Experte: Rückkehr zu Vollbetrieb in Schulen kommt zu früh

Am 17. Mai sollen alle Schulen in Österreich in den Vollbetrieb zurückkehren und auch die über Zehnjährigen wieder jeden Tag in der Klasse dem Unterricht folgen.

Für Michael Wagner, Mikrobiologe an der Uni Wien und Initiator einer Studie zur CoV-Dunkelziffer an Schulen, kommt diese Maßnahme etwas zu früh. „Für mich als Wissenschaftler ist das die Wiederholung eines Experiments, das an sich, wenn sich die Rahmenbedingungen nicht ändern, nicht gutgehen kann.“

„Die Schulen haben in der dritten Welle eine wichtige Rolle gespielt, Kinder und Jugendliche hatten die höchsten Altersgruppeninzidenzen“, so Wagner im Gespräch mit der APA. Schon im Februar, als in Ostösterreich die ansteckendere britische Mutation bereits vorherrschend war und die Schulen nur im Schichtbetrieb geöffnet wurden, habe man gesehen, dass man den Anstieg der Infektionen mittels breiten Einsatzes von Antigen-Schnelltests nur verlangsamen, aber nicht kontrollieren kann.

„Immer noch sehr hohes Risiko“

Zwar gebe es nun wärmeres Wetter. Niemand könne aber seriös sagen, wie stark sich das auf das Infektionsgeschehen auswirke. Auch der Impffortschritt sei noch nicht so weit, dass man sich in Sicherheit wiegen könne. „Wir können Glück haben, weil jetzt bessere Rahmenbedingungen sind. Aber es ist immer noch ein sehr hohes Risiko, dass diese Öffnungen ein Stück zu früh kommen.“

Bei der Elterngeneration der Schulkinder beginne die Impfung erst mit Ende Mai oder im Juni. „Das bedeutet, wir haben ein bis zwei ungeschützte Monate für viele Leute, die durchaus anfällig für einen schweren Krankheitsverlauf sind“, so Wagner mit Blick auf die Intensivstationen, wo das Durchschnittsalter mittlerweile knapp über 60 liegt.

„Jüngere Kinder werden Hotspot werden“

Dass nun bei den über Zehnjährigen von Schicht- auf Vollbetrieb umgestellt wird, werde sich auf jeden Fall auch in den Infektionszahlen niederschlagen, erwartet Wagner. Immerhin seien Aerosole der Hauptübertragungsweg von CoV – und je mehr Personen in einem Raum sind, umso höher die Wahrscheinlichkeit, sich anzustecken, selbst wenn man regelmäßig lüftet.

Vor diesem Hintergrund ist für Wagner auch unverständlich, wieso in den Volksschulen nur eine Maskenpflicht abseits des Sitzplatzes gilt (nur in der Unterstufe muss durchgehend Mund-Nasen-Schutz und in der Oberstufe FFP2-Maske getragen werden).

Gleichzeitig würden bei den Volksschülerinnen und Volksschülern, die die Hygieneregeln am wenigsten einhalten können, auch die am wenigsten aussagekräftigen Tests eingesetzt, die nur jede fünfte Infektion tatsächlich erkennen. „Die jüngeren Kinder werden deshalb sicher ein Hotspot werden“, erwartet Wagner. „Hier müsste man eigentlich schnell genauer hinschauen und Maßnahmen setzen.“