Alma Zadic, Karl Nehammer Susanne Raab
APA/Georg Hochmuth
Femizide

Regierung stellt Maßnahmenpaket vor

Vor dem Sicherheitsgipfel hat die Regierung am Montag ein Maßnahmenpaket gegen Gewalt an Frauen vorgestellt. So soll es mehr Präventionsbeamtinnen und -beamte in den Polizeiinspektionen geben, mehr Beweise gesichert werden, und Infos über Stalking sollen auch an Opferschutzeinrichtungen gehen. Diese wurden zudem für kommende Woche zu einem runden Tisch eingeladen.

Innenminister Karl Nehammer, Frauenministerin Susanne Raab (beide ÖVP) und Justizministerin Alma Zadic (Grüne) präsentierten die Maßnahmen vor dem Gipfel Montagnachmittag. Künftig soll es in jeder Polizeiinspektion im Bereich Gewalt und Prävention speziell geschulte Beamte als Sicherheitsbeauftragte und Ansprechpersonen für Frauen geben – von derzeit 500 soll auf künftig 800 Personen aufgestockt werden.

Für kommende Woche wurde zudem von Zadic und Raab ein runder Tisch angesetzt, zu dem neben den Expertinnen und Experten der Gewaltschutzeinrichtungen auch Sozialminister Wolfgang Mückstein (Grüne) und Innenminister Nehammer eingeladen sind, um über Maßnahmen zu beraten und sich direkt auszutauschen. Die Organisationen hatten im Vorfeld des Gipfels am Montag heftig kritisiert, dass sie dazu nicht eingeladen sind.

Sicherheitsgipfel zum Schutz von Frauen vor Gewalt
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Der Sicherheitsgipfel am Montag soll laut den Ministern nur ein erster Schritt sein

Mehr Vernetzung angekündigt

Alle Minister betonten bei der Vorstellung der Maßnahmen, wie wichtig Vernetzung und der Austausch von Informationen seien, daher sollen neben der Verstärkung der Fallkonferenzen die Gewaltschutzeinrichtungen im Fall einer Anzeige wegen Stalkings auch die entsprechende Info erhalten, damit sie schneller aktiv werden können. Zadic kündigte auch an, dass Beweise besser gesichert werden sollen. Zu oft würden Frauen sich nicht trauen auszusagen, und die Sicherheitsbehörden seien gefordert, hier aktiver vorzugehen, damit auch entsprechende Verurteilungen möglich sind.

Auch bei der Ausbildung der Richterinnen und Staatsanwälte will Zadic eine stärkere Sensibilisierung für derartige Themen verankern. Gleichzeitig soll mit den betroffenen Frauen möglichst schonend umgegangen werden, etwa durch eine Videoaufnahme der Einvernahme vor einer Verhandlung, damit die Betroffenen mit dem Beschuldigten nicht bei Gericht aufeinandertreffen. Weiters soll es mehr entsprechende Prozessbegleitungen geben.

Fälle sollen aufgearbeitet werden

Raab und Nehammer kündigten weiters an, dass die Sensibilisierungskampagne gegen Gewalt an Frauen, die im ersten Lockdown gestartet wurde, nun ebenfalls intensiviert werden soll. Auch sollen die Femizide der vergangenen fünf Jahre noch einmal untersucht werden, etwa unter welchen Umständen die Frauen ermordet wurden und welche Infos die Justiz vor der Tat erhalten hat.

Die Frauengewaltschutzorganisationen forderten am Montag ein deutliches höheres Budget von 228 Mio. Euro – derzeit umfasse es 14,53 Mio. Euro, man sei „massiv unterfinanziert“. Zudem würden die Frauen von den Behörden oft „im Stich gelassen“ und nicht ernst genommen, das sei ein „spürbarer Trend“. Sie forderten auch mehr Personenschutz in Risikosituationen, wenn der Täter auf freiem Fuß sei.

Gewaltschutzgipfel im Innenministerium

Innenminister Karl Nehammer, Frauenministerin Susanne Raab (beide ÖVP) und Justizministerin Alma Zadic (Grüne) präsentierten Maßnahmen gegen Gewalt gegen Frauen.

Gipfel als erster Schritt

Nehammer verwies auf den polizeilichen Notruf 133 als erste Anlauf- und Kontaktstelle, wenn Frauen sich und ihre Kinder bedroht fühlen. Nur bei einem der neun Morde dieses Jahr sei die Polizei vorher kontaktiert worden. Der Gipfel sei auch ein Zeichen, dass man alles daran setzen wolle, die Morde zu verhindern. Raab sprach von einer „Spitze des Eisbergs“ von Gewalt gegen Frauen. Ihr wichtigstes Ziel sei, dass Frauen sicher sind, egal wo. Häusliche Gewalt sei zudem auch ein gesellschaftliches Thema, man müsse breit ansetzen, so Raab mit Verweis auf die Info- und Sensibilisierungskampagne.

Der Gipfel sei der erste Schritt, so Raab weiter, man müsse auch hinter die Motive für die Taten blicken und und Hintergründe erforschen, seien es psychische Belastungen, Erkrankungen, Alkohol- oder Drogenmissbrauch oder „patriarchale Machtfantasien“. Zadic sagte, Mord stehe immer am Ende einer Gewaltspirale, diese gelte es zu durchbrechen, dabei seien alle gefordert. Man müsse auch die herrschenden Männerbilder hinterfragen, Männer müssten Hilfe suchen, wenn sie sie brauchen, bezog sich Zadic auch auf die am Sonntag von Sozialminister Wolfgang Mückstein (Grüne) angekündigte entsprechende Infokampagne gezielt für Männer.

Auf die Frage, warum die Opferschutzorganisation nicht schon zum Gipfel am Montag eingeladen wurden, hieß es von Raab, dass es schon im November einen Gipfel zum Thema mit den Organisationen gegeben habe. Angesprochen auf deren Forderung nach mehr Geld, sagte Raab, man werde sich alles ansehen und besprechen. Das Frauenbudget sei aber bereits um fast 50 Prozent erhöht worden, und Mittel würden auch die Gewaltprävention fließen. Nehammer ergänzte, dass die Justizministerin nun erstmals auch die Möglichkeit habe, bei dem Thema direkt mit der Polizei – anwesend sind die Landespolizeidirektoren und Landeskriminalamtsleiter – zu reden.

Gewaltschutzgipfel: Die Reaktionen

Nach dem Gewaltschutzgipfel im Innenministerium fallen die Reaktionen gemischt aus. Die Organisationen begrüßen einige der Regierungspläne, fordern aber viel mehr Geld für den Opferschutz, von 230 Millionen Euro ist die Rede.

Tadel und Lob

Die FPÖ sah am Montag im Gipfel „leere Phrasen ohne konkrete Schritte“, so Generalsekretär Michael Schnedlitz. Es fehlten „griffige Maßnahmen komplett“, zudem werde das Problem nicht erkannt. Ein Problem sei "das importierte Frauenbild aus dem Islam“, so Schnedlitz, der einen Zuwanderungsstopp und eine Strafrechtsreform forderte.

Reaktionen kamen am Montag auch vom Österreichischen Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerbund (ÖAAB), der die geplanten Maßnahmen lobte. „Mit dem heutigen Sicherheitsgipfel ist einmal mehr klar gemacht worden, dass das Thema uns alle angeht und dass ein sicheres und gewaltfreies Zusammenleben in unserer Gesellschaft oberste Priorität hat“, so Generalsekretär Christoph Zarits.

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