Belgische Polizei beim Nationalpark Hoge Kempen
Reuters/Johanna Geron

Rechtsextremist auf der Flucht

Suche in Belgien als Wettlauf gegen die Zeit

In Belgien ist seit mehreren Tagen ein als gefährlich eingestufter Rechtsextremist mit Waffen untergetaucht und spurlos verschwunden. Der Soldat hatte zuvor Drohungen gegen den Staat und Einzelpersonen zu Papier gebracht, die Suche nach ihm läuft. Inzwischen häufen sich in sozialen Netzwerken Unterstützungsbekundungen für den Extremisten.

Die Spurenlage ist dürftig, der flüchtige Soldat scheint wie vom Erdboden verschwunden. Seit Dienstag sucht die Polizei den Soldaten, der nach schweren Drohungen mit einem Waffenarsenal untertauchte. Die Angst, er könnte aus dem Hinterhalt seine Pläne, die er laut Polizei in einem „besorgniserregenden“ Brief formulierte, in die Tat umsetzen, ist groß. Der 46-Jährige hat als Soldat große Kampferfahrung gesammelt.

Die Fahndung, an der sich Spezialkräfte der Polizei beteiligten, konzentrierte sich auf die Region um den Wohnsitz des Mannes in der Stadt Dilsen-Stokkem in Flandern nahe der Grenze zu den Niederlanden. Trotz eines Aufgebots von mehr als 400 Polizeikräften und Soldaten sowie Unterstützung aus Deutschland und den Niederlanden konnte der Mann nicht aufgespürt werden. In seinem am Rande des Nationalparks Hoge Kempen entdeckten Auto waren vier Raketenwerfer und Munition gefunden worden.

Raketenwerfer und Maschinengewehr

Es wird vermutet, dass er auf seiner Militärbasis auch Schusswaffen gestohlen hat. Belgischen Medienberichten zufolge könnte der zwischen 40 und 50 Jahre alte Soldat einen Raketenwerfer, ein Maschinengewehr, eine Pistole und Schutzausrüstung entwendet haben.

Polizeifot des Gesuchten
APA/AFP/Belgische Bundespolizei
Der flüchtige Soldat

Belgiens Justizminister Vincent Van Quickenborne sagte dem Fernsehsender VRT, der Soldat stehe wegen seiner extremistischen Ansichten auf einer Beobachtungsliste der belgischen Anti-Terror-Behörde OCAM. „Es gibt Hinweise, dass er gewalttätig ist, und die vergangenen 24 Stunden haben gezeigt, dass der Mann eine akute Gefahr darstellt“, sagte der Minister weiter.

Bedrohter Virologe in Sicherheit gebracht

Der Soldat hatte Drohschreiben gegen Vertreter des belgischen Staates und den bekannten belgischen Virologen Marc Van Ranst hinterlassen. Der 55-jährige Virologe ist erklärter Gegner der Coronavirus-Leugner und nimmt in sozialen Netzwerken auch regelmäßig Stellung gegen Rassismus und Rechtsextremismus. Er lebte bereits unter Polizeischutz und wurde nun mit seiner Familie an einen sicheren Ort gebracht.

Belgische Polizei beim Nationalpark Hoge Kempen
Reuters/Yves Herman
Die Suche konzentriert sich derzeit auf den Nationalpark Hoge Kempen

Der gesuchte Soldat war belgischen Medienberichten zufolge schon im Kosovo, im Irak und in Afghanistan im Einsatz. Er ist einer von rund 30 Mitgliedern der belgischen Armee, die nach offiziellen Angaben vom Geheimdienst wegen rechtsextremer Ansichten überwacht werden. Die belgische Armee hatte gegen ihn bereits im Jahr 2020 Strafen verhängt und sogar eine Anzeige erstattet, die folgenlos blieb. Dennoch hatte der Rechtsextremist weiter Zugang zu Waffen, wie Verteidigungsministerin Ludivine Dedonder beklagte.

Aktionsplan angekündigt

Dedonder schloss unterdessen einen Rücktritt aus. Die Kritik am Ministerium war seit Bekanntwerden der Umstände laut geworden. Dedonder ist erst seit Oktober 2020 im Amt und kritisierte ihren Vorgänger, zu wenig investiert zu haben. Die Ministerin sagte dem Bericht zufolge weiter, dass interne Untersuchungen eingeleitet werden sollen, in denen auch die Verfahren für den Zugang zu militärischen Unterkünften und Waffendepots beleuchtet werden sollen.

Premier Alexander De Croo sagte dem Sender VTM zuvor, es sei inakzeptabel, dass jemand, der auf der OCAM-Liste stehe, in der Armee aktiv sei und Zugang zu Waffen bekomme. Er plant nun einen Aktionsplan zur strukturellen Überwachung von radikalisierten Personen in den Streitkräften, wie ein Sprecher laut Nachrichtenagentur Belga mitteilte.

Applaus von ganz rechts

Während die Menschen in der betroffenen Region Angst haben, gibt es in sozialen Netzwerken inzwischen zahlreiche Unterstützungsbekundungen für den flüchtigen Mann. Auch Petitionen von rechtsextremen Gruppen sind im Umlauf, wie die belgische Zeitung „De Morgen“ am Freitag berichtete. Einige Facebook-Gruppen hätten Tausende von Mitgliedern. Sogar aus politischen Kreisen gab es relativierende Worte: Carrera Neefs, ehemaliger Stadtrat des rechtsextremen Vlaams Belang, schrieb laut „De Morgen“, dass der Gesuchte „sein ganzes Leben lang gearbeitet hat“. Man sehe ihn als Problem, weil er politisch rechts stehe und des „CoV-Wahnsinns“ müde.