Windräder im Burgenland
ORF.at/Roland Winkler
EU-Aufbaupläne

Österreich reichte für 4,5 Mrd. Euro ein

Österreich hat am Abend des 30. April und damit gerade noch fristgerecht vor Ende des Monats den nationalen Plan für den europäischen Wiederaufbaufonds an die EU-Kommission übermittelt. Darin werden Projekte im Wert von 4,5 Mrd. Euro angeführt, auch wenn aus heutiger Sicht nur etwa 3,5 Mrd. Euro an Förderungen fließen dürften. „Wir werden uns jeden Euro zurückholen, der uns zusteht“ sagte dazu Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP).

Wie viel Geld genau von der EU nach Österreich fließt, wird von der endgültigen Wirtschaftsentwicklung zwischen 2019 und 2021 abhängen. Die nun eingereichten Projekte kommen zu 60 Prozent (2,7 Mrd. Euro) von den Ländern. Österreich habe „einen ambitionierten und zukunftsorientierten Plan eingereicht“, so Blümel.

Damit baue man den – auch von der EU geforderten – Schwerpunkt bei der Ökologisierung und Digitalisierung stärker aus und setze zugleich das gemeinsame Regierungsprogramm um, so Blümel. „Wir haben einen vernünftigen Mix zwischen den unterschiedlichen Vorschlägen von Ländern und Stakeholdern, den wirtschaftspolitischen Zielen für den Wiederaufbau sowie den vorgegebenen Schwerpunkten der EU erreicht.“

46 Prozent sollen in Bereich Ökologisierung fließen

Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) hob hervor, dass 46 Prozent der Mittel in die Ökologisierung fließen, etwa die Umstellung auf emissionsfreie Busse oder einen Reparaturbonus. Zugleich werde auf die soziale Gerechtigkeit geachtet, etwa mit der Verwendung der EU-Mittel zur Unterstützung von Menschen mit geringem Einkommen bei der thermischen Sanierung.

Finanzminister Gernot Blümel
APA/Roland Schlager
Die Regierung will vor allem Ökologisierungsprojekte mit dem EU-Geld vorantreiben

Für Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) ist der Plan „ein wichtiges Instrument, damit sich Europa rasch erholt und global wettbewerbsfähig bleibt“. Die Umsetzung in Österreich berücksichtige die unterschiedlichen Anregungen verschiedener Beteiligter, die ersten Rückmeldungen der Kommission seien „außerordentlich positiv“ gewesen.

Regierung: Zwei Drittel der Projekte neu

Auch wenn die Zuschüsse nur rund 3,5 Mrd. Euro betragen dürften, will man mit einer höhere Einreichungssumme sicherstellen, dass alle möglichen Zuschüsse abgedeckt sind, heißt es in dem im Internet veröffentlichten Dokument. Viele dieser Projekte fanden sich bereits im heimischen Regierungsprogramm der derzeitigen Legislaturperiode. Zwei Drittel der Maßnahmen seien bisher in der Budgetplanung nicht enthalten gewesen und damit neu – das könne auch die Aufstockung bekannter Maßnahmen bedeuten.

46 Prozent also sollten Klimaschutzzwecken zugute kommen, und 41 Prozent trieben die Digitalisierung voran, heißt es in dem Aufbauplan. Die von der EU für diese Bereiche geforderten Anteile würden damit deutlich übertroffen. Auch sei sichergestellt, dass keine der Maßnahmen den EU-Umweltzielen widerspricht.

1-2-3 Ticket Teil der Einreichung

Für das Kapitel „Nachhaltiger Aufbau“ sind in Österreichs Aufbauplan 1,5 Mrd. Euro veranschlagt. Der größte Brocken in diesem Kapitel entfällt mit knapp 850 Mio. Euro auf umweltfreundliche Mobilität. Darunter werden das 1-2-3-Ticket ebenso angeführt wie die Förderung emissionsfreier Busse und Nutzfahrzeuge inklusive der dazugehörigen Infrastruktur, der Bahnausbau und die Elektrifizierung von Regionalstrecken.

