Rohbau eines Einfamilienhauses
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Studie warnt

Rohstoffknappheit bremst Aufschwung

Die Engpässe bei der Versorgung mit Rohstoffen in mehreren Branchen könnten einen schnellen wirtschaftlichen Aufschwung nach der Coronavirus-Krise gefährden. Das berichtete das deutsche „Handelsblatt“ (Mittwoch-Ausgabe) auf Basis einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). Auch in Österreich ist man vom Mangel an Rohstoffen betroffen.

Laut dem heimischen Handelsverband kämpfen mittlerweile drei von vier Händlern mit Lieferverzögerungen, wie es in einer Aussendung von Dienstag heißt. „Auch die heimische Sachgütererzeugung und die Bauwirtschaft leiden unter massiven Rohstoffengpässen, steigenden Preisen bei Metall, Holz und Kunststoff, dem Containermangel in Fernost sowie covidbedingten Ausfällen bei internationalen Fabriken“, so Rainer Will, Sprecher des österreichischen Handels. Man gehe davon aus, dass die aktuelle Beschaffungskrise noch zumindest drei bis sechs Monate andauern werde, heißt es.

Diese Entwicklung sei eine Gefahr für die Konjunkturentwicklung und zeige, wie wichtig es sei, regionale Wertschöpfung zu unterstützen, so Will weiter. Auch die IW-Studie sieht durch die Knappheit an Rohstoffen den Konsum betroffen. „Vor allem mit dem erneuten Einstieg in die gesellschaftliche und ökonomische Normalisierung infolge der Impffortschritte und der damit einsetzenden Entladung des aufgestauten Konsums halten diese Engpässe die konjunkturelle Erholungsdynamik zurück“, heißt es in dem Papier des IW.

Container im Hafen von Hongkong
APA/AFP/Anthony Wallace
Derzeit leidet man, da Container ob der Pandemie festsitzen, auch an einem Containermangel

„Mittelschwere Beschränkung“

Um die Belastungen der deutschen Wirtschaft durch Lieferengpässe bei Gütern wie Bauholz und Computerchips zu ermitteln, befragte das IW laut der Zeitung 23 betroffene Wirtschaftsverbände. Gut 40 Prozent sehen laut Bericht derzeit kurzfristig starke Risiken durch inländische Lieferengpässe. Das gilt zum Beispiel für die Automobil- und Kunststoffindustrie, die Textil- und Lederindustrie, das Baugewerbe und die Maler und Lackierer.

Ein weiteres Drittel der Verbände wie etwa die Maschinen- und Anlagenbauer registriere eine mittelschwere Beschränkung. Bei den ausländischen Vorleistungen sei das nur unwesentlich anders. Die Aussichten für die kommenden Monate würden zwar etwas besser bewertet, lieferten aber laut IW keinen Grund zur Entwarnung.

Halbleiter als längerfristiges Problem

„Viele Engpässe werden in den nächsten Monaten verschwinden, einige Problemfälle werden aber länger anhalten“, sagte Hubertus Bardt, Studienautor und Geschäftsführer des IW. „Gerade fehlende Halbleiter können noch länger zu Produktionsausfällen in den unterschiedlichsten Branchen führen“, sagte er dem „Handelsblatt“. Für die Politik sieht Bardt „nicht viel“ Handlungsspielraum. „Sie muss vor allem die Grenzen für den Warenverkehr offen halten, damit sich die Engpässe so schnell wie möglich auflösen können.“

Produktion von Halbleiter in einer chinesischen Fabrik
APA/AFP
Die Lieferschwierigkeiten bei Halbleitern betreffen zahlreiche Branchen

Kritisch sieht das arbeitgebernahe IW die von mehreren Landeswirtschaftsministerien der SPD in deutschen Bundesländern ins Spiel gebrachten Exportbeschränkungen. Ein direkter Eingriff in die Einkaufspolitik der Unternehmen dürfe aus der Rohstoffknappheit in der EU nicht abgeleitet werden. „Dies ist unternehmerische Verantwortung.“

EU soll in die Pflicht genommen werden

In Deutschland will man auch die Europäische Union in die Pflicht nehmen. So forderte der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) die EU zum Handeln auf. „Die EU ist mit Blick auf die Stärkung ihrer strategischen Souveränität gefordert, sich zügig mit Lieferengpässen und Kapazitätsaufbau zu befassen“, sagte Wolfgang Niedermark, Mitglied der BDI-Hauptgeschäftsführung, dem „Handelsblatt“. Die CoV-Pandemie sowie die derzeitigen geringen Transportkapazitäten führten zu hohen Mehrkosten für Transporte über den Seeweg, steigenden Rohstoffpreisen und erheblichen Lieferverzögerungen.

„Das verursacht Störungen in den Produktionsabläufen.“ Europa sei bei verschiedenen Rohstoffen „gefährlich abhängig“ von einzelnen Lieferanten oder Liefergebieten, so Niedermark. Gleiches gelte für die Halbleiterherstellung. „Wegen der Bedeutung von Halbleitern für die Industrie muss Europa verloren gegangene Kompetenzen und Kapazitäten mit staatlicher Unterstützung wieder zurückholen“, mahnte der BDI-Experte.

Auch das Handwerk zeigte sich laut „Handelsblatt“ alarmiert. Die Preisexplosion bei gleichzeitigen massiven Lieferengpässen bei vielen Baumaterialien sei eine „Belastung für die Handwerks- wie die Konjunktur insgesamt“, sagte auch der Generalsekretär des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH), Holger Schwannecke.