Traktor verteilt Glyphosat  auf einem Feld
APA/AFP/Jean Francois Monier
Eine große Ausnahme

Teilverbot für Glyphosat fixiert

Der Nationalrat hat am Donnerstag einstimmig ein Verbot des umstrittenen Unkrautvernichters Glyphosat beschlossen – für die private Verwendung und an öffentlich genutzten Orten wie Parks, Sportflächen und Friedhöfen. Die Nutzung in der Landwirtschaft bleibt von der Regelung aber unberührt. Kritik daran gab es schon im Vorfeld von Umweltorganisationen – denn so sei der Großteil der Glyphosatnutzung ausgeklammert.

Im Wesentlichen wird das Herbizid auf Flächen, die von der Allgemeinheit oder von gefährdeten Personengruppen genutzt werden, untersagt. Dazu zählen etwa Sportanlagen, Parks und Spielplätze. Einschränkungen gibt es ebenso für den privaten Einsatz: Im Haus- und Kleingartenbereich ist die Nutzung des Mittels künftig auch verboten. Auch in Baumärkten wird das Totalherbizid nicht mehr zu finden sein, da es nicht mehr an nicht berufliche Käufer abgegeben werden darf.

Unverändert bleibt die Nutzung in der Landwirtschaft: Ein Totalverbot von Glyphosat wäre ein nationaler Alleingang und nach Meinung von Fachleuten nach derzeitigem EU-Recht kaum zu erreichen. Schon im vergangenen Jahr erteilte die EU-Kommission Österreich in dieser Hinsicht eine Abfuhr.

Kritik von Opposition

Von der SPÖ gab es deshalb heftige Kritik an der Koalition, speziell an den Grünen, die sich in vergangenen Wahlkämpfen für ein weitreichendes Verbot starkgemacht hätten. Mit dem „Mini-mini-Teilverbot“ würden zwei aufrechte Parlamentsbeschlüsse ignoriert, ärgerte sich SPÖ-Mandatarin Cornelia Ecker.

Glyphosat sei ein von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als krebserregend eingestuftes Pflanzengift. „Jene, die heute das Totalverbot blockieren, sind verantwortlich für resultierende Gesundheitsschäden von morgen“, sagte sie. Ein SPÖ-Antrag, der das Inverkehrbringen von Glyphosat generell verbieten sollte, blieb in der Minderheit.

Auch Walter Rauch (FPÖ) kritisierte die Grünen, denen er den im Wahlkampf hervorgehobenen Anstand absprach. Das Totalverbot werde von der ÖVP durch einen technischen Trick torpediert. Pragmatischer zeigte sich Karin Doppelbauer von NEOS. „Wir verbieten das, was heute möglich ist“, meinte sie.

„Haben das getan, was rechtlich möglich ist“

Olga Voglauer von den Grünen wies die Kritik von SPÖ und FPÖ zurück. „Wir haben genau das getan, was uns die europäische Rahmensetzung ermöglicht“, argumentierte auch sie. Glyphosat werde überall außer in der Landwirtschaft verboten, und auch die Vorerntebehandlung werde untersagt: „Das habt ihr von der Sozialdemokratie nie zustande gebracht.“ Johannes Schmuckenschlager (ÖVP) kritisierte die politische Agitation bei diesem Thema. Sein Parteikollege Lukas Brandweiner sprach von einer praxisnahen, guten Regelung.

Spielplatz mit Schaukel
ORF/Georg Hummer
An öffentlichen Orten wie Spielplätzen ist der Einsatz von Glyphosat künftig verboten

Experte: Abweichungen von EU-Recht kaum möglich

Ausnahmen des EU-Rechts in diesem Kontext seien nur unter ganz bestimmten Bedingungen möglich, sagte schon 2019 der EU-Rechtsexperte Walter Obwexer: etwa dann, wenn für Umwelt und Gesundheit Probleme nachgewiesen werden, die es nur in Österreich, nicht aber in anderen EU-Staaten gibt. Oder wenn neue wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen, die bei der Zulassung im Jahr 2017 noch nicht bekannt waren. Die Bemerkung der EU im letzten Sommer bestätigte Obwexers Einschätzung.

ÖVP-Landwirtschaftssprecher und Bauernbund-Präsident Georg Strasser sagte zum Beschluss des nunmehrigen Teilverbots im zuständigen Ausschuss Anfang Mai: „Österreich wird die Bemerkungen (der EU-Kommission, Anm.) berücksichtigen, und genau das machen wir mit diesem Schritt.“

Der nächste Schritt stehe nun auf EU-Ebene an: Die Genehmigung von Glyphosat läuft Ende 2022 aus. Ziel der Grünen sei es, die Verlängerung zu verhindern: „Damit vermeiden wir dann auch Importe von Glyphosatrückständen in unseren Lebensmitteln“, so die grüne Landwirtschaftssprecherin Olga Voglauer zuletzt.

NGOs fordern Kopplung an Förderungen

Seitens von Greenpeace hieß es: „Dass sich der Gesetzesantrag nur auf die kleinteilige private Anwendung bezieht, das Gift jedoch in der Land- und Forstwirtschaft weiterhin versprüht werden darf, ist umweltpolitisch ein Reinfall. Rund 90 Prozent des in Österreich verwendeten Glyphosats werden in der Landwirtschaft eingesetzt und durch das Teilverbot nicht eingeschränkt.“

Kritik von Umweltschutzorganisationen kam aber auch schon nach dem grünen Licht im Ausschus, die in der Regelung bestenfalls einen Tropfen auf den heißen Stein sehen. Global-2000-Umweltexperte Helmut Burtscher-Schaden bezeichnete das Teilverbot als „Light-Version“. Es sei eine „Mogelpackung“, die Landwirtschaft als Verursacherin von mehr als 90 Prozent der österreichweit ausgebrachten Menge an Glyphosat sei ausgeklammert.

Platikbehälter mit Glyphosat auf einem Feld
Reuters/Christian Hartmann
In der Landwirtschaft darf Glyphosat auch weiter zum Einsatz kommen

Global 2000 forderte statt des EU-rechtlich schwierigen Totalverbots eine mögliche Kopplung des Verzichts an EU-Förderungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik: „Wäre es der Regierung tatsächlich ernst damit, den Einsatz von Glyphosat in Österreich zu reduzieren, dann würde sie den Verzicht auf Glyphosat zur Voraussetzung für den Erhalt von Agrarumweltförderungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik machen wie von zahlreichen Organisationen gefordert“, so Burtscher-Schaden in einem Statement gegenüber der APA.

Zulassung für umstrittenes Mittel 2017 verlängert

Die EU-Kommission hatte im Dezember 2017 entschieden, die europäische Genehmigung für Glyphosat um fünf Jahre zu verlängern. Die Chemikalie ist wegen möglicher Krebsrisiken umstritten, die Studienlage ist nicht eindeutig: Die Internationale Agentur für Krebsforschung schätzt es als wahrscheinlich krebserregend ein. Die Zulassungsbehörden mehrerer großer Agrarstaaten sehen hingegen keine Gefahren. Glyphosat ist ein sehr wirksames Unkrautgift und wird weltweit in großen Mengen in der Landwirtschaft eingesetzt.