Song-Contest-Teilnehmerin Destiny aus Malta
AP/Peter Dejong
Erstes Semifinale

Song Contest startet beswingtes Comeback

Nach einem Jahr Pause meldet sich am Dienstag der Song Contest in Rotterdam so zurück, wie man ihn kennt: laut, bunt – und mit Publikum. Schon im ersten Semifinale wird deutlich, dass es nach mehr als einem Jahr Pandemie beschwingt zur Sache geht. Balladen sind, anders als in den Vorjahren, eher in der Minderheit. Eine Prise Trash darf freilich nicht fehlen.

Österreich Hoffnungsträger Vincent Bueno hat noch Schonfrist, er tritt mit dem Song „Amen“ im zweiten Semifinale am Donnerstag an, wo er auf durchaus harte Konkurrenz trifft. Dagegen scheint Semifinale eins mit 16 Acts eher die Aufwärmrunde zu sein – und das, obwohl auch eine der ganz großen Favoritinnen wartet.

Und sie muss lange warten: Erst mit der letzten Startnummer geht Destiny mit „Je Me Casse“ für Malta ins Rennen. In der Elektro-Swing-Nummer besingt die erst 18-Jährige weibliche Selbstbestimmung – und dass das ein Erfolgsrezept sein kann, hat die Israelin Netta vor drei Jahren mit ihrem Sieg bewiesen.

Die russische Song-Contest-Teilnehmerin Manizha
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Manizha tritt für Russland an – mit „Russian Woman“ – einem kritischen Song über veraltete Frauenbilder

Kontroversen um russischen Beitrag

Selbe Botschaft, ganz andere Verpackung kommt aus Russland. Die tadschikische Sängerin und Aktivistin Manizha war schon im Vorfeld Anfeindungen aus erzkonservativen russischen Kreisen ausgesetzt. In „Russian Woman“ verzichtet sie auf Metaphern und beschreibt sehr direkt das vorherrschende Frauenbild ihres Landes. Musikalisch verbindet sie Traditionelles mit elektronischem Sound – auch ein Muster, das heuer öfter zu hören ist.

Hinweis

Die Semifinale am Dienstag und Donnerstag sind so wie das Finale am Samstag jeweils ab 21.00 Uhr live in ORF1 und im Livestream in tvthek.ORF.at zu sehen. ORF.at begleitet den Bewerb mit einem Liveticker – samt Bildern, animierten GIFs und Social-Media-Kommentaren.

Von toxischen Beziehungen wiederum handelt „El Diablo“ der zypriotischen Teilnehmerin Elena Tsagrinou. Form und Inhalt fallen hier allerdings auseinander, dennoch scheint bei Blick auf die Buchmacher ein Platz im Finale sicher – und das, obwohl es kein Element des Beitrags gibt, das nicht von irgendwo „ausgeborgt“ ist. Vielleicht auch das ein Erfolgsrezept?

„Cleopatra“ wurde zu „Mata Hari“

Einen andern Blick auf Frauen scheint Efendi aus Aserbaidschan zu haben. Sie besingt die Spionin Mata Hari. Im Vorjahr hätte sie Cleopatra besungen. Viel musste am Beitrag offenbar nicht geändert werden.

Die Song-Contest-Teilnehmerin Efendi (Aserbaidschan)
AP/Peter Dejong
Efendi aus Aserbaidschan schlüpft in die Rolle Mata Haris, der legendären Spionin und Nackttänzerin

Ebenfalls aus der Kategorie Up-Tempo-Disco-Stampfer im Glitzerkostüm versucht Albina für Kroatien eines der zehn Finaltickets zu erreichen. Mit dem durchaus eingängigen Refrain zu „Tick Tock“ wird ihr das auch zugetraut. Weniger gute Karten scheint diesmal der extraterritoriale Dauergast Australien zu haben, zudem darf Sängerin Montaigne ihren Song „Technicolour“ auch nicht in der Rotterdamer Ahoy-Arena zum Besten geben, sondern wird per Video eingespielt.

Teletwitter

Vom Teletwitter-Team ausgewählte Tweets mit „#ESCORF“ werden während der TV-Übertragungen auf der Teletext-Seite 780 eingeblendet.

