Die Biontech Zentrale in Mainz
Reuters/Ralph Orlowski

Biontech-Gewinn geht durch die Decke

Der Umsatz und der Gewinn des Biotechnologieunternehmens Biontech gehen durch die Decke. Der deutsche CoV-Impfstoffhersteller erzielte heuer im ersten Quartal einen Gewinn von 1,1 Mrd. Euro. Im Vergleich zum vierten Quartal 2020 (366,9 Mio. Euro) bedeutet das nach Angaben des Unternehmens vom Montag eine Verdreifachung des Nettogewinns. Der Umsatz erreichte geschätzt 2,05 Mrd. Euro. Das waren mehr als 70-mal so viel wie im entsprechenden Zeitraum 2020 (27,7 Mio. Euro).

Der Anstieg bei Umsatz und Gewinn sei vor allem auf die rasche Steigerung der weltweiten Versorgung mit dem CoV-Impfstoff zurückzuführen, erklärte das Unternehmen am Montag. Im ersten Quartal 2020 musste Biontech noch einen Nettoverlust von 53 Mio. Euro hinnehmen – Hauptgrund dafür waren hohe Forschungs- und Entwicklungskosten. Der Umsatz erreichte geschätzt 2,05 Mrd. Euro.

Biontech erwartet aktuell fürs Gesamtjahr einen Umsatz von 12,4 Mrd. Euro mit seinem Covid-19-Impfstoff. Die Umsatzprognose basiere auf den derzeit unterzeichneten Lieferverträgen über rund 1,8 Milliarden Impfdosen für 2021. Im Zusammenhang mit weiteren Verträgen für Lieferungen im Jahr 2021 würden zusätzliche Umsätze erwartet, teilte Biontech am Montag mit. Zudem seien erste Verträge für 2022 und darüber hinaus geschlossen worden. Insgesamt rechnet Biontech nun bis Ende des Jahres mit einer Produktionskapazität von drei Mrd. Dosen sowie mehr als drei Mrd. Dosen im Jahr 2022.

Die Biontech Zentrale in Mainz
Reuters/Kai Pfaffenbach
Das Unternehmen wird derzeit seiner Adresse gerecht

Zulassung im Dezember erhalten

Biontech wurde neben Ugur Sahin und Özlem Türeci von dem gebürtigen Österreicher Christoph Huber mitbegründet. Huber sitzt im Aufsichtsrat des milliardenschweren Unternehmens mit Sitz im deutschen Mainz. Die deutsche Firma Biontech und der US-Pharmakonzern Pfizer erhielten im Dezember als erstes Entwicklungskonsortium die Zulassung für einen Impfstoff gegen das SARS-CoV-2-Virus. Seit dem Frühsommer 2020, als klar war, dass man höchstwahrscheinlich ein Vakzin habe, wurden laut Huber „große Anstrengungen gemacht, um den Bedarf zu befriedigen“. Neben der Entwicklung und den großen Wirksamkeits- und Sicherheitsstudien ging es etwa auch um den Aufbau von Produktionskapazitäten und der Logistik.

Biontech will „Machtzentrum der Immuntherapie“ werden

Beflügelt von einem Milliardengewinn will Biontech seine CoV-Impfstoff-Produktion weiter ausbauen und die Forschung in der Krebstherapie vorantreiben. „Unser Ziel ist es, zum globalen Machtzentrum der Immuntherapie im 21. Jahrhundert zu werden“, sagte Vorstandschef Sahin am Montag bei der Vorstellung der Wirtschaftsdaten im ersten Quartal.

Biontech sei sich seiner globalen Verantwortung im Kampf gegen die Coronavirus-Pandemie bewusst, sagte Sahin. Daher sei die Produktionskapazität für dieses Jahr von ursprünglich 1,3 Milliarden Impfstoffdosen auf bis zu drei Milliarden gesteigert worden. Davon seien voraussichtlich mehr als 40 Prozent für Länder mit mittlerem und geringem Einkommen bestimmt, sagte Sahin mit Blick auf Forderungen nach einer global gerechten Verteilung des Impfstoffs und einer Aufhebung von Patenten.

