Ermittler der Polizei an einem Tatort
APA/Georg Hochmuth
Vor Ministerteffen

Forderungen, um Femizide zu verhindern

Wenige Tage nach dem bereits neunten Frauenmord in diesem Jahr beraten Innenminister Karl Nehammer, Frauenministerin Susanne Raab (beide ÖVP) und Justizministerin Alma Zadic (Grüne) über Maßnahmen. Nicht eingeladen sind Opferschutzorganisationen. Sie erhoben allerdings im Ö1-Morgenjournal am Montag mehrere ganz konkrete Forderungen.

Rosa Logar, Leiterin der Wiener Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie, nannte als erste Notwendigkeit mehr Budget für die Betreuung von Opfern von Gewalt. Es brauche mehr Personal, denn derzeit reiche das Geld nur, um ein Opfer pro Jahr fünf Stunden zu betreuen. Daher sei derzeit nur kurzfristige Hilfe möglich.

Doch Gewaltbeziehungen zu beenden, aus ihnen auszusteigen gehe nicht schnell, sondern brauche Zeit. Man wisse, dass die Gewalt gerade dann zunehme, wenn ein Opfer versuche, sich zu trennen, so Logar.

Bei Anzeige Annäherungsverbot

Außerdem forderte sie einen besseren Schutz für die Opfer. Es müssten mehre Betretungs- und Annäherungsverbote verhängt werden. Dieses Instrument wird nach Logars Ansicht zu wenig eingesetzt. Sie plädierte dafür, dass es generell bei jeder Anzeige angewandt werden sollte, sofern ein strafrechtlicher Tatbestand vorhanden ist, „etwa auch bei Stalking“, so Logar.

Die dritte Forderung der Leiterin der Wiener Interventionsstelle bezieht sich auf die Beweissicherung. Diese müsse verbessert werden. Es reiche nicht, wenn die Polizei nur die Aussage des Opfers aufnehme. In solchen Fällen sollten auch eventuelle Tatwaffen gesichert und andere Zeuginnen und Zeugen befragt werden. Das ist laut Logar wichtig, damit es „auch Beweise gibt, wenn sich ein Opfer nicht auszusagen traut“.

Wiederetablierung der Fallkonferenzen

Claudia Frieben, Vorsitzende des Österreichischen Frauenrings, forderte wiederum, dass die Fallkonferenzen wieder aufgenommen werden. Diese waren 2018 von der ÖVP-FPÖ-Regierung trotz lauten Protests der Opferschutzorganisationen und der damaligen Opposition abgeschafft worden. Im Jänner 2020 seien sie zwar in das Gewaltschutzgesetz aufgenommen worden, werden laut Frieben aber derzeit nicht abgehalten.

Das sei eine einzigartige Vernetzung der Polizei mit Gewaltschutzorganisationen, um besonders von Gewalt bedrohte Personen und deren Situation etwa monatlich einzuschätzen und Präventionsmaßnahmen ergreifen zu können. Diese Fallkonferenzen stehen zumindest auch auf der Agenda des Treffens im Innenministerium.

Ruf nach anderem Männlichkeitsbild

Erich Lehner vom Dachverband für Männerarbeit forderte seinerseits in Ö1 einen Ausbau der Männerberatung. Neben konkreter Täterarbeit gehe es vor allem darum, Männer, die sich in einer Krise befinden, zu helfen, „den Weg zu sich selbst zu finden“, um ihr Verhalten ändern zu können. Dafür brauche es aber österreichweit ein niederschwelliges Angebot.

Generell sei es nötig, ein anderes Männlichkeitsbild in der Gesellschaft zu verankern. Vorherrschend sei weiter jenes, Männer müssten dominant sein, sich durchsetzen und hierarchisch denken. Lehner nannte als Alternative das Bild von „sorgender Männlichkeit“. Vorbild sei hier Schweden, das bereits 1961 begonnen habe, Männer mehr dazu zu bringen, sich in die „Familienarbeit“ einzubringen. Dafür brauche es politische Konzepte, damit Männer verstärkt unbezahlte Pflegearbeit machen, sich auch mehr in der Pflege älterer Angehöriger und in bezahlter Pflege engagieren. Dadurch, so Lehner, könne männliche Gewalt verringert werden.

Mückstein für mehr Prävention und Aufklärung

Im Vorfeld des interministeriellen Treffens zu den jüngsten Frauenmorden hatte Sozialminister Wolfgang Mückstein (Grüne) an die „Verantwortung der Männer“ appelliert. Um Frauen besser zu schützen, müsse man auch bei der Prävention und Aufklärung ansetzen, das habe höchste Priorität, so der Minister, der eine breite Kampagne zum Thema ankündigte. „Wer Hilfe sucht, zeigt Stärke“, sagte er.

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