Bild zeigt die Silhouette einer Frau.
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Frauenmorde

Appell an „Verantwortung der Männer“

Im Vorfeld des für Montag anberaumten Gipfels zu den jüngsten Frauenmorden hat Sozialminister Wolfgang Mückstein (Grüne) an die „Verantwortung der Männer“ appelliert. Um Frauen besser zu schützen, müsse man auch bei der Prävention und Aufklärung ansetzen, das habe höchste Priorität, so der Minister, der eine breite Kampagne zum Thema ankündigte. „Wer Hilfe sucht, zeigt Stärke“, sagte er.

Die jüngsten Morde machten ihn als Mann und Vater „traurig und wütend“, so Mückstein in einer Pressekonferenz gemeinsam mit Klubobfrau Sigrid Maurer (Grüne). Es mache ihn auch „fassungslos“, dass in die Taten „Beziehungsdramen“ hineininterpretiert würden oder den Frauen eine Mitschuld gegeben werde: „Mord ist Mord ist Mord“, so Mückstein. Da gebe es keinen Interpretationsspielraum und keine Grauzone, die Verantwortung liege zu „100 Prozent“ bei den Männern.

Er habe in seiner Praxis selbst genug Beispiele gesehen von misshandelten Frauen, die keine Anzeige gemacht hätten, aus Scham, Angst und Sorge um die Familie. Opferschutz und Prävention etwa durch verstärkte Männerberatung habe für ihn nun oberste Priorität. Mückstein bedankte sich auch bei der Frauenministerin Susanne Raab und Innenminister Karl Nehmmer (beide ÖVP), dass sie sich des Themas angenommen hätten, und etwa Stellen stärken wollen, die sich mit Opfern von Gewalt auseinandersetzen.

Mückstein plant Info-Kampagne gegen Gewalt gegen Frauen

Nach dem neunten Frauenmord in diesem Jahr wird die Politik aktiv. Am Montag ist ein Regierungsgipfel zur Gewaltprävention geplant. Schon am Tag davor kündigt Sozialminister Wolfgang Mückstein (Grüne) eine Informationskampagne an.

Kampagne für bestehende Angebote

Viele Buben würden noch immer lernen, dass „es okay ist, wenn man dem anderen aufs Maul haut“, stellten Mückstein und Maurer tradierte Rollenbilder infrage: Von Männern werde erwartet, dass sie hart seien und Probleme selbst lösten. Jeder aber kenne das Gefühl, „wenn alles zu viel wird“, Gefühle wie Angst und Frustration seien in der Pandemie auch sicher nicht besser geworden, aber wenn das Gefühl in Hass umschlage, müssten die Warnsignale erkannt werden. Die Pandemie und der Lockdown seien aber keine Erklärung für die jüngste Gewalt, betonte der Minister.

Beratung für Männer

Er wolle nun in einer breit angelegten Kampagne die vielen bestehenden Beratungsangebote bekannter machen und „an den Mann bringen“, so Mückstein weiter. Die Kampagne wolle man mit Experten und Expertinnen etwa vom Dachverband für Burschen-, Männer- und Väterarbeit ausarbeiten. Mit der Kampagne wolle man auch „überzogene Bilder von harter Männlichkeit durchbrechen“, so Maurer. Die Kampagne sei aber nur ein erster Schritt, weitere mögliche Schritte müsse man sich, auch mit Raab und Nehammer, ansehen, ebenso wie einen möglichen Ausbau der Kapazitäten bei den bestehenden Angeboten, sagte Mückstein.

Mückstein und Maurer waren sich einig, dass die bestehenden Opferschutzrechte grundsätzlich ausreichen, um von männlicher Gewalt betroffenen Frauen Schutz zu bieten. Es gehe nun aber darum, Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen bei der Polizei, den Staatsanwaltschaften und Gerichten verstärkt in diesem Bereich zu sensibilisieren und den Informationsaustausch zwischen Polizei und Interventionsstellen bzw. Opferschutzeinrichtungen zu verbessern. Hass gegen Frauen beginne oft schon „im Kleinen, bei der Sprache“, so Maurer, es brauche eine breite Debatte.

Sicherheitsgipfel mit breiter Beteiligung

Raab hatte am Freitag einen Sicherheitsgipfel angekündigt. Man wolle mit den neun Landespolizeidirektoren und Landeskriminalamtsleitern eine weitere Intensivierung des Instruments der Fallkonferenzen in allen Bundesländern thematisieren. „Für eine einheitliche und standardisierte Abwicklung dieser Fallkonferenzen, die mit dem 1. Jänner 2020 ins Gewaltschutzgesetz aufgenommen wurden und seither als Instrument zur Prävention von Gewalttaten zur Verfügung stehen, wurde ein Leitfaden entwickelt“, hieß es.

Das Frauenministerium und das Bundeskriminalamt wollen außerdem eine qualitative Untersuchung aller Tötungsdelikte an Frauen in den vergangenen zehn Jahren in Auftrag geben. Damit sollen wichtige Erkenntnisse über polizeiliche Maßnahmen vor Tötungsdelikten – etwa ob es im Vorfeld eine Wegweisung oder ein Betretungsverbot gab – über die Täter und ihre Motivlage gewonnen werden. Man wolle bei dem Gipfel besonderes Augenmerk auf Hochrisikofallkonferenzen legen, die in sämtlichen Bundesländern verankert werden sollen, so Maurer am Sonntag.

Nehammer und Raab wollen zudem die Sensibilisierungskampagne gegen häusliche Gewalt an Frauen und Mädchen intensivieren, die während des ersten Lockdowns im vergangenen Frühjahr gestartet worden war. „Ich möchte, dass jede betroffene Frau und jedes Mädchen, aber auch ihr Umfeld weiß, dass es einen Weg aus der Gewaltspirale gibt. Sie müssen nicht allein mit der Situation zurechtkommen, es gibt Hilfe und Unterstützung. Daher ist es auch wesentlich, dass wir die Infokampagne weiter ausbauen und intensivieren. Es gibt einen Zufluchtsort für jede Frau, die von Gewalt betroffen ist“, sagte Raab am Freitag.

Kunstschaffende fordern mehr Geld für Frauenhäuser

Für mehr Aufklärung setzen sich auch über 200 Kunst- und Kulturschaffende ein. Sie starteten unter dem Titel „Gegen Gewalt an Frauen. Frauenmorde – Es geht uns alle an“ einen Aufruf, für den ab Montag Unterstützungserklärungen gesammelt werden. Sie fordern eine klare Verurteilung von Gewalt an Frauen durch alle politischen Funktionsträger und Funktionsträgerinnen sowie eine großangelegte Infokampagne und mehr Unterstützung für Frauenhäuser. Zu den Unterzeichnenden gehören unter anderen Barbara Frischmuth, Marlene Streeruwitz, Doron Rabinovici, Günter Tolar und Karl Markovics.