Sahin: Keine Notwendigkeit, Patente aufzuheben

Biontech werde eine Niederlassung in Singapur gründen und dort auch eine Produktionsanlage für den mRNA-Impfstoff aufbauen, sagte Sahin. „Zusammen mit anderen Impfstoffentwicklern wird in den nächsten neun bis zwölf Monaten mehr als genug Impfstoff hergestellt, und es gibt nicht die geringste Notwendigkeit, Patente aufzuheben.“ Zur Wirksamkeit des CoV-Impfstoffs sagte Sahin, der Wirkstoff sei auch gegen die bisher aufgetretenen Varianten wirksam, sodass es derzeit nicht erforderlich sei, den Impfstoff anzupassen.

Die für medizinische Forschung zuständige Biontech-Chefin Türeci zeigte sich zuversichtlich, dass die Vorhaben des Unternehmens zu Krebstherapien vielversprechend seien. In ersten klinischen Tests habe sich gezeigt, dass Wirkstoffe mit mRNA-Botenmolekülen die Größe von Tumoren reduzieren könnten.

Meiste Impfungen in Österreich

Biontech und Pfizer sind auch das Rückgrat der Impfungen in Österreich. Von zehn Impfungen wurden bisher sieben mit diesem Wirkstoff durchgeführt, zwei mit AstraZeneca und eine mit Moderna. Allerdings geht der Anteil von AstraZeneca zurück. Von 315.000 Personen, die in der Vorwoche ihren ersten Stich erhalten haben, ließen sich nur 34.184 AstraZeneca spritzen. Dazu kamen 23.231 Zweitimpfungen mit AstraZeneca. Wie das Gesundheitsministerium am Montag dem „Standard“ sagte, wird der Impfstoff derzeit „hauptsächlich nur noch für Zweitimpfungen eingesetzt“.

EU kauft bis zu 1,8 Milliarden Biontech-Dosen

Am Samstag besiegelte die EU den den Kauf von bis zu 1,8 Milliarden weiteren Biontech-Impfdosen. Nach Angaben von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wurde eine Vereinbarung über 900 Millionen Impfdosen sowie Optionen auf 900 Millionen weitere Impfdosen für die Jahre 2021 bis 2023 erzielt. Die EU will sich damit für Auffrischungsimpfungen und gegen mögliche künftige Mutationen des Virus rüsten.

Zwar sagt die EU-Kommission in der Regel offiziell nichts über die Kosten der gekauften Impfstoffe. Nach dpa-Informationen liegt der vereinbarte Preis je Dosis aber in der Größenordnung, die Bulgariens Ministerpräsident Boiko Borissow zuletzt genannt hatte: etwa 19,50 Euro je Dosis. Der in Medienberichten genannte Preis von 23,50 Euro liege dagegen zu hoch, hieß es in Brüssel. Die Summe je Dosis sei „unter 20 Euro“.

18 Mio. Dosen pro Jahr an Österreich

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) bezeichnete den Kauf durch die EU als „wichtigen Meilenstein“. Die Dosen würden innerhalb der EU nach Bevölkerungsgröße der Länder verteilt, „wie es sinnvoll ist“, sagte Kurz am Samstag auf dem EU-Gipfel. An Österreich würden zwei Prozent der Lieferung gehen, also fast 18 Millionen Dosen pro Jahr.

Der Ministerrat in Wien hatte Anfang Mai beschlossen, 800 Millionen Euro – mit einer Option auf Aufstockung – für den Ankauf von 42 Millionen Impfdosen bereitzustellen. Davon entfielen 35 Millionen auf Pfizer und Biontech, drei Millionen auf Moderna und vier Millionen auf Johnson & Johnson. Angaben zu den Kosten der einzelnen Dosen wurden nicht gemacht. Kurz wies aber darauf hin, dass alle anderen Maßnahmen in der Pandemie teurer seien als Impfungen.