Weitere große Bereiche sind 209 Mio. Euro für die Sanierungsoffensive, also den Austausch von Öl- und Gasheizungen sowie die Bekämpfung von Energiearmut, 350 Mio. Euro für die Förderung der Kreislaufwirtschaft, wobei insbesondere die Sammelquoten für Kunststoffverpackungen und der Anteil von Mehrweggebinden erhöht werden sollen, und 100 Mio. Euro für die Transformation der Industrie zur Klimaneutralität.

Digitalisierung mit 1,8 Mrd. dotiert

Das Kapitel Digitalisierung ist mit 1,8 Mrd. Euro dotiert, davon 890 Mio. Euro für den Breitbandausbau. 605 Mio. Euro sind für die Digitalisierung und Ökologisierung von Unternehmen vorgesehen, 171 Mio. Euro für die Digitalisierung an Schulen, insbesondere Computer für Schüler und 160 Mio. Euro für die Digitalisierung der Verwaltung.

Die dritte Komponente des heimischen Aufbauplans wird als „wissensbasierter Aufbau“ zusammengefasst und mit 870 Mio. Euro dotiert. Darunter fallen Maßnahmen zur Qualifizierung von Arbeitnehmern (277 Mio. Euro), Bildungsförderung, etwa Unterstützung für Schülerinnen und Schüler, damit sie die in der Pandemie versäumten Inhalte nachholen können, und der Ausbau der Elementarpädagogik (130 Mio. Euro) sowie Forschungsförderung. Unter letzterem Punkt stehen einerseits österreichische Forschungsschwerpunkte (212 Mio. Euro), andererseits die Beteiligung an großen europäischen Projekten mit (250 Mio. Euro).

Forschung und Innovation

Im Forschungs- und Innovationsbereich finden sich drei konkrete Projekte mit einem Gesamtvolumen von 212 Millionen Euro im Wiederaufbauplan. Bereits Anfang der Woche stellten Bundeskanzler Sebastian Kurz und Bildungsminister Heinz Faßmann (beide ÖVP) die Pläne für ein Institut für Präzisionsmedizin (Austrian Institute of Precision Medicine) an der Medizinischen Universität (MedUni) Wien vor, das bis 2026 mit 75 Millionen Euro aus dem EU-Topf errichtet werden soll.

Für ein Stärkefeld der heimischen Wissenschaft, die Quantenforschung, ist ein 107 Mio. Euro schweres Förderprogramm geplant. Neben diesem Projekt unter dem Namen „Quantum Austria“ sollen auch 30 Mio. Euro aus dem Wiederaufbaufonds für die digitale Forschungsinfrastruktur der Universitäten aufgewendet werden. Je 125 Mio. Euro sollen im Rahmen zweier Beteiligungen an forschungsintensiven „Important Projects of Common European Interest“ (IPCEI) nach Österreich fließen. In dem Papier genannt werden die IPCEIs „Mikroelektronik und Konnektivität“ und „Wasserstoff“.

Soziale Maßnahmen für „gerechten Aufbau“

Soziale Maßnahmen sind im vierten Kapitel „gerechter Aufbau“ zusammengefasst. Darunter fallen 125 Mio. Euro im Gesundheitssektor, etwa die Entwicklung des elektronischen Mutter-Kind-Passes, und Frühhilfen für sozial benachteiligte Schwangere und ihre Familien. 104 Mio. Euro sind für „resiliente Gemeinden“ reserviert, in dieses Kapitel fällt es einerseits, Ortskerne „klimafit“ zu machen, aber auch der Aufbau eines Systems des „Community Nursing“ um 54 Mio. Euro ist hier zu finden. Das sind Personen, die Sozial- und Gesundheitsmaßnahmen koordinieren.

