Logo von Apple neben einem Smartphone mit Fortnite-App
Reuters/Dado Ruvic
Showdown in „Fortnite“-Streit

Wegweisender Prozess gegen Apple startet

Vor einem US-Bundesgericht im kalifornischen Oakland hat am Montag ein vom Videospielentwickler Epic Games gegen den Technologieriesen Apple angestrengter Prozess begonnen. In dem Verfahren, das weitreichende Auswirkungen auf die Internetbranche haben könnte, geht es um die Marktmacht Apples durch seinen App Store. Als Zeuge dürfte auch Apple-Chef Tim Cook aussagen.

Apple lässt auf seinen Mobilgeräten Downloads von Apps und Spielen nur aus dem eigenen App Store zu. Als Bezahlmethode schreibt der Konzern dabei das eigene System Apple Pay vor und zieht bis zu 30 Prozent der Einnahmen der App-Anbieter als Gebühr ein. Der Streit mit Epic Games eskalierte im August, als der Spielehersteller versuchte, Apple Pay als Zahlungsmittel zu umgehen. Apple verbannte daraufhin mit „Fortnite“ das beliebteste Spiel aus dem Hause Epic Games aus seinem App Store.

Sollte Apple nun dazu gezwungen werden, sein Modell aufzubrechen, würde das wohl nicht nur eine Rückkehr von „Fortnite“ auf Apple-Geräte bedeuten, sondern auch vormals abgelehnten Apps die Tür öffnen. Und es gäbe wohl mehr Raum bei der Preisgestaltung von Apps. Apple argumentiert, dass mit einer Öffnung des Stores auch Schadsoftware leichter den Weg auf die Geräte finden könnte. Freilich gäbe es wohl aber keine Pflicht, Apps von Drittanbietern zu verwenden – hundertprozentigen Schutz gibt es aber ohnehin keinen.

Apple-CEO Tim Cook
Reuters/Stephen Lam
Apple-Chef Tim Cook soll im „Fortnite“-Prozess selbst als Zeuge auftreten

EU-Kommission kritisiert Apple

Gleichzeitig ist Apple aktuell wegen seiner Alleinherrschaft im App Store auch von anderer Seite unter Druck. Die EU-Kommission greift das Unternehmen mit dem Vorwurf der Benachteiligung der Konkurrenz bei Musikstreamingdiensten an. In einem von mehreren laufenden Kartellverfahren warf die Behörde dem US-Konzern den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung im App Store seiner iPhones vor.

Die EU erklärte am Freitag in Brüssel, dass Apple seine Kunden praktisch wie ein „Pförtner“ von anderen Streamingdiensten abhalte. „Auf diesem Markt hat Apple ein Monopol“, sagte EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager. Der iPhone-Hersteller schaffe ein geschlossenes Ökosystem. Diese Marktmacht könne nicht ohne Kontrolle bleiben, denn andere App-Anbieter würden benachteiligt, und die Apple-Kunden müssten zu viel bezahlen.

„Nimmt Nutzern die Auswahl“

Die Kommission war auf eine Beschwerde des Konkurrenten Spotify von 2019 hin aktiv geworden. „Durch strikte Regeln im App Store zum Nachteil konkurrierender Musikstreamingdienste nimmt Apple den Nutzern die Auswahl“, sagte Vestager. Die Kommission beanstandete, dass Konkurrenten 30 Prozent Aufschlag auf jedes über Apples App Store verkauftes Abonnement zahlen müssten, die letztlich auf den Endkunden abgewälzt werden. Außerdem verbiete der US-Konzern den Rivalen, Nutzer von Apple-Geräten über günstigere oder kostenlose Bezugsalternativen zu informieren.

Apple wies die Vorwürfe zurück. „Spotify ist der größte Musikabonnementdienst der Welt geworden, und wir sind stolz auf die Rolle, die wir dabei spielten“, erklärte der Konzern. Die Amerikaner hatten schon früher argumentiert, Spotify sei nur so groß geworden, weil sie sich früher kostenlos an Hunderten Millionen Downloads bei Apple bedient hätten. „Sie wollen alle Vorteile des App Store, aber meinen, sie müssten dafür nichts bezahlen“, warf Apple dem Streamingdienst aus Schweden vor. Die Argumentation der EU-Kommission im Interesse von Spotify sei das Gegenteil eines fairen Wettbewerbs. Apple-Aktien lagen vorbörslich mehr als ein Prozent im Minus.

Milliardenstrafe droht

Die Mitteilung ist eine Vorstufe zu einer Kartellstrafe, die bis zu zehn Prozent des Jahresumsatzes – theoretisch in diesem Fall 27 Milliarden Dollar – betragen kann. Das Verfahren ist eines von vier der EU-Wettbewerbshüterin gegen Apple, die im Juni letzten Jahres eröffnet worden waren.

Die Kommission untersucht außerdem Regeln im App Store für konkurrierende Apps, E-Books und Hörbücher sowie die Konditionen der Bezahlfunktion Apple Pay. Der US-Konzern hat jetzt Gelegenheit, innerhalb von zwölf Wochen zu der Beschwerde Stellung zu nehmen und Konzessionen einzuräumen. Erst danach fällt die Entscheidung über eine Geldbuße.

Zahlreiche Kartellbehörden ermitteln

Die EU-Kommission ist nicht die einzige Kartellbehörde, die sich Apple vorknöpft. Sie stehe in Kontakt mit den Aufsehern in Australien, den USA und den Niederlanden, sagte Vestager. Auch Großbritannien untersucht, ob Apple andere App-Entwickler unfair ausbremst. Auf Einwände, dass Spotify trotz der Restriktionen bei Apple erfolgreich ist, erklärte die Wettbewerbskommissarin, das sei auch kein „Fall Spotify, sondern ein Fall Musikstreaming“. Es gehe auch um viele kleinere Streamingdienste wie Deezer und Soundcloud, deren Chancen auf neue Kunden und Gewinne geschmälert würden.

Auch Google drohen Einschnitte

Politische Entscheidungen könnten nicht nur Apple treffen: Auch Google, das die iOS-Konkurrenz Android entwickelt, steht wegen des Play Stores in der Kritik. Zwar ist es auf Android-Handys ganz einfach, Apps von Drittanbietern zu installieren – so gibt es etwa einen App Store von Amazon. Doch in Googles Play Store selbst schneidet der Internetriese auch kräftig mit. Letztlich spielen bei den Großkonzernen, die gegen Apple und Google lob­by­ie­ren, wohl vor allem finanzielle und weniger ideologische Aspekte die wesentlichere Rolle.