Grüne Wirtschaft ruft zu Boykott von WKO-Beiträgen auf

Der seit vier Tagen schwelende Streit zwischen den Grünen und der Wirtschaftskammer (WKO) über die künftige Klimapolitik ist um eine Facette reicher: Die Grüne Wirtschaft ruft zu einem Boykott der WKO-Mitgliedsbeiträge auf. „Die Spitzenrepräsentanten der ÖVP-dominierten Wirtschaftskammer torpedieren fortschrittliche Klimapolitik. Solange die WKO diesen Kurs fährt, rufen wir dazu auf, die Zahlung der Beiträge zu stoppen“, so Sabine Jungwirth, Sprecherin der Grünen Wirtschaft.

Sie habe heute selbst das Verfahren zum Einspruch gegen die Einhebung ihrer Kammerumlage mittels Schreiben an die WK Steiermark gestartet. Die vor Kurzem geleakte Studie der Kammer zum Klimaschutzgesetz sei nämlich „an Ignoranz gegenüber den realen Notwendigkeiten und den wirtschaftlichen Interessen der eigenen Mitglieder kaum zu überbieten“.

Die Reaktion des ÖVP-Wirtschaftsbundes fiel heftig aus. In Richtung Jungwirth hieß es in einer Aussendung von Generalsekretär Kurt Egger: „Anscheinend haben wir es hier mit einer parteiinternen Quertreiberin und interessenpolitischen Geisterfahrerin zu tun. Wir hoffen hier inständig auf die vernünftigen Kräfte innerhalb der Grünen, hier ein Machtwort zu sprechen.“ Der heutige Boykottaufruf sei „ein Angriff gegen die Demokratie und die österreichische Wirtschaft“.

„Ideologiegetriebene Bestrafungsfantasien“

Karlheinz Kopf, Generalsekretär in der Wirtschaftskammer, hatte vor wenigen Tagen Vorschläge von Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) zur CO2-Bepreisung als „ideologiegetriebene Bestrafungsfantasien“ bezeichnet. Und bereits seit Wochen wettern Kammervertreter gegen die Einführung einer Normverbrauchsabgabe (NoVA) für Klein-Lkws.

Höchst umstritten sind auch Überlegungen, das Steuerprivileg von Diesel gegenüber Benzin abzuschaffen. Und auch eine verpflichtende Herkunftsbezeichnung für die Speisen in der Gastronomie, wie das die Grünen fordern, wird von der Wirtschaft abgelehnt.

Spannungen auch wegen Arbeitsmarktpolitik

Für zusätzliche Spannungen sorgten Überlegungen des ÖVP-Wirtschaftsbundes, Langzeitarbeitslosen die Unterstützungsleistung zu kürzen und die Zumutbarkeitsbedingungen zu verschärfen. Die grüne Klubobfrau Sigrid Maurer konterte damals ungewohnt scharf. „Egal ob beim Klima oder bei der Arbeitsmarktpolitik, es ist ein altes, ein unsoziales Denken, das auf Ausbeutung von Mensch und Natur basiert“, sagte sie in Richtung Wirtschaftskammer und deren Präsidenten Harald Mahrer.

Am Nachmittag fanden vor der Bundeswirtschaftskammer in Wien sowie den Länderkammern in Salzburg, Graz, St. Pölten, Kufstein, Linz und Feldkirch Proteste von „Fridays for Future“ statt. Sie richten sich gegen die Klimapolitik der WKÖ. „Nix sehen, nix hören, nur blockieren“, so das Motto der Protestmaßnahme. Der WKO fehle „jegliches Bewusstsein für die Dringlichkeit der Klimakrise“, sie bedrohe Österreichs Zukunft. Anwesend waren auch Vertreter von Greenpeace.

Mehr dazu in wien.ORF.at

Kopf hielt dem Protest entgegen: „Österreichs Wirtschaft ist vorbildhaft in Sachen Klimaschutz, Umwelttechnologien und EcoTech. Die heimische Wirtschaft liefert hier internationale Umweltbestseller.“