Schauspieler Tom Cruise
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Tom Cruise und Co.

Neue Rückschläge für Golden Globes

Seit Jahrzehnten hat die Golden-Globe-Gala als Hollywoods lockere Trophäenparty gegolten. Jetzt gab Aushängeschild Tom Cruise seine Preise im Zuge einer Kontroverse zurück. Der Verband von Hollywoods Auslandsfilmkritikern (HFPA), der den zweitwichtigsten Filmpreis nach den Oscars vergibt, ist schwerer Kritik ausgesetzt. Die Jury sei zu wenig divers, die Verflechtungen ihrer Mitglieder dubios, die Stimmung bei Pressekonferenzen mitunter sexistisch.

Stars wie Cruise, Brad Pitt und Meryl Streep sind die Zugpferde der Golden Globes. Die Gala für die seit 1944 vergebenen Film- und TV-Preise hatte lange den Ruf als Hollywoods lockere Trophäenparty mit reichlich Champagner.

Ausgerechnet Globe-Preisträger Cruise (58) bescherte dem Verband mit einer Protestaktion neue Negativschlagzeilen. Der „Mission: Impossible“-Star habe seine drei Globe-Trophäen an die Organisation zurückgegeben, berichteten mehrere US-Medien am Montag übereinstimmend. Cruise hatte die Preise für seine Rollen in „Geboren am 4. Juli“ (1990), „Jerry Maguire – Spiel des Lebens“ (1997) und „Magnolia“ (2000) gewonnen.

Schwelender Konflikt

„Selma“-Regisseurin Ava DuVernay lobte die Aktion umgehend. Mit der Rücksendung habe Cruise ein deutliches Zeichen gesetzt, gegen die „sexistischen, homophoben und rassistischen Praktiken von Ausschließung, Schikane und Voreingenommenheit“ des Verbandes Front zu machen, schrieb sie am Montag auf Twitter.

Der Konflikt um die HFPA schwelt schon seit einigen Monaten. Im Februar ging die „Los Angeles Times“ den Vorgängen um die Nominierung der Serie „Emily in Paris“ nach und zeichnete ein Bild von Günstlingswirtschaft und Bestechlichkeit in der HPFA.

Paramount Network, das Studio, das „Emily in Paris“ später an Netflix verkaufte, habe 2019 rund 30 HFPA-Mitglieder nach Paris zu einem verschwenderischen Set-Besuch eingeladen. Inkludiert gewesen seien zwei Übernachtungen im Fünfsternhotel und ein exklusives Mittagessen im Musee des Arts Forains, einem Privatmuseum mit historischen Fahrgeschäften, das in der Serie vorkommt. „Sie behandelten uns wie Könige und Königinnen“, wurde ein Teilnehmer in der „Los Angeles Times“ anonym zitiert.

Mangelnde Diversität und Sexismus

Die Zeitung deckte weiters auf, dass unter den 87 Mitgliedern der HFPA, kein einziges schwarz sei. Anfang Mai reagierte der Verband auf die Kritik und schlug seinen Mitgliedern vor, unter anderem einen „Chief Diversity Officer“ zu installieren und verstärkt schwarze Journalistinnen und Journalisten aufzunehmen.

Schauspielerin Scarlett Johannson
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Scarlett Johansson nimmt seit Jahren nicht mehr an den Pressekonferenzen der HFPA teil – wegen häufiger sexistischer Fragen

Im laufenden Jahr sollen zumindest 20 neue Mitglieder in die HFPA aufgenommen werden, weiters soll innerhalb von 18 Monaten die Zahl der Mitglieder verdoppelt werden. Auch soll es neue Richtlinien geben, etwa in Bezug auf Einladungen zu Filmevents. Die Annahme von Werbegeschenken soll verboten werden.

Aber Stars wie Scarlett Johansson und Mark Ruffalo sowie wichtige Firmen in Hollywood kritisierten die angekündigten Neuerungen als unzulänglich. Johansson (36, „Marriage Story“) sagte am Samstag, dass sie bei Pressekonferenzen der HFPA häufig sexistische Fragen gestellt bekommen habe. „Das ist genau der Grund, weshalb ich es seit vielen Jahren ablehne, an deren Konferenzen teilzunehmen“, sagte Johansson „Variety“.

Amazon, Netflix und Co. gehen auf Distanz

In der Folge kündigten Netflix und Amazon Studios an, die Zusammenarbeit mit dem Verband ausgesetzt zu lassen, weil die Bemühungen um eine tiefgreifende Reform ihnen nicht ernsthaft genug erschienen. Die Branchenriesen HBO und Warner Bros. folgten dieser Entscheidung.

Damit nicht genug: Auch NBC, der Haussender der Globes, zog am Montag Konsequenzen. Man werde die Globe-Gala im Jahr 2022 nicht ausstrahlen, teilte der Sender mit. Die HFPA müsse Zeit und Arbeit investieren, um größere Reformen umzusetzen. Der Sender hoffe aber, die Gala im Jänner 2023 nach entsprechenden Veränderungen wieder zu zeigen.

HFPA: Reform „so schnell und sorgfältig wie möglich“

Angesichts des wachsenden Boykotts war die HFPA am Montag um Schadensbegrenzung bemüht. „So schnell und so sorgfältig wie möglich“ wolle sie „längst überfällige“ Veränderungen durchführen, versprach die Organisation in einer Mitteilung. Es folgte eine Liste mit Eckdaten für die kommenden Monate, etwa: Diversitätsberater einstellen, weitere Mitglieder finden, einen neuen Vorstand wählen.

Die Globe-Absage durch NBC am Montag wurde nun von der Organisation „Time’s Up“ als großer Erfolg gefeiert. Diese war in der Folge des Weinstein-Skandals und der „#MeToo“-Bewegung entstanden, um sich für die Rechte von Opfern von Diskriminierung starkzumachen. „Das ist ein entscheidender Moment für Hollywood“, hieß es in einer Mitteilung. Das gemeinsame Vorgehen gegen die „mächtigen, aber stark fehlerhaften“ Auszeichnungen zeige, dass man tatsächlich gerechtere Bedingungen erwirken könne, „in jeder Branche und Einrichtung und quer durch die Gesellschaft“.