Pflegekräfte legen Schutzanzug an
Reuters/Kai Pfaffenbach
WHO-Schätzung

115.000 Pflegekräfte starben an Coronavirus

Mindestens 115.000 Pflegekräfte sind nach einer Schätzung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) weltweit in Zusammenhang mit einer Coronavirus-Infektion ums Leben gekommen. „Es gibt nur spärliche Berichte, aber wir schätzen, dass mindestens 115.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gesundheits- und Pflegedienste mit dem Leben für ihren Dienst an anderen bezahlt haben“, sagte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus am Montag zum Auftakt der Jahrestagung der 194 WHO-Länder in Genf.

Er werde nicht um eine Schweigeminute bitten, so Tedros. Stattdessen rief er die wenigen Dutzend Anwesenden im Tagungsraum sowie alle online aus den Hauptstädten Zugeschalteten zu einer Dankesaktion für die Millionen Pflegekräfte weltweit auf. Er ermunterte Zuschauerinnen und Zuschauer, viel Krach zu machen, etwa zu applaudieren, zu rufen oder mit den Füßen zu stampfen. Er selbst stimmte in anhaltenden Applaus ein. Zu Beginn der Pandemie hatte es in zahlreichen Ländern zu einer bestimmten Tageszeit öffentliche Applausaktionen gegeben, um Pflegekräften für ihren Einsatz zu danken.

Zum Auftakt der WHO-Jahrestagung rief UNO-Generalsekretär Antonio Guterres die internationale Gemeinschaft dazu auf, der CoV-Pandemie mit derselben Strategie wie in einem Krieg zu begegnen. „Wir sind im Krieg mit einem Virus“, sagte Guterres am Montag. Die Welt brauche „die Logik und die Dringlichkeit einer Kriegswirtschaft“, um dafür zu sorgen, dass alle Länder gleichen Zugang zu den „Waffen“ im Kampf gegen die Pandemie erhalten.

Demonstration von Pflegekräften in Brasilien
Reuters/Ueslei Marcelino
Pflegekräfte demonstrieren in Brasilien

Guterres: Die Schwächsten leiden am meisten

Die Pandemie habe einen „Tsunami des Leidens“ ausgelöst, so Guterres. Seit ihrem Beginn Ende 2019 seien mehr als 3,4 Millionen Menschen gestorben, rund eine halbe Milliarde Menschen habe ihre Arbeit verloren. „Die Schwächsten leiden am meisten, und ich fürchte, das ist noch lange nicht vorbei“, sagte Guterres. Er warnte vor den anhaltenden Gefahren einer „globalen Reaktion der zwei Geschwindigkeiten“.

Wenn jetzt nicht gehandelt werde, sei die Mehrheit der Bevölkerung in der reichen Ländern bald geimpft und die Wirtschaft könne sich erholen, während das Virus in den armen Staaten weiter wüte und mutiere und „für tiefes Leid sorgt“. Das könnte zum Tod von weiteren Hunderttausenden Menschen führen und die weltweite wirtschaftliche Erholung verlangsamen.

Merkel wirbt für Pandemievertrag

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel warnte bei der Tagung vor neuen Pandemiegefahren. Sie rief die Weltgemeinschaft auf, bessere Vorbereitungen zu treffen. „Diese Pandemie ist noch nicht bewältigt; und sie wird auch nicht die letzte sein“, sagte Merkel in einer Videobotschaft, die am Montag eingespielt wurde.

Demonstration von Pflegekräften nahe Paris
Reuters/Gonzalo Fuentes
Auch in Paris machten Pflegekräfte auf ihre Situation aufmerksam

Merkel warb für einen internationalen Pandemievertrag, der Länder zu besserer Kooperation bringen soll. Die Hoffnung sei, dadurch früher warnen und schneller handeln zu können, um eine neue globale Pandemie im Keim zu ersticken. „Nach der Pandemie ist vor der Pandemie“, sagte Merkel. „Auf die nächste sollten wir möglichst gut vorbereitet sein. Das ist das Signal, das ich mir von dieser Weltgesundheitsversammlung erhoffe.“

Kritik an reichen Ländern

Ghebreyesus kritisierte die reichen Länder, die den Großteil der verfügbaren CoV-Impfdosen aufgekauft hätten. 75 Prozent der Impfdosen seien in nur zehn Ländern. In vielen anderen Ländern müssten deshalb Millionen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Gesundheitswesens auf die wichtige Impfung warten. Er appellierte an diese Länder, Impfdosen abzugeben. Er rief die Welt auf, dafür zu sorgen, dass bis September mindestens zehn Prozent der Menschen weltweit und bis Ende des Jahres 30 Prozent geimpft werden können.

Die Weltgesundheitsversammlung tagt jedes Jahr. Es ist das höchste Entscheidungsgremium der WHO. Sie legt unter anderem Schwerpunkte der Arbeit fest und entscheidet über das Budget.