Ebenfalls als Außenseiterin geht die Irin Lesley Roy mit „Maps“ in den Bewerb. Ein ebenso flottes Tempo legen Go_A aus der Ukraine vor. In der Ethno-Flöten-Techno-Nummer „Shum“ wird der Frühling aufgeweckt – eine der interessanteren Beiträge des Abends wird erwartet. Modernen Dance-Pop bietet Israel mit „Set Me Free“ von Eden Arlene, der ersten äthiopischstämmigen Teilnehmerin ihres Landes beim Bewerb.

Hooverphonic mit reaktivierter Sängerin

Mit dem vielleicht prominentesten Namen im Teilnehmerfeld tritt Belgien an. Die Band Hooverphonic war vor allem vor rund 20 Jahren in Indie-Kreisen bekannt. Für den Song Contest kehrte heuer sogar Geike Arnaert nach mehr als zehn Jahren zur Band zurück. Ob „The Wrong Place“ wirklich den Song-Contest-Geschmack trifft, bleibt abzuwarten, Altstars zum Bewerb zu schicken hat sich bisher für kaum ein Land ausgezahlt.

Televoting

Das Televoting in den Halbfinal-Shows ist nur aus den jeweiligen Teilnehmerländern möglich. Aus Österreich kann man daher erst am Donnerstag anrufen – aber auch dann nur für die Konkurrenz nicht für den heimischen Beitrag.

Roxen aus Rumänien wäre im Vorjahr mit der textlich originellen Nummer „Alcohol You“ angetreten und versucht es heuer folgerichtig mit „Amnesia“. Powerballaden schmetternde Frauen in weißen Kleidern waren in früheren Jahren oft überrepräsentiert, heuer hält diese Fahne nur Ana Soklic für Slowenien hoch – und sorgt auch dafür, dass der Songtitel „Amen“ von Vincent Bueno kein Alleinstellungsmerkmal ist.

Auch Männer im ersten Semifinale am Start

Apropos Männer. Die sind heuer deutlich in der Unterzahl. Das erste Semifinale darf The Roop aus Litauen eröffnen. Im abgesagten Bewerb des Vorjahrs galt die Band mit wohltuender Selbstironie als heißer Mitfavorit, die heurige Nummer „Discoteque“ fiel allerdings nicht ganz so zwingend aus wie „On Fire“ 2020.

Die litauischen Song-Contestteilnehmer von „The Roop“
AP/Peter Dejong
The Roop aus Litauen haben Startnummer eins – dank knalliger Kostüme und Visuals dürften sie jedenfalls optisch im Gedächtnis bleiben

Schweden einmal ohne Favoritenrolle

Ausnahmsweise nicht in der Favoritenrolle ist heuer Schweden, obwohl beim Song „Voices“ von Interpret Tusse wie immer nichts dem Zufall überlassen wurde. Für Norwegen geht Sänger Tix an den Start, bei dem sich alles um seine Biografie und seine „Ticks“ dreht. Tix machte sich mit Saufliedern für Schulabschlussfeiern einen Namen, ehe er einen Imagewechsel vollzog und nun als „Fallen Angel“mit Engelsflügeln die Rotterdamer Bühne betreten wird.

Komplettiert wird das Feld von Vasil aus Nordmazedonien, der mit der Musical-Ballade „Here I Stand“ und dem dazugehörigen Video gleich einen diplomatischen Eklat mit Nachbarland Bulgarien ausgelöst hat. Der Konflikt sollte mit Dienstagabend beendet sein.

Die Startreihenfolge im ersten Semifinale

Land Interpretin/Interpret Song
1. Litauen The Roop "Discoteque"
2. Slowenien Ana Soklic "Amen"
3. Russland Manizha "Russian Woman"
4. Schweden Tusse "Voices"
5. Australien Montaigne "Technicolour"
6. Nordmazedonien Vasil "Here I Stand"
7. Irland Lesley Roy "Maps"
8. Zypern Elena Tsagrinou "El Diablo"
9. Norwegen Tix "Fallen Angel"
10. Kroatien Albina "Tick-Tock"
11. Belgien Hooverphonic "The Wrong Place"
12. Israel Eden Alene "Set Me Free"
13. Rumänien Roxen "Amnesia"
14. Aserbaidschan Efendi "Mata Hari"
15. Ukraine Go_A "Shum"
16. Malta Destiny "Je Me Casse"