Presserat rügt „Krone“ wegen Fotos von getöteter Frau

Der Presserat hat die „Kronen Zeitung“ für deren Berichterstattung über einen Femizid gerügt: Nach Ansicht des Senats 3 verstoßen die Beiträge „Dreifache Mutter stirbt nach Messerattacke“ vom 24. September 2020 und „Rätsel nach Bluttat“ am Tag darauf gegen Punkt 5 (Persönlichkeitsschutz) des Ehrenkodex für die österreichische Presse.

Mutmaßlicher Täter verpixelt, Opfer nicht

In beiden Beiträgen über eine Tötung in Niederösterreich wurde ein Foto des genannten Ehepaars veröffentlicht, wobei das Gesicht des mutmaßlichen Täters grobkörnig verpixelt zu sehen ist, jenes des Opfers hingegen nicht.

Eine Beraterin des Gewaltschutzzentrums NÖ-Wiener Neustadt wandte sich an den Presserat. Die Medieninhaberin nahm die Möglichkeit, am Verfahren teilzunehmen, nicht wahr. Der Senat geht davon aus, dass vonseiten der Angehörigen keine Zustimmung zur Bildveröffentlichung vorlag.

Persönlichkeitsschutz muss geachtet werden

Der Senat hält fest, dass Berichte über Tötungsdelikte grundsätzlich für die Öffentlichkeit von Interesse sind. Aus dem öffentlichen Interesse an der Berichterstattung ergebe sich jedoch nicht, dass der Persönlichkeitsschutz des Opfers missachtet werden darf. Zudem verweist der Senat auf Punkt 5.4 des Ehrenkodex, wonach auf die Anonymitätsinteressen von Verbrechensopfern besonders zu achten ist.

Die Senate des Presserats haben bereits mehrfach festgehalten, dass die Persönlichkeitssphäre eines Menschen auch über dessen Tod hinaus zu wahren ist. Im Sinne der Entscheidungspraxis stellt der Senat den genannten Verstoß fest, die Medieninhaberin der „Kronen Zeitung“ wurde aufgefordert, freiwillig über den Ethikverstoß zu berichten. Die „Kronen Zeitung“ bzw. ihre Medieninhaberin erkennt die Schiedsgerichtsbarkeit des Presserats nicht an.

Hinsichtlich der jüngst verübten Femizide weist der Presserat außerdem darauf hin, dass Journalisten und Fotografen die Privatsphäre der Angehörigen von mutmaßlichen Tätern und Verbrechensopfern zu respektieren haben.