Ex-Wirecard-Anwalt: Erpressungsgeschichte nicht frei erfunden

Ein früherer Anwalt des Skandalkonzerns Wirecard hat Vorwürfe zurückgewiesen, folgenreiche Erpressungsvorwürfe in dem Fall seien frei erfunden gewesen. Das „beschränkte sich nicht auf eine Räuberpistole“, sagte der Münchner gestern im Wirecard-Ausschuss des deutschen Bundestags. Er habe Informationen zu sehr konkreten Daten, Zahlen und Personen erhalten.

Der Anwalt hatte der Staatsanwaltschaft München 2019 berichtet, Wirecard werde aus der Medienbranche erpresst. Daraufhin hatte die Finanzaufsicht BaFin Wetten auf fallende Kurse bei Wirecard verboten – was viele Anlegerinnen und Anleger als Zeichen deuteten, bei dem Skandalkonzern sei trotz kritischer Medienberichte alles in Ordnung. Nach Ansicht der Abgeordneten wurde der mutmaßliche Milliardenbetrug dadurch erst viel später aufgedeckt.

Braun und Marsalek als Ansprechpartner

Er habe seine Informationen über die Erpressung weitergegeben, „weil es meine Aufgabe als Vertreter eines damals Verletzten in einem Marktmanipulationsverfahren war“, sagte der Anwalt. In die Entscheidung zum Leerverkaufsverbot sei er nicht eingebunden gewesen.

Der Anwalt berichtete, seine Ansprechpartner bei Wirecard seien Konzernchef Markus Braun, Topmanager Jan Marsalek und Chefjustiziarin Andrea Görres gewesen. Braun sitzt inzwischen in Haft, Marsalek ist auf der Flucht. Beiden wird vorgeworfen, maßgeblich verantwortlich für den mutmaßlichen Milliardenbetrug bei Wirecard zu sein.

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass das ehemals aufstrebende Fintech seit 2015 Scheingewinne auswies. Im vergangenen Sommer räumte die inzwischen insolvente Wirecard ein Bilanzloch von 1,9 Milliarden Euro ein. Der Fall gilt als größter Bilanzskandal der deutschen Nachkriegszeit mit Schaden für Tausende Kleinanleger.