Israelische Soldaten an der Grenze zum Gaza-Streifen
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Hamas vs. Israel

USA bemühen sich um Deeskalation

Der Schlagabtausch zwischen Israels Militär und militanten Palästinensern geht weiter. Mit einem Großangriff hat Israels Armee ein bedeutendes Tunnelsystem der im Gazastreifen herrschenden Hamas attackiert. Der Beschuss auf Israel wurde allerdings fortgesetzt. Nun schalten sich auch die USA ein.

Der Spitzendiplomat Hady Amr traf am Freitag zu einem Vermittlungsversuch in Israel ein. Die US-Botschaft in dem Land verbreitete ein Foto von seiner Ankunft. US-Außenminister Antony Blinken hatte am Mittwoch gesagt, er habe Amr gebeten, sich mit Vertretern beider Seiten zu treffen. Zuletzt ist der Druck auf US-Präsident Joe Biden stark gewachsen. Er telefonierte zwar mit Israels Premierminister Benjamin Netanjahu – aber Bidens Rolle in Nahost ist alles andere als gefestigt.

Fraglich ist, ob Amr überhaupt eine Chance hat, zwischen den Konfliktparteien zu vermitteln. Zuvor hieß es schon aus ägyptischen Sicherheitskreisen, dass Israel ein Angebot Ägyptens zur Vermittlung einer Feuerpause ablehnte. Eine ägyptische Delegation, die am Donnerstag nach Tel Aviv gereist sei, habe keinen Erfolg gehabt.

Hady Amr
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US-Diplomat Hady Amr

Die Sprecherin des Weißen Hauses, Jennifer Psaki, betonte am Freitag erneut das Selbstverteidigungsrecht Israels. Die Biden-Regierung sei auf allen Ebenen engagiert, um eine Deeskalation der Gewalt zu erreichen. Psaki fügte hinzu, der Verlust von Leben sei tragisch – „ob es palästinensische oder israelische Leben sind“.

Mehr als 125 Menschen bereits tot

Unterdessen gingen die gegenseitigen Angriffe am Freitag weiter. „Viele Kilometer“ des Netzes seien beschädigt worden, teilte das israelische Militär über den Kurznachrichtendienst Twitter mit. Militante Palästinenser setzten derweil den Beschuss Israels aus dem Gazastreifen am Mittelmeer fort. Nach Angaben der Armee wurden inzwischen insgesamt 1.800 Raketen abgefeuert. Vor allem im Umkreis des Palästinensergebiets am Mittelmeer ertönten immer wieder Warnsirenen.

Nach Angaben des dortigen Gesundheitsministeriums wurden in Gaza seit Beginn der Eskalation des Konflikts am Montagabend mehr als 120 Menschen getötet und 900 verletzt. Wie die israelische Armee mitteilte, kamen in Israel durch den Raketenbeschuss der vergangenen Tage acht Menschen ums Leben. Ägyptischen Sicherheitskreisen zufolge lehnte Israel ein Angebot der Regierung in Kairo zur Vermittlung einer Feuerpause ab.

Explosion in Gaza City
APA/AFP/Mahmud Hams
Israels Armee reagiert auf den Beschuss seit Montag mit Angriffen auf Ziele im Gazastreifen

Die Vereinten Nationen forderten, die Grenze zwischen Israel und dem Gazastreifen für Treibstoff- und Hilfslieferungen zu öffnen. In dem abgesperrten Gebiet leben etwa zwei Millionen Palästinenser. Nach UNO-Schätzungen mussten rund 10.000 Palästinenser aufgrund der anhaltenden Kämpfe ihre Häuser in Gaza verlassen.

Schwelender Konflikt

Der Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern hatte sich während des muslimischen Fastenmonats Ramadan und nach der Absage der palästinensischen Parlamentswahl zugespitzt. Als Auslöser gelten etwa Polizeiabsperrungen in der Jerusalemer Altstadt, die viele junge Palästinenser als Demütigung empfanden.

Hinzu kamen Auseinandersetzungen von Palästinensern und israelischen Siedlern im Jerusalemer Viertel Scheich Dscharrah wegen Zwangsräumungen sowie heftige Zusammenstöße auf dem Tempelberg (al-Haram al-Scharif). Die Anlage mit Felsendom und Al-Aksa-Moschee ist die drittheiligste Stätte im Islam. Sie ist aber auch Juden heilig, weil dort früher zwei jüdische Tempel standen. Die islamistische Hamas hat sich zum Verteidiger Jerusalems erklärt. Sie wird von Israel und der EU als Terrororganisation eingestuft.

Netanjahu zufrieden mit Angriffen

Nach Angaben der Armee hat die Hamas das in der Nacht auf Freitag attackierte Tunnelsystem über Jahre aufgebaut. Es liegt zu Teilen unter der Stadt Gaza. Es handle sich um eine Art „Stadt unter der Stadt“, sagte ein Armeesprecher.

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zeigte sich zufrieden mit den Angriffen auf das Tunnelsystem. „Ich habe gesagt, wir würden die Hamas und die anderen Terrororganisationen sehr hart schlagen. Und genau das tun wir“, sagte er. Die Hamas habe gedacht, sie könnte sich in dem Tunnelsystem verstecken. Das sei aber nicht gelungen.

Bundeskanzleramt hisst israelische Fahne

Österreich hat als „Zeichen der Solidarität mit Israel“ am Freitag auf dem Dach des Bundeskanzleramts die Fahne Israels gehisst.

Im Westjordanland gab es am Freitag an mehreren Orten neue Zusammenstöße zwischen Palästinensern und israelischen Sicherheitskräften. Dabei starben nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums acht Menschen. 50 Palästinenser seien zudem durch Kugeln und Gummigeschosse verletzt worden. Israels Armee reagierte zunächst nicht auf Anfragen zu den geschilderten Vorfällen. Auch in israelischen Orten, in denen ein hoher Anteil arabischer Israelis lebt, kam es wieder zu Ausschreitungen.

Debatte über Flagge

In Österreich reagierte die Bundesregierung auf den Konflikt zwischen zwei Parteien mit dem Hissen der israelischen Flagge. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) verurteilte per Aussendung die Angriffe auf Israel aus dem Gazastreifen „auf das Schärfste“. ÖVP-Außenminister Alexander Schallenberg betonte: „Österreich steht voll und ganz hinter Israel.“ Israels Premierminister Netanjahu bedankte sich für die Geste, aus der Türkei und dem Iran kam Kritik.

Pfeifer (ORF) über Österreichs Rolle im Nahost-Konflikt

Andreas Pfeifer, Chef der ZIB-Auslandsredaktion, kommentiert die Rolle Österreichs im Nahost-Konflikt.

In Sozialen Netzwerken wurde das Hissen der Flagge vor allem unter dem Gesichtspunkt der internationalen Vermittlerrolle Österreichs debattiert. Unterdessen zeigten auch Tschechien und Slowenien Flagge. Der tschechische Präsident Milos Zeman ließ an seinem Amtssitz, der Prager Burg, die israelische Fahne hissen.