Hinweisschild zum Ibiza-U-Ausschuss
ORF.at/Peter Pfeiffer
U-Ausschuss vor Ende

Scharfe Kritik an den Grünen

Die Grünen stimmen nicht für eine Verlängerung des „Ibiza“-Untersuchungsausschusses. Ein neuer Ausschuss könne schließlich jederzeit eingesetzt werden, so Klubobfrau Sigrid Maurer. Von der Opposition kam am Mittwoch harsche Kritik am „Liebesdienst gegenüber der ÖVP“. So werde Aufklärung verhindert.

Der Wunsch der Opposition, über den Sommer hinaus am „Ibiza“-Untersuchungsausschuss zu arbeiten, wird also nicht in Erfüllung gehen. Ohne die Stimmen der Grünen gibt es dazu keine Mehrheit. SPÖ, FPÖ und NEOS könnten jederzeit zum gleichen Thema einen neuen Ausschuss einsetzen, sagte Maurer am Dienstag im ORF-„Report“, die Aufklärung könne „vollumfänglich stattfinden“.

„Wir sind in einer Koalition, wir haben große Verantwortung übernommen“, sagte sie auf die Frage, ob die Grünen also nicht gegen die ÖVP stimmen wollen. „Die Menschen erwarten sich zu Recht von uns, dass gearbeitet wird und nicht schon wieder neu gewählt wird.“ Maurer verwies auf Beschäftigungs-, Klima- und Wirtschaftskrise.

Grünen-Chef Werner Kogler hatte die Verlängerung des U-Ausschusses zuletzt noch offengelassen. „Es ist kein Mangel an Untersuchungsausschüssen“, hatte aber er auch schon gesagt – und ebenfalls auf die Möglichkeit der Opposition verwiesen, einen weiteren U-Ausschuss einzusetzen.

Ärger über Verzögerung

Ob das passiert, ist noch offen. Von der Opposition hagelte es am Mittwoch Kritik am Stimmverhalten der Grünen. „Das ist natürlich kein durchdachter Vorschlag“, so SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer zur APA. Dann müssten alle Akten und Unterlagen vernichtet werden dafür, dass sie dann drei Monate später wieder geliefert würden. „Das ergibt nicht wirklich Sinn“, so Krainer: „Denn wenn die Akten dann kommen, wäre man eigentlich schon fertig.“

Kritik an Grünen wegen U-Ausschuss-Ende

Die Grünen stimmen nicht für eine Verlängerung des „Ibiza“-Untersuchungsausschusses. Von der Opposition kam am Mittwoch harsche Kritik: Aufklärung werde verhindert, heißt es.

Die pragmatisch richtige Lösung wäre, dem U-Ausschuss die nötige Zeit zu geben, die Beweisthemen abzuarbeiten. Vor allem auch, weil das Bundeskanzleramt und das Finanzministerium den Ausschuss monatelang an der Nase herumgeführt hätten, so Krainer. SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch warf den Grünen vor, „in Rekordzeit von der selbst ernannten Aufdeckerpartei zur Zudeckerpartei verkommen“ zu sein. „Die von den Grünen im Wahlkampf gestellte Frage, wen der Anstand wählen würde, ist nach dem grünen Liebesdienst gegenüber der ÖVP klar beantwortet“, so Deutsch.

Debatte über möglichen neuen Ausschuss

Ähnlich die Argumentation der Sozialistischen Jugend (SJ). Ihr Vorsitzender Paul Stich wies per Aussendung darauf hin, dass die Opposition nur jeweils einen U-Ausschuss einberufen könne. „Daher wäre ein möglicher und bereits mehrmals medial diskutierter parlamentarischer U-Ausschuss rund um diverse fragwürdige Corona-Beschaffungen verunmöglicht“, so Stich.

