Van der Bellen: Machtfülle der Regierungen „Fehlkonstruktion“

Bundespräsident Alexander Van der Bellen sieht die EU „nicht grundsätzlich gefährdet“, aber in der Machtfülle der Regierungen „eine Fehlkonstruktion“. Bei einer Diskussion mit Jugendlichen zum Europatag sagte Van der Bellen gestern, der Brexit habe „die Resilienz der anderen 27 gestärkt“. Auch rechten Parteien in Europa habe der Brexit gezeigt: „Es ist populär, über Brüssel zu schimpfen, aber der Austritt ist tabu.“

Sorge bereite ihm eher die europäische Außen- und Sicherheitspolitik, so der Bundespräsident. Er sei weniger optimistisch zu schwelenden Konflikten im Umfeld Europas, die sich unter Umständen zu militärischen Auseinandersetzungen entwickeln könnten.

„Verkehrtes Anreizsystem“

Die Blockade passiere nicht im EU-Parlament und „schon gar nicht in der Europäischen Kommission“, sondern im Europäischen Rat, der einen „Minderheitenschutz für die europäischen Mitgliedstaaten“ biete. Diese Machtfülle sei „eine Fehlkonstruktion“, so der Bundespräsident.

„Wenn Österreich die politische Struktur der EU hätte, hätten wir eine österreichische Kommission mit neun Kommissaren und darüber eine Überregierung, den ‚österreichischen Rat‘ mit neun Landeshauptleuten“, so Van der Bellen. Dabei würden alle Politiker das Beste wollen, „aber wo wird das politische Überleben gesichert, wenn es hart auf hart geht?“. Das System wäre „ein total verkehrtes Anreizsystem“, weil die Interessen des Bundes nicht berücksichtigt würden, „genau das haben wir auf europäischer Ebene“.