Sozial- und Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein.
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Gegen Impfpflicht

Mückstein will Unentschlossene aufklären

Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) will bei der CoV-Impfung noch unentschlossene Menschen verstärkt ansprechen. „Meine Zielgruppe sind die, die schwanken – und die müssen wir jetzt in den nächsten Wochen erreichen und ihnen erklären, wie wichtig das ist“, sagte er im APA-Gespräch, jedoch: „Ich bin gegen eine Impfpflicht.“ In der neu aufgetretenen CoV-Variante B.1.617 sieht der Gesundheitsminister keine Gefahr für die geplanten Öffnungsschritte.

Mückstein betonte, „dass wir geimpfte Menschen brauchen, um die Pandemie zu beenden, damit wir wieder alle zurück in unser altes Leben finden. Das werden wir nur mit Impfen schaffen, das werden wir aber nicht mit Testen schaffen.“ Bei einer Impfpflicht stelle sich die Frage, was mit den Menschen passiert, die sich nicht impfen lassen wollen. „Auch das muss man respektieren“, sagte der Minister. Strafen machen „keinen Sinn“. Er wolle die Bevölkerung mit Aufklärung erreichen. Außerdem gebe es Gruppen, die nicht geimpft werden können.

Spätestens Mitte Mai könnten die Bundesländer beginnen, auch in Betrieben zu impfen. „Wenn wir wissen, dass wir mit spätestens Mitte, Ende Juni so viele Impfdosen in Österreich haben werden, dass wir Leute suchen werden müssen, die sich impfen lassen“, dann sei jede zusätzliche Möglichkeit gut. Auch die Impfung bei niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten könne „Lücken schließen“. Die Länder sollten dabei selbst entscheiden, was sie zuerst machen.

Der Weg Niederösterreichs, die Anmeldung für Impfungen für alle ab 16 Jahren ab dem 10. Mai freizuschalten, sei gut, „um eine Perspektive zu geben“. Diese Woche seien 650.000 Dosen nach Österreich gekommen, und „es kommen jetzt jede Woche durchschnittlich 500.000 Impfdosen nach Österreich, und das wird sich auch nicht mehr ändern“, versicherte der Minister. „Das gemeinsame Ziel ist, dass jeder impfwillige erwachsene Österreicher und jede impfwillige erwachsene Österreicherin mit Ende Juni, Anfang Juli geimpft ist.“

Gegen Impfungen in Apotheken

Impfungen durch Apotheken will der Allgemeinmediziner Mückstein vorerst nicht ermöglichen. Es gebe „genug Impfmöglichkeiten“, und es sei „nicht klug“, in der dritten Welle ein System umzustellen. „Was im Herbst ist oder was 2022 ist, darüber kann man reden“, zeigte sich der Ressortchef aber offen für die „grundsätzliche Diskussion, wo welche medizinische und therapeutische Leistung angeboten wird“.

Bild zeigt eine Person bei der Imfung im Austria Center in Wien.
APA/Georg Hochmuth
Diejenigen, die sich noch unsicher sind, will Mückstein von einer Impfung überzeugen

Bestimmte Berufsgruppen neben Gesundheitspersonal, Pädagoginnen und Pädagogen sowie Polizistinnen und Polizisten sollen vorerst nicht bei Impfungen vorgezogen werden. Diesbezüglich angesprochen auf Aussagen von Komplexitätsforscher Peter Klimek, wonach es aus Norwegen eindeutige Belege für Ansteckungen in Gastronomiebetrieben gibt, sagte Mückstein, es gebe auch Daten aus Vorarlberg, dass Lagerarbeiter in Klein- und Mittelbetrieben sich leichter anstecken oder auch prekäre Arbeitsverhältnisse grundsätzlich zu verstärkten Ansteckungen führen. Es sei von der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) und der MedUni Graz eine Evaluierung beauftragt, „die wir in den nächsten ein, zwei Monaten erwarten, damit wir daraus lernen können“.

TV-Hinweis

„Thema Spezial“ widmet sich am Montag um 21.09 Uhr in ORF2 der „Impfentscheidung“.

Wissenschaftliche Auswertung sei ganz wichtig, „aber die Daten gehören selbstverständlich hier ins Haus“, erteilte der Gesundheitsminister dem Wunsch des Chefs des Dachverbands der Sozialversicherungsträger, Peter Lehner (ÖVP), eine Absage, die Daten bei der Sozialversicherung zu sammeln. Zu den Intensivkapazitäten sagte Mückstein: „Wenn das nicht mehr sichergestellt werden kann, dass die Intensivkapazitäten da sind, dann müssen Operationen verschoben werden und dann kommt es auch mittelfristig zu mehr Todesfällen“, unterstrich er seine „höchste Maxime“, eine Überlastung der Intensivstationen zu verhindern.