Der Geschäftsordnungsexperte und frühere ÖVP-Klubdirektor Werner Zögernitz sah in der Einsetzung eines neuen Ausschusses zum Thema allerdings kein Problem. Sämtliche Akten und Unterlagen könnten neuerlich angefordert werden und müssten sofort wieder bereitstehen. „Eigentlich ist das nur eine Transportfrage.“

Zudem liege nahe, dass ein neuerlicher U-Ausschuss bei den Beweisthemen fokussierter wäre. „Auf Basis der Erkenntnisse würden sich die Oppositionsparteien wohl bestimmte Themen herausnehmen.“ Aber auch Zögernitz gab zu bedenken, dass ein zweiter U-Ausschuss als Minderheitenrecht parallel zum abermals eingesetzten „Ibiza“-U-Ausschuss nicht möglich wäre. Denn dafür braucht es 46 Abgeordnete. Die Opposition verfügt gemeinsam zwar über 86 Mandate, es darf aber jeder Mandatar und jede Mandatarin nur für einen U-Ausschuss unterschreiben.

Neue Akten harren der Bearbeitung

FPÖ-Chef Norbert Hofer lobte die im Ausschuss geleistete Arbeit: „Es haben sich alle Oppositionsparteien – und auch die Grünen – kräftig ins Zeug gelegt“, so Hofer. Nina Tomaselli und auch David Stögmüller (beide Grüne) hätten sich ebenfalls „kräftig ins Zeug“ gelegt. Daher habe er kein Verständnis, dass der Ausschuss planmäßig ende, zumal gerade erst „Zigtausende“ neue Akten geliefert worden seien. „Mit ihrer Haltung verwandeln sich die Grünen immer mehr zu einem Bund der ÖVP“, so Hofer.

Die Klubobfrau der Grünen, Sigrid Maurer
APA/Michael Gruber
Grünen-Klubchefin Sigrid Maurer

Ausdrücklich auch die Kritik von FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker: „Insgesamt bestätigen die Grünen mit ihrem Verhalten, was wir schon lange befürchtet haben: Sie haben sich von der ÖVP kaufen lassen, die Gier nach Posten und Pfründen hat sie sofort nach Regierungsantritt jegliches Rückgrat entsorgen lassen.“

Für Stephanie Krisper, NEOS-Fraktionsführerin im U-Ausschuss, ist enttäuschend, dass die Grünen einmal mehr der ÖVP und nicht ihren Wählern im Wort stünden. Krisper erinnerte den „ehemaligen Aufdecker Werner Kogler“ daran, dass er und sein grünes Team noch im Wahlkampf groß „Wen würde der Anstand wählen?“ plakatiert hätten. Falls der Ausschuss nicht verlängert werden sollte, habe die ÖVP gewonnen und sei mit ihrem „ständigen Spielen auf Zeit“ erfolgreich gewesen.

Vergiftetes Politklima

Dem Bundeskanzler droht eine Anklage, die Koalition steht vor neuen Bewährungsproben, das Klima zwischen den Parlamentsparteien ist vergiftet. So schlecht war die Stimmung in der Innenpolitik schon lange nicht mehr. Was bedeutet das für den „Ibiza“-U-Ausschuss und die Perspektiven der Regierung?

Karas für „politische Verantwortung“

Aus der ÖVP meldete sich am Mittwoch der Vizepräsident des EU-Parlaments, Othmar Karas (ÖVP), zu Wort. Er mahnte in der Debatte über die Ermittlungen gegen Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) eine „politische Verantwortung“ ein, die über der rein rechtlichen Dimension stehe. Auf die Frage, ob Kurz im Falle einer Anklage zurücktreten sollte, ging Karas nicht ein. Er kündigte stattdessen Vorschläge für einen Ethikkodex oder einen Ethikrat an.

„Politiker machen sich oft zu Richtern, und Richter werden zu Schiedsrichtern in politischen Fragen gemacht.“ Damit würden aber politische und rechtliche Fragen vermischt. „Die politische Verantwortung endet und beginnt nicht mit einer Verurteilung“, so Karas. „Der Untersuchungsausschuss klärt die politische Verantwortung, die Gerichte die rechtlichen Konsequenzen.“