Gegenseitige Vorwürfe nach linker Demo am 1. Mai

Nach der Demonstration linker Aktivistinnen und Aktivisten am 1. Mai in Wien decken sich Demonstrantinnen und Demonstranten sowie die Polizei mit gegenseitigen Vorwürfen ein. Die Aktivisten sprachen gestern von „massiver Polizeigewalt“, die Polizei wiederum hielt den Demonstranten vor, die Beamten unter anderem mit Glasflaschen beworfen zu haben.

Kritik an Demoeinsatz der Wiener Polizei

Nachdem die Polizei am 1. Mai eine Kundgebung im Park vor der Votivkirche aufgelöst hat, wird der Polizeieinsatz als zu harsch kritisiert. Experten fordern eine unabhängige Evaluierung von Polizeieinsätzen.

Von den rund 20 Demonstrationen zum Staatsfeiertag war bei einer, die vor der Votivkirche endete, die Situation eskaliert. Nach Angaben der Wiener Polizei gab es zwölf vorübergehende Festnahmen und sieben verletzte Beamte. Angaben über verletzte Demonstrantinnen und Demonstranten konnte die Polizei nicht machen. Die Menschen hinter der Demo sprachen von rund 50 Personen, die akute medizinische Hilfe benötigten.

Unterschiedliche Darstellungen

Kundgebungsteilnehmer versuchten, das Baugerüst der Kirche zu erklettern, um Transparente anzubringen. Als die Polizei einschritt, eskalierte die Situation. Linke Aktivisten berichteten, dass die Polizei die Menschenmenge mit Schlägen und Tritten wegdrängte. Auch in den angrenzenden Park seien Personen verfolgt, mit Schlagstöcken und Pfefferspray attackiert worden. Teilweise seien auch unbeteiligte Menschen im Park von der Polizei niedergerannt worden.

Ein Sprecher der Wiener Polizei hielt dazu gegenüber der APA fest, dass die Beamten eingeschritten seien, als die Aktivisten das Baugerüst erkletterten. Mehrere hundert gewaltbereite Demonstranten hätten daraufhin die Polizisten mit Dosen und Glasflaschen beworfen, sie getreten und geschlagen.

Die Beamten hätten deshalb Pfefferspray eingesetzt und die Menge abgedrängt. Dabei seien Aktivisten auch in den Sigmund-Freud-Park gelaufen und hätten sich unter zum Teil unbeteiligte Personen gemischt.

Beamte in Zivil im Einsatz

Ein weiterer Vorwurf der Demonstranten lautet, dass die Polizei einen Agent Provocateur eingesetzt habe. Konkret soll ein Beamter in Zivil auch Pfefferspray eingesetzt und damit zur Eskalation beigetragen haben. Der Polizeisprecher hielt dazu fest, dass der Einsatz von Zivilbeamten eine gängige Vorgansweise sei, um etwaige gewalttätige Entwicklungen einer Demonstration rechtzeitig erkennen zu können.

Nach Ende einer anderen Kundgebung, einer Coronavirus-Demonstration, seien zwei Beamte in Zivil zur Votivkirche gekommen, weil sie gehört hatten, dass dort die Lage eskaliere. Diese beiden Beamten seien aber nicht Auslöser gewesen, weil sie erst gekommen seien, als die Ausschreitungen schon im Gange gewesen seien, und außerdem seien sie etwas abseits vom Rooseveltplatz im Einsatz gewesen. Einer der Beamten habe sich mit Pfefferspray verteidigt, der andere sei verletzt worden, so der Polizeisprecher.

Nehammer bedankt sich bei Polizei

Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) bezeichnete es als „völlig inakzeptabel“, dass sieben Polizisten verletzt wurden. Das Versammlungsrecht sei zwar ein hohes Gut, aber wenn eine Versammlung mit Gewalt einhergehe, dann sei das zu verurteilen, sagte Nehammer im Ö1-„Mittagsjournal“. Der Minister richtete den Beamten ausdrücklich seinen Dank aus und betonte, dass jeder Einsatz evaluiert werde.

Der Sicherheitssprecher der Wiener Grünen, Niki Kunrath, und Sozialsprecherin Viktoria Spielmann sprachen hingegen ebenfalls von „Polizeiübergriffen“ und forderten eine Aufklärung. Kunrath verlangte eine Polizeireform, die auf eine Demokratisierung der Strukturen innerhalb der Polizei abzielt.