgern zugänglich sein, überall anerkannt werden und so das grenzüberschreitende Reisen erleichtern. Die Details müssen noch zwischen Parlament und Rat der Mitgliedsstaaten ausgehandelt werden.

Die EU-Abgeordneten kritisieren besonders, dass die Mitgliedsstaaten sich vorbehalten wollen, weiterhin auch nachweislich Coronavirus-Geimpften oder negativ Getesteten beim Grenzübertritt Test- und Quarantänepflichten aufzuerlegen. Das dürfe unter der EU-Regelung zum Impfzertifikat nicht gestattet sein, sagte die niederländische Liberale Sophie In’t Veld.

Eine Mehrheit der Abgeordneten stimmte in Folge dafür, dass sich das Parlament in den Verhandlungen für diese Position einsetzen soll. Das Abstimmungsergebnis über die endgültige Verhandlungsposition des Parlaments soll morgen Früh vorliegen.

Weitere offene Fragen

Weiterer Streit droht mit Blick auf russische und chinesische Impfstoffe. Grundsätzlich sollen nur Impfungen mit den in der EU zugelassenen Vakzinen in das Impfzertifikat eingetragen werden können. Die Pläne sehen bisher aber vor, dass Mitgliedsstaaten auch andere Mittel akzeptieren können. Einige EU-Länder, vor allem Ungarn, verimpfen auch das russische Mittel „Sputnik V“ und Impfstoffe chinesischer Produktion.

Die Abgeordneten wollen Impfstoffe ohne EU-Zulassung hingegen grundsätzlich ausschließen. Das sei eine Frage des Vertrauens in das System, sagte In’t Veld. Die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) prüft zwar eine Zulassung von „Sputnik V“, verwies bisher aber auf fehlende Informationen. Eine EU-Zulassung chinesischer Vakzine steht nicht ernsthaft zur Debatte.

Vor dem Hintergrund, dass das Zertifikat auch negative Testergebnisse enthalten soll, sollten die Mitgliedsstaaten nach Ansicht des Parlaments außerdem für „einen allgemeinen, leichten, zeitnahen und kostenlosen Zugang zu Covid-19-Tests sorgen“. Die Abgeordneten heben hier hervor, dass die Kosten für Tests von Land zu Land bisher stark variieren. EU-Justizkommissar Didier Reynders wandte ein, dass die Kostenübernahme für medizinische Leistungen in der Kompetenz der Mitgliedsstaaten liege und nicht von Brüssel aus vorgeschrieben werden könne.