Demonstrant mit einer Steinschleuder
AP/Nasser Nasser
Nahost-Konflikt

Zähes Ringen um diplomatische Lösung

Während im Nahost-Konflikt die Kampfhandlungen weiter anhalten, gestaltet sich die Suche nach einer diplomatischen Lösung schwierig. Bisher scheiterte eine Erklärung des UNO-Sicherheitsrats an den USA, die am Montag Unterstützung für eine Waffenruhe signalisierten. Am Dienstag tritt der Sicherheitsrat nun erneut zusammen – und auch die EU-Außenminister beraten über die Situation in Nahost.

Die Sitzung des UNO-Sicherheitsrats werde erneut hinter verschlossenen Türen abgehalten, teilte die diplomatische UNO-Vertretung Norwegens am Montag auf Twitter mit. „Unschuldige Zivilisten werden weiterhin getötet und verletzt. Wir wiederholen: Beenden Sie die Feindseligkeiten jetzt“, schrieb die norwegische Delegation. Der UNO-Sicherheitsrat kam auf Antrag von Norwegen, China und Tunesien seit dem Wiederaufflammen des Konflikts in der vergangenen Woche mehrfach zusammen.

Eine gemeinsame Stellungnahme des Gremiums scheiterte jedoch am Montag wieder am Widerstand der USA. Diplomatinnen und Diplomaten zufolge blockierten die USA in einer nicht öffentlichen Sitzung zum dritten Mal eine Erklärung des höchsten UNO-Gremiums zu der Gewalteskalation.

Biden unterstützt Waffenruhe

US-Präsident Joe Biden brachte am Montag bei einem Telefonat mit Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu unterdessen seine Unterstützung für eine Waffenruhe zum Ausdruck. Der US-Präsident habe mit Netanjahu auch über dahingehende Bemühungen der Vereinigten Staaten gemeinsam mit Ägypten und anderen Partnern diskutiert, hieß es aus dem Weißen Haus.

Weiter hieß es in der Mitteilung, Biden habe seine Unterstützung für Israels Recht auf Selbstverteidigung bekräftigt. Zugleich habe er Israel ermutigt, „alle Anstrengungen zu unternehmen, um den Schutz unschuldiger Zivilisten zu gewährleisten“. Es war Bidens drittes Telefonat mit Netanjahu seit dem Wiederaufflammen der Gewalt.

Das Weiße Haus verteidigte zuvor seine bisherige Strategie. Sprecherin Jen Psaki sagte in Washington, die Regierung sei der Ansicht, mit „stiller intensiver Diplomatie“ aktuell am meisten erreichen zu können. In der vergangenen Woche hätten Regierungsmitarbeiter mehr als 60 Gespräche mit Vertretern Israels, der Palästinenser und vielen Partnern in der Region geführt. Es liefen viele Gespräche „hinter den Kulissen“. Nicht zu jedem Aspekt dieser diplomatischen Bemühungen gebe es öffentliche Mitteilungen.

Auch EU-Minister beraten

Auch in der EU ist das Thema an oberster Stelle der Tagesordnung. Am Dienstagnachmittag ist daher eine Videokonferenz der Außenministerinnen und -minister geplant, um über die Eskalation im Nahost-Konflikt zu beraten. Kern der Gespräche soll die Frage sein, wie die EU zu einer Deeskalation und zu einem Ende der Gewalt beitragen könnte. Zudem wird erwartet, dass es einen Bericht über die aktuelle Lage und die bisherigen Vermittlungsbemühungen gibt.

Staaten drängen auf Ende der Kämpfe

Deutschland stellte sich unterdessen hinter Israel – drängt aber ebenso auf ein Ende der Kämpfe. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan warf Israel indes vor, ein „Massaker“ an den Palästinensern im Gazastreifen zu verüben. Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron unterstützt die Vermittlung Ägyptens in dem eskalierenden Konflikt zwischen Israel und militanten Palästinensern im Gazastreifen. Beide Länder wollten sich abstimmen, um eine rasche Waffenruhe zu fördern und eine Ausbreitung des Konflikts zu verhindern. Das berichteten Kreise des französischen Präsidialamtes am Montag nach einem Treffen von Macron mit seinem ägyptischen Kollegen Abdel Fattah al-Sisi.

Israel griff erneut Tunnelsystem an

Israel nahm am Montag zum dritten Mal das unterirdische Tunnelsystem der Hamas, die „Metro“, mit Dutzenden Bomben ins Visier. Mit 54 Kampfjets griff Israels Luftwaffe nach eigenen Angaben in der Nacht auf Montag 35 Terrorziele an.

