Rettungskräfte nach einer Massenpanik in Israel
APA/AFP
Bei religiösem Fest

Dutzende Tote bei Massenpanik in Israel

Bei einer Massenpanik bei einem jüdischen Fest im Norden Israels sind nach offiziellen Angaben 44 Menschen ums Leben gekommen. Mindestens 150 Menschen wurden verletzt, Dutzende von ihnen mussten ins Spital gebracht werden, mehrere schweben in Lebensgefahr. Rund 100.000 ultraorthodoxe Juden hatten auf dem Berg Meron das Lag-Baomer-Fest gefeiert. Behörden hatten die Teilnahme begrenzt, die Feiern aber trotz weiter vorherrschender Pandemie nicht verboten.

Behördlich war die Teilnehmerzahl auf 10.000 beschränkt worden. Es war aber seit Wochen klar, dass um ein Vielfaches mehr Menschen zum Grab von Rabbi Schimon bar Jochai pilgern werden. Entsprechend war vor allem von Epidemiologen und Virologinnen ein Verbot gefordert worden. Die Regierung entschloss sich aber gegen ein Verbot – das dürfte nach der Tragödie nun auch zu politischen Debatten führen.

Laut dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk Kan kamen allerdings weniger Menschen als von der Polizei befürchtet. Augenzeugen berichteten von gefährlichem Gedränge. Nach ersten Erkenntnissen begann die Massenpanik, als Menschen auf einer abschüssigen Rampe mit Metallboden und Wellblechtrennwänden auf beiden Seiten ins Rutschen kamen. Die dicht gedrängten Feiernden fielen dann übereinander.

Gläubige feiern Lag B’Omer
Reuters
Um die Menschenmengen zu fassen, wurden am Wallfahrtsort Tribünen errichtet

Vorwürfe gegen Polizei

Augenzeugen warfen der Polizei vor, sie habe Leute in das abgesperrte Areal gelassen, obwohl es schon extrem voll gewesen sei. Nach Beginn der Panik habe die Polizei dann nicht schnell genug Ausgänge auf der anderen Seite geöffnet, so die Kritik. Insgesamt waren rund 5.000 Sicherheitskräfte im Einsatz.

Der frühere Polizeichef von Nordisrael, Sohar Dvir, betonte gegenüber dem TV-Sender Kan auf die Frage, ob das nicht ein Versagen der Polizei sei, dass die Feierlichkeiten von Jahr zu Jahr größer geworden seien. Das Gelände biete nicht genügend Platz, um es für den Ernstfall einer Massenpanik entsprechend vorzubereiten. Schon zu seiner Zeit habe man befürchtet, dass so ein Vorfall in einer Tragödie enden würde.

Eine der schlimmsten Katastrophen

Der Sprecher des israelischen Rettungsdienstes Zaka, Motti Buchin, nannte die Massenpanik eine „nationale Katastrophe“. „44 Menschen, die Freude erleben wollten und die in Leichensäcken zurückkommen“, sagte er. „44 Familien, für die eine Welt zusammenbricht. Wir können jetzt nicht einfach zur Tagesordnung übergehen“, so Buchin zur israelischen Nachrichtenwebsite Ynet.

Es handelt sich um eine der schlimmsten zivilen Katastrophen der israelischen Geschichte. Angehörige suchten laut Medienberichten auch am Freitag weiter nach Vermissten. Viele der Opfer werden noch im Verlauf des Tages – vor Beginn des Sabbat – begraben werden.

Bestürzung bei Politik

Die Spitzen der Politik von Staatspräsidsent Reuven Rivlin abwärts zeigten sich tief bestürzt, kondolierten den Angehörigen der Todesopfer und wünschten den Verletzten rasche Erholung. Heuer war der Andrang besonders groß, weil der Feiertag nach dem jüdischen Mondkalender kurz vor den Sabbat fiel, vor dessen Beginn Freitagabend das Gros der Feiernden zu Hause sein wollte.

Erinnerung an Aufstand gegen Römer

Lag Baomer ist ein Freudenfest, bei dem – mit großen Lagerfeuern – unter anderem an den jüdischen Aufstand gegen die römischen Besatzer unter Rebellenführer Bar Kochba erinnert wird. Der Aufstand war im Jahre 132 ausgebrochen und rund drei Jahre später niedergeschlagen worden. Der Überlieferung nach endete am Tag von Lag Baomer eine Epidemie, an der damals zahlreiche jüdische Religionsschüler starben.

Zahlreiche Tote bei Massenpanik in Israel

Bei einer Massenpanik im Norden Israels sind mindestens 44 Menschen ums Leben gekommen, mindestens 150 sind teils schwer verletzt. Zu dem Gedränge kam es bei den Feierlichkeiten zum jüdischen Feiertag Lag Baomer, an denen Zehntausende Gläubige teilnahmen.

Rabbi Schimon bar Jochai, der auch an dem Aufstand gegen die Römer beteiligt war, liegt auf dem Meron-Berg begraben. Sein Grab ist ein Wallfahrtsort, den an dem Feiertag jedes Jahr Tausende besuchen. Im vergangenen Jahr waren die Feiern wegen der Pandemie stark eingeschränkt worden, doch inzwischen sind die Infektionszahlen deutlich gesunken und die Regeln wieder gelockert.