Helmut Kern (ÖBAG) beim Ibiza Untersuchungsausschuss
ORF.at/Lukas Krummholz
Aufsichtsratschef

ÖBAG-Bestellung von Schmid „professionell“

Mit Helmut Kern ist am Dienstag der Aufsichtsratschef der Österreichischen Beteiligungs AG (ÖBAG) im „Ibiza“-U-Ausschuss befragt worden. Im Fokus der Befragung standen ÖBAG-Alleinvorstand Thomas Schmid und dessen Bestellung im Frühjahr 2019. Kern betonte den „professionellen“ Prozess und die „Qualität“ der Ausschreibung. Dass Schmid selbst daran mitarbeitete, so der Vorwurf der Opposition, sei ihm nicht bekannt.

Der frühere Gesamtleiter des Krankenhauses der Barmherzigen Brüder ist seit Februar 2019 Chef des Aufsichtsrats der ÖBAG, die die Staatsbeteiligung der Republik in Höhe von rund 26 Milliarden Euro verwaltet. Er habe sich gefreut, dass ihn der damalige Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP), mit dem Kern schon vor dessen Politkarriere Kontakt hatte, gefragt hat, ob er die Funktion in der ÖBAG übernehmen will. „Ich habe sofort zugesagt“, so Kern. Das war Anfang Februar. Am 15. Februar fand die konstituierende Sitzung statt – und dann suchte man bereits den neuen ÖBAG-Vorstand.

Der Nominierungsausschuss, der für den Prozess zuständig ist, sei „sehr schnell“ gewählt worden, und die Ausschreibung lag bereits vor. Die Hearings der Kandidaten hätten umgehend stattgefunden, und man habe sich sehr schnell auf Schmid als ÖBAG-Vorstand geeinigt. Am 29. März trat Schmid, der zuvor im Finanzministerium unter Löger Generalsekretär war, sein neues Amt an. Man wollte so schnell wie möglich auch in den anderen Gesellschaften mit Staatsbeteiligung vertreten sein, deshalb habe man auch Tempo gemacht, so Kern.

Helmut Kern (ÖBAG) beim Ibiza Untersuchungsausschuss
ORF.at/Lukas Krummholz
Aufsichtsratschef Kern wollte sich nicht im Ausschusslokal in der Auskunftsbank fotografieren lassen

Schmid habe ihm, Kern, „sehr früh“ bekanntgegeben, dass er Interesse am Job hat. Bei einem Gespräch mit Löger und Schmid im Februar 2019 in einem Lokal in Wien wurde laut dem Aufsichtsratschef nicht über die noch offene Vorstandsbestellung gesprochen. Schmid wird ja vorgeworfen, an der Ausschreibung mitgeschrieben zu haben, damit sie quasi auf seine Person zugeschnitten wird. So wurde in einem Erstentwurf „internationale Erfahrung“ gefordert, diese Voraussetzung flog allerdings schließlich raus.

Kern: Qualität der Ausschreibung wichtig

Der Entwurf der Ausschreibung sei gut gewesen, sagte Kern. Ihm sei gesagt worden, dass auch ein Personalberater daran gearbeitet habe. Am Ende seien nur noch geringere Änderung vorgenommen worden. Welche das waren, habe er nicht mehr im Kopf. Dass Schmid, dessen Mitarbeiterin L. und Finanzministeriumsberater Bernhard Perner, der jetzt Leiter der Covid-Finanzierungsagentur (COFAG) ist, daran mitgearbeitet haben, habe er nicht gewusst, falls das so gewesen sein sollte, betonte Kern. „Uns war die Qualität der Ausschreibung wichtig, und nicht, wer die macht und wie sie zustande gekommen ist.“

Chats, aus denen hervorgeht, dass Perner den Ausschreibungsentwurf redigiert und an L. geschickt hat und diese wenig später mit Schmid darüber kommuniziert („Perner Tipps sind sehr gut“) hat, sind Kern nach eigenen Angaben nicht bekannt. Dass Perner und L. selbst in die ÖBAG übernommen wurden, sei richtig, so Kern.

Jedenfalls wurde die Ausschreibung mit den Anmerkungen, darunter auch der Hinweis, dass männliche und weibliche Bewerber angesprochen werden müssen, am 21. Februar in der „Wiener Zeitung“ veröffentlicht. Die Bewerbungsfrist endete am 21. März, die Bewerberinnen und Bewerber wurden am 22. März darüber informiert, dass am 26. März das Hearing stattfindet. Die Frage, die sich unter anderem Martin Graf (FPÖ) stellte, lautet: Wer kann sich in so kurzer Zeit auf das Hearing vorbereiten?