„Indische Variante gefährdet Öffnungsplan nicht“

Die neue in Indien aufgetretene CoV-Variante B.1.617, von der es schon Verdachtsfälle in Salzburg und im Burgenland gibt, gefährdet den Öffnungsplan für den 19. Mai „aus heutiger Sicht nicht“, sagte der Gesundheitsminister. Er verwies darauf, dass die Einreisebestimmungen aus Indien nach Österreich bereits verschärft worden seien und Salzburg, das Burgenland wie auch die anderen Bundesländer beim Contact-Tracing „sehr konsequent“ vorgingen.

„Wir machen es der Virusvariante aus Indien also sehr schwer, sich hierzulande zu verbreiten“, gab sich Mückstein zuversichtlich. „Ich möchte auch darauf hinweisen, dass die WHO die indische Variante bisher noch nicht als ‚variant of concern‘, also besorgniserregend, einstuft, wie etwa die britische“, erklärte der Minister. „Der Öffnungsplan für den 19. Mai ist somit aus heutiger Sicht nicht gefährdet.“

„Vertretbar“: Testpflicht nach erster Teilimpfung entfällt

Um ab 19. Mai wieder Lokale, Hotels und Kultureinrichtungen besuchen zu können, muss man nachweisen, dass man getestet, genesen oder geimpft ist. Der Nationalrat legt am Montag die rechtlichen Schienen dafür, dass Geimpfte den Getesteten gleichgestellt werden. Die Testpflicht entfällt dann, wenn die erste Teilimpfung mindestens drei Wochen her ist.

Zuletzt hatte der Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) kritisch angemerkt, dass ein voller Schutz erst nach der zweiten Impfung gegeben sei. „Das ist natürlich eine Abwägungssache. Es bleibt immer ein kleines Restrisiko da“, räumte Mückstein ein. Aber, so der Minister, „das ist aus meiner Sicht vertretbar“, denn man folge damit der Empfehlung der Experten des Nationalen Impfgremiums. Es gehe dabei auch um eine Entlastung der Testkapazitäten.

Selbsttests sollen gelten

Mit 19. Mai wird es noch verschiedene Nachweise als Eintrittskarte geben, denn eine digitale Lösung in Form eines QR-Codes erwartet Mückstein erst etwas später. „Hier müssen wir sehr auf den Datenschutz achten“, betonte der Minister. „Ich erwarte mir nicht vor Anfang Juni eine Lösung, die datenschutzkonform diesen QR-Code erlaubt.“ Ab Juni werde es also in Österreich „Pilotversuche“ geben mit dem Ziel, dann ab Juli ein „Grünes Zertifikat“ in der EU zu haben.

Selbsttests sollten in Österreich akzeptiert werden, kündigte Mückstein an. Der Minister appellierte aber dennoch an alle, das als sicherer geltende Testangebot in den Teststraßen, Apotheken und Betrieben wahrzunehmen. Die „Wohnzimmertests“ werden auch nur 24 Stunden gültig sein. Beaufsichtigte Antigen-Tests gelten 48, PCR-Tests 72 Stunden. Kinder brauchen ab zehn Jahren einen Test, wobei noch nicht endgültig geklärt ist, ob auch die Schultests fürs Kaffeehaus zugelassen werden. Mückstein geht aber davon aus, dass das der Fall sein wird.

Harter Lockdown endet am Montag

Mit Sonntag endet der harte Lockdown in Wien und Niederösterreich, die Geschäfte und Friseursalons dürfen ab Montag wieder aufsperren. Die Neuansteckungen in Wien gehen zurück, die Intensivkapazitäten bereiten dem Minister aber noch Sorgen: „Da ist keine Entspannung zu sehen.“ Die „sanften Öffnungsschritte“ hält Mückstein dennoch für „vertretbar“.

Auch im Osten werde man aber genau hinschauen müssen, wie sich die Situation bis zum 19. Mai verändert, ebenso in Vorarlberg, wo die Zahlen durch die Öffnungsschritte wieder gestiegen sind. Genau im Auge hat der Gesundheitsminister auch Tirol, wo man zuletzt mit der neuen Fluchtmutante B1.1.7-E484K konfrontiert war. Die Zahlen sanken zuletzt zwar wieder, aber: „Entwarnung würde ich nicht sehen.“