Die Entwicklung eines Baukulturprogramms, die Erarbeitung einer nationalen Digitalisierungsstrategie für das Kulturerbe sowie die Sanierung des Volkskundemuseums Wien und der Prater Ateliers finden sich im Kulturkapitel des heimischen Aufbau- und Resilienzplans der EU. Weiters geplant ist auch ein Investitionsfonds „Klimafitte Kulturbetriebe“.

Insgesamt sollen für die Kulturvorhaben 66,5 Mio. Euro fließen. Das entspricht rund 1,5 Prozent des Gesamtvolumens von 4,5 Mrd. Euro. Für die Renovierung des Volkskundemuseums und der Prater Ateliers sind 35 Mio. Euro veranschlagt, für die Digitalisierungsoffensive Kulturerbe soll es 16,5 Mio. Euro geben. Der Investitionsfonds „Klimafitte Kulturbetriebe“ soll mit 15 Mio. Euro dotiert werden. Während das Volkskundemuseum nach der Renovierung 2026 wieder eröffnet werden soll (Baubeginn 2024), sollen die Prater Ateliers bereits 2024 eröffnen und Künstlern zur Verfügung stehen.

Kritik von FPÖ

Auch zahlreiche gesetzliche Anpassungen werden im Kapitel „gerechter Aufbau“ erwähnt, von der Anhebung des gesetzlichen Pensionsalters bis zur CO2-Bepreisung im Rahmen der ökosozialen Steuerreform. Alle im Aufbauplan angekündigten Maßnahmen sollen wie von der EU verlangt bis 2026 umgesetzt werden. Die Bundesregierung weist zugleich darauf hin, dass es zusätzlich zu diesem offiziell „Aufbau- und Resilienzfazilität (ARF)“ genannten Förderprogramm auch ein breiter gefasstes Nationales Reformprogramm (NRP) gibt, das weitere Maßnahmen umfasst.

Kritik kommt unterdessen von der FPÖ: Die freiheitliche EU-Sprecherin Petra Steger ortet „Fake News“ von Schwarz-Grün, wenn behauptet werde, man werde sich jeden Euro zurückholen. „In Wahrheit könnten die österreichischen Steuerzahler am Ende fast das Dreifache dessen berappen müssen, was uns die EU jetzt gibt.“ Denn Österreich werde 9,6 Milliarden Euro stemmen müssen für nur 3,7 Milliarden an Rückflüssen. Rund sechs Milliarden Steuergeld würden an andere Länder und die EU-Bürokratie verschenkt. Die ÖVP habe damit den Weg in die Schuldenunion endgültig geebnet – verbunden mit der massiven Gefahr, dass für die Tilgung der 750 Milliarden Euro am Ende sogar EU-Steuern eingeführt werden, so Steger.

13 EU-Staaten reichten fristgerecht ein

13 von 27 EU-Staaten haben bis Samstagvormittag ihre Anträge auf europäische CoV-Hilfen bei der EU-Kommission eingereicht. Somit haben neben Österreich auch Deutschland, Frankreich, Portugal, Griechenland, die Slowakei, Dänemark, Spanien, Lettland, Luxemburg, Belgien, Italien und Slowenien ihren Plan abgegeben. Fristende war am Freitag, allerdings war das nach Angaben der Brüsseler Behörde nur ein „Orientierungsdatum“. Die EU-Kommission prüft die Anträge nun.

Die EU-Staaten hatten im Sommer 2020 ein 750 Milliarden Euro schweres Programm namens Next Generation EU vereinbart, um die tiefe Coronavirus-Wirtschaftskrise zu überwinden und wichtige Zukunftsinvestitionen zu finanzieren. In den nationalen Aufbauplänen müssen die Staaten im Detail darlegen, wofür sie ihren Anteil des Gelds aus dem Aufbaufonds RRF verwenden wollen. Das meiste Geld soll Italien bekommen, weil es 2020 am schwersten von der CoV-Wirtschaftskrise getroffen wurde. Rom beantragte laut dpa 191,5 Milliarden Euro aus Zuschüssen und Krediten.