Nina Tomaselli (Die Grünen)
ORF.at/Lukas Krummholz
Am Dienstag stellte Mandatarin Nina Tomaselli die Fragen für die Grünen

Abendessen mit Schmid

Aufsichtsratschef Kern verteidigte die Bestellung von Schmid. Neben „fachlichen und persönlichen Kriterien“ seien nämlich auch die Präsentation eines Konzepts, Einschätzung von Führungsqualität und Gesamtbild entscheidend gewesen. Er habe sich gegen acht weitere Interessenten durchgesetzt, so Kern. Der Bestellungsprozess sei „professionell“ gewesen. Dass er sich wenige Tage vor dem Hearing mit Schmid Mitte März 2019 zum Abendessen traf, bestätigte Kern. „Wir haben Themen der Bewerbung aus den Gesprächen ausgeschlossen.“

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hat anhand der Chatprotokolle und des Terminkalenders rekonstruieren können, dass Schmid „in den knapp zwei Wochen vor seiner Bestellung zum Vorstand der ÖBAG fünf der insgesamt neun Aufsichtsratsmitglieder offenbar in persönlichen Terminen getroffen“ habe.

Kern verneinte die Frage, ob er auch mit anderen ÖBAG-Bewerbern und -Bewerberinnen „im zeitlichen Zusammenhang zum Hearing“ Abendessen gewesen sei. Die Opposition vermutet, dass die Bestellung Schmids schon mit der Gesetzesänderung im Jahr 2018 beschlossene Sache war, und verweist auf die publik gewordenen Chatprotokolle. Kurz nach dem Beschluss der ÖBAG-Novelle im Nationalrat schrieb der damalige Kanzleramtsminister Gernot Blümel (ÖVP) an Schmid: „Schmid AG fertig“. Er antwortete: „Habe noch keinen Aufsichtsrat“.

Helle Aufregung wegen laufenden Verfahrens

Die Mitglieder des Aufsichtsrats wurden formell vom damaligen Finanzminister Löger ausgewählt. Kern wollte das „gängige Narrativ“, Schmid habe sich darum gekümmert, zurechtrücken. Er berief sich auf vorgelegte Chatprotokolle von Schmid und zählte alle auf, die nicht darin vorkommen.

NEOS-Politiker Helmut Brandstätter zitierte daraufhin eine Nachricht von Schmid an Blümel: „Bitte gebt mir einen guten Aufsichtsratschef.“ Kern erwiderte, dass diese Nachricht doch belege, dass Schmid nicht dafür zuständig war. Aber im ÖBAG-Aufsichtsrat spricht man offenbar wenig über die Chats. „Wir haben wahrlich andere Sorgen, als über solche Chats zu sprechen.“

Martin Graf (FPÖ)
ORF.at/Lukas Krummholz
FPÖ-Politiker Martin Graf geht mit einem Kaffee und ohne Maske in das Ausschusslokal

Aus seiner Erfahrung, so Kern, könne er jedenfalls sagen, dass das Gremium professionell und unabhängig agiere. Als Aufsichtsratschef habe er darauf zu achten, dass alle gesetzlichen Bestimmungen eingehalten werden, die Ziele der ÖBAG erreicht werden und sie von externen Einflüssen freigehalten werde, so die Auskunftsperson. Dass es kaum inhaltliche Kritik an der ÖBAG gebe, würde beweisen, dass die Zusammenarbeit funktioniere, sagte Kern.

Keine Gründe für Abberufung Schmids

Der Aufsichtsrat kontrolliert aber auch das operative Management, also unter anderem den Vorstand, gegen den auch Verfahren anhängig sind. Als die ÖBAG von den Ermittlungen gegen Schmid erfuhr, habe helle Aufregung geherrscht, so Kern, der eigenen Aussagen zufolge umgehend die Rechts- und Compliance-Abteilung einschaltete und Rechtsanwalt Johannes Zink, der auch die Vertrauensperson von Kern im „Ibiza“-U-Ausschuss ist, engagierte.

„Sie können sich vorstellen: Es war für alle überraschend“, so die Auskunftsperson. Er habe Schmid mit all dem konfrontiert. „Es war ihm sehr unangenehm, dass das Verfahren läuft.“ Auf die Frage, ob man als Aufsichtsrat geprüft habe, Schmid – der seinen Vertrag nicht verlängert, welcher somit 2022 ausläuft – abzuberufen, antwortete Kern: „Es hat keine Gründe für den Aufsichtsrat gegeben, Thomas Schmid abzuberufen.“ Man habe viele Rechtsmeinungen und Expertise eingeholt.

Kai Jan Krainer (SPÖ)
ORF.at/Lukas Krummholz
SPÖ-Fraktionschef Kai Jan Krainer fragte Kern nach einem Abendessen mit Schmid kurz vor dem Hearing

Eine Abberufung, so hieß es in einem Rechtsgutachten eines ÖBAG-Anwalts, das von Grün-Politikerin Nina Tomaselli erwähnt wurde, hätte der Beteiligungs AG mehr Schaden zugefügt als ein Verbleiben Schmids. Kern fügte hinzu, dass mit einer Abberufung eine Lawine an weiteren Rechtskosten losrollen könnte. Der Aufsichtsrat habe das Gutachten als Teil seiner Meinungsbildung verwendet, die Entscheidung obliege aber dem Aufsichtsrat.