Afghanisches Militär startet Offensive nahe Kabul

In Afghanistan hat das Militär kurz vor Beginn einer von den Taliban ausgerufenen dreitägigen Waffenruhe eine Offensive zur Rückeroberung eines Bezirks nahe der Hauptstadt Kabul gestartet. Die Bodentruppen seien mit Luftangriffen unterstützt worden, teilte das Verteidigungsministerium heute mit. Sollte der Bezirk Wardark nicht bald zurückerobert werden, dürften die Kämpfe bald Kabul erreichen, erklärten die örtlichen Behörden.

Das Zentrum von Nerch in der zentralen Provinz Wardak sei gestern an die Islamisten gefallen, sagten zwei Provinzräte. Danach setzten sie offenbar das Bezirksverwaltungsgebäude in Brand. Widersprüchliche Angaben gab es dazu, was mit den rund 70 Sicherheitskräften passierte. Laut Innenministerium zogen sie sich taktisch zurück. Es gab auch Berichte, dass sich Teile von ihnen nach einem Kampf mit mehreren Toten ergaben.

26 Kilometer von Kabul entfernt

Ein Provinzrat sagte, die militärischen Fortschritte der Taliban in Nerch könnten eine ernsthafte Bedrohung für die Provinz Wardak und für Kabul darstellen. Der Bezirk ist nur 26 Kilometer von der Hauptstadt entfernt, ihn durchqueren wichtige Überlandstraßen. Erst Anfang Mai war der Bezirk Burka im nördlichen Baghlan an die Taliban gefallen, Anfang März der Bezirk Almar im nördlichen Fariab.

Seit Beginn des offiziellen Abzugs der US- und NATO-Truppen aus Afghanistan am 1. Mai haben die Taliban mehrere Offensiven im Land gestartet. Sie greifen die Sicherheitsringe rund um mehrere Provinzhauptstädte an, aber auch mittelgroße Militärbasen. Dutzende Sicherheitskräfte sind seither getötet worden.