Nawalny nach Hungerstreik wieder vor Gericht

Der inhaftierte Kreml-Kritiker Alexej Nawalny ist erstmals nach der Beendigung seines mehr als dreiwöchigen Hungerstreiks wieder in der Öffentlichkeit zu sehen gewesen. Per Videoverbindung wurde der 44-jährige Oppositionspolitiker heute zu einer Gerichtsanhörung vom Straflager aus zugeschaltet. Er war kahl geschoren und schien merklich an Gewicht verloren zu haben.

Alexej Nawalny wird auf einem Bildschirm in einem Gerichtssaal gezeigt
AP/Babuskinsky District Court Press Service

Im Prozess griff Nawalny erneut Russlands Präsidenten Wladimir Putin an. „Der nackte Kaiser will bis zum Ende regieren, er hat sich an die Macht geklammert“, sagte der Oppositionelle heute nach einem Bericht des unabhängigen Internetsenders Doschd in einem Berufungsverfahren vor Gericht.

Wenn Putin weiter regiere, werde zu einem bereits „verlorenen Jahrzehnt ein gestohlenes Jahrzehnt“ hinzukommen.

Verurteilung wegen Veteranenbeleidigung

Das Gericht bestätigte erwartungsgemäß eine Entscheidung gegen Nawalny von Mitte Februar wegen Beleidigung eines Weltkriegsveteranen. Dem Urteil zufolge muss der 44-Jährige 850.000 Rubel (rund 9.400 Euro) Strafe zahlen – etwa das Doppelte eines durchschnittlichen Jahresgehalts in Russland. Seine Anwälte kündigten an, vor den Europäischen Menschengerichtshof zu ziehen.

Hintergrund war seine Kritik an einem Video, das das Staatsfernsehen im Sommer ausgestrahlt hatte. Darin warben mehrere Bürgerinnen und Bürger – auch ein 94-jähriger Veteran – für eine Verfassungsänderung, die der Sicherung von Putins Macht dient. Nawalny beschimpfte die Protagonisten auf dem Kurznachrichtendienst Twitter damals als „Verräter“. Das wurde ihm als Veteranenbeleidigung ausgelegt.