Mit 110 präzisionsgelenkten Bomben seien dabei 15 Kilometer der unterirdischen Tunnel und Fluchtorte der Hamas und des Islamischen Dschihad im Norden des Gazastreifens getroffen worden. Das sei „Teil einer breit angelegten Aktion der Armee, die unterirdische Infrastruktur der Terrororganisationen im Gazastreifen schwer zu treffen“.

Weiters wurden laut Armee neun Häuser von Offizieren der Hamas und ein Zugang zu einem unterirdischen Tunnel angegriffen, der sich in der Nähe eines Kindergartens und einer Moschee befunden habe. Außerdem tötete Israel laut eigenen Angaben mit Hasem Abu Harbid einen ranghohen Kommandanten des Dschihad. Harbid sei für mehrere Anschläge auf israelische Zivilisten verantwortlich. Die Armee postete eine kurze Videoaufnahme, die die gezielte Tötung zeigen soll.

Montagnacht berichtete Israel, dass man auch vom Libanon aus mit Raketen beschossen worden sei. Sechs Raketen seien am Montag abgefeuert worden, keine habe es jedoch über die Grenze nach Israel geschafft, teilte das Militär mit. Wenig später antwortete die israelische Armee mit Artilleriefeuer. Die Armee habe als Vergeltung „in Richtung der Abschussstelle“ geschossen, so das israelische Militär.

Dritter großangelegter Angriff

Es war der dritte großangelegte Angriff auf das Tunnelsystem der Hamas. Der erste am Wochenende sorgte international für besonderes Aufsehen und scharfe Kritik: Denn der Sprecher der Armee hatte internationale Medien informiert, dass israelische Bodentruppen im Gazastreifen einmarschiert seien. Das wurde aber israelischen Medien gegenüber nicht bestätigt und etwa zwei Stunden später als durch eine Fehlkommunikation entstandener Fehler dargestellt.

Von der „New York Times“ abwärts hatten aber alle internationalen Medien vom Einmarsch berichtet, was besonders viele Hamas-Kämpfer dazu veranlasste, sich in das Tunnelsystem zu flüchten, das dann von der israelischen Luftwaffe schwer unter Beschuss genommen wurde. Die internationalen Medien fühlen sich von der Armee ausgenutzt.

Bereits mehr als 200 Tote

Seit Ausbruch der Kämpfe vor einer Woche wurden im Gazastreifen nach palästinensischen Angaben 198 Menschen getötet, darunter 58 Kinder. Für Israel sprachen die dortigen Behörden von zehn Toten, darunter zwei Kinder. Seit dem neuerlichen Ausbruch der Kämpfe hätten militante Palästinenser nach Angaben der israelischen Armee rund 3.150 Raketen aus dem Gazastreifen in Richtung Israel abgefeuert. Davon wurden rund 90 Prozent abgefangen, so die israelische Armee.

Feuerball in Gaza City
APA/AFP/Anas Baba
Israels Luftwaffe flog in der Nacht erneut zahlreiche Angriffe

Stromversorgung in Gaza droht Aus

Die ohnehin katastrophalen Lebensbedingungen im Gazastreifen haben sich in der vergangenen Woche nochmals drastisch verschlechtert. Die UNO warnte, dem einzigen Elektrizitätswerk gehe das Öl aus. Bereits jetzt gibt es acht bis zwölf Stunden am Tag keinen Strom. Das Leitungswasser ist untrinkbar. Laut dem Gaza-Stromunternehmen reicht der Ölvorrat noch für zwei, drei Tage Stromerzeugung. Es wurde auch das Stromnetz durch die Luftangriffe beschädigt.

Gehisste Fahne: Schallenberg weist Kritik zurück

ÖVP-Außenminister Alexander Schallenberg verteidigte am Montag unterdessen erneut das Hissen der israelischen Fahne. Dass Österreich seine Brückenfunktion durch die symbolische Solidarität mit Israel verliere, so wie das der palästinensische Botschafter in Wien, Salah Abdel Shafi, am Montag erklärte, „sehe ich überhaupt nicht“, sagte Schallenberg. Man habe es nicht mit einem Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern wie in der Vergangenheit zu tun, sondern mit einer Terrororganisation, die Tausende von Raketen auf Israel schieße, betonte der Außenminister.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan verurteilte wenig später die Solidarität der österreichischen Regierung mit Israel im Konflikt mit der radikal-palästinensischen Hamas. „Ich verfluche den österreichischen Staat. Er will wohl, dass die Muslime den Preis dafür zahlen, dass er die Juden einem Genozid unterzogen hat“, wurde Erdogan zitiert. Kritik aus Ankara gab es auch an türkeikritischen Aussagen von Innenminister Karl Nehammer (ÖVP).