Lkws mit Hilfsgütern auf dem Weg nach Gaza
AP/Tsafrir Abayov
Waffenruhe hält

Schnelle Hilfe für Gazastreifen gefordert

Während die Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas weiter hält, sind die ersten Hilfslieferungen im Gazastreifen eingetroffen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) forderte raschen Zugang für medizinisches Personal. Die USA kündigten ein „großes Hilfspaket“ an, pochen aber auf eine Zweistaatenlösung. Unterdessen gehen die Gespräche zur Festigung der Waffenruhe weiter.

Lkws von verschiedenen Hilfsorganisationen, darunter von den Vereinten Nationen, lieferten erste Medikamente, Essen und Treibstoff in die betroffenen Gebiete, nachdem Israel die Grenzen geöffnet hatte, berichtete die BBC. Rund 800.000 Menschen sollen laut der Kinderhilfsorganisation UNICEF derzeit keinen Zugang zu fließendem Wasser haben.

Die Sprecherin der WHO, Margaret Harris, forderte sofortigen Zugang für medizinisches Personal und Versorgung mit medizinischer Ausrüstung, da sonst den Einrichtungen in der Region, die auch von Covid-19 stark betroffen ist, eine schnelle Überlastung drohe. Über 250 Menschen, die Mehrheit im Gazastreifen, wurden bei den Kampfhandlungen laut offiziellen Angaben getötet, Hunderte verletzt.

Palästinensische Polizisten gehen durch die Trümmer des zerstörten Polizeihauptquartiers in Gaza-Stadt
APA/AFP/Emmanuel Dunand
Palästinensische Vertreter begutachten die Zerstörungen in Arafat Stadt

Die zuständige UNO-Vertreterin Lynn Hastings warb dafür, den bereits seit 2014 bestehenden Wiederaufbaumechanismus für Gaza zu nutzen. Die Koordinatorin für den Nahost-Friedensprozess machte sich zwischen zerstörten Gebäuden in Gaza-Stadt am Samstag ein aktuelles Bild der Lage.

Cafes und Geschäfte öffneten wieder

Auch das gewohnte Leben ging weiter, wo möglich: Fischer im Gazastreifen bekamen die Erlaubnis, wieder aufs Meer zu fahren, Cafes und Geschäfte öffneten wieder. Unterdessen suchten Rettungskräfte weiter nach Überlebenden unter Gebäudetrümmern der letzten israelischen Angriffe.

Tausende Menschen kehrten in die teilweise zerstörten Häuser zurück, der Wiederaufbau könnte laut dem Internationalen roten Kreuz Jahre dauern. Laut palästinensischen Stellen soll der Wiederaufbau der ohnedies wirtschaftlich schwachen Region zig Millionen Dollar kosten. Zehntausende Menschen waren vor den Angriffen der Israelis geflohen, die ihrerseits auf Raketen der Hamas reagiert hatten.

Ägypten will Feuerpause „überwachen“

Unterdessen gehen die Bemühungen für eine Festigung der Waffenruhe weiter. Am Samstag trafen zwei ägyptische Delegationen in Israel und den palästinensischen Gebieten ein, sie sollen die Feuerpause „überwachen“, hieß es in ägyptischen Staatsmedien. Ägyptens Außenminister telefonierte nach eigenen Angaben mit seinem Kollegen in Israel, um die Maßnahmen zum Wiederaufbau des Gazastreifens zu besprechen.

Auch US-Präsident Joe Biden kündigte an, er werde sich für einen von der internationalen Gemeinschaft finanzierten „Wiederaufbau“ nach den Zerstörungen durch israelische Bombenangriffe im Gazastreifen einsetzen. Dabei müsse verhindert werden, dass sich die radikalislamische Hamas-Organisation erneut bewaffne. US-Außenminister Antony Blinken will nächste Woche in die Krisenregion reisen.

Biden pocht auf Zweistaatenlösung

Laut Biden kann der Nahost-Konflikt nur durch eine Zweistaatenlösung, also ein unabhängiges Palästina neben Israel, befriedet werden. „Das ist die einzige Antwort, die einzige Antwort“, sagte er am Freitag (Ortszeit) im Weißen Haus. Auch die Europäische Union sprach sich erneut für zwei Staaten aus. „Die Wiederherstellung eines politischen Horizonts für eine Zweistaatenlösung bleibt von größter Bedeutung“, sagte EU-Außenbeauftragter Josep Borrell.

Die Hamas sei eine Terrororganisation, so Biden, um der Zivilbevölkerung willen seien die USA aber entschlossen, den Wiederaufbau im Gazastreifen über die Palästinensische Autonomiebehörde mit einem „großen Hilfspaket“ zu unterstützen. Gleichzeitig betonte er, dass ein nachhaltiger Frieden erst möglich sei, sobald alle Akteure in der Region zweifelsfrei „das Recht Israels anerkennen, als unabhängiger jüdischer Staat zu existieren“. Das aber lehnt die Hamas, die von den USA und der EU als Terrororganisation eingestuft wurde, ab.

Auseinandersetzungen und Festnahmen in Jerusalem

Wie brenzlig die Lage immer noch ist, zeigten am Freitag neue Auseinandersetzungen auf dem Tempelberg in Jerusalem zwischen Palästinensern und der israelischen Polizei. Palästinensischen Rettungskräften zufolge wurden 15 Menschen behandelt, nachdem die Polizei unter anderem Gummigeschoße eingesetzt hatte.

Nach Angaben der Polizei waren Polizisten zuvor aus einer Menge Hunderter junger Menschen mit Steinen und einem Brandsatz beworfen worden. Am Samstag wurden in Jerusalem laut palästinensischen Angaben neun Menschen festgenommen. Wie die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa am Samstag unter Berufung auf Augenzeugen berichtete, nahmen Sicherheitskräfte bereits am Freitag Dutzende Palästinenser fest. Von israelischer Seite gab es zunächst keine Bestätigung.