P4-Labor auf dem Campus des Wuhan Institute of Virology in Wuhan (China)
APA/AFP/Hector Retamal
Neue Hinweise zu Laborthese

USA fordern weitere Prüfung zu CoV-Quelle

Die Theorie, dass das Coronavirus aus einem Labor im chinesischen Wuhan stammt, gibt es schon länger. Beweise dafür gibt es nicht. Nun berichtete das „Wall Street Journal“ („WSJ“) von neuen Hinweisen, die für die Laborthese sprechen. Die Zeitung stützt sich auf einen US-Geheimdienstbericht. China dementiert die Vorwürfe. Aber die USA fordern eine weitere Überprüfung des CoV-Ursprungs.

Internationale Experten müssten die Möglichkeit bekommen, die Quelle des Virus und die frühen Tage des Ausbruchs vollständig, transparent und wissenschaftlich fundiert unter die Lupe zu nehmen, sagte US-Gesundheitsminister Xavier Becerra am Dienstag in einer Videobotschaft an die Jahrestagung der Weltgesundheitsorganisation (WHO). China wurde darin nicht direkt erwähnt. Es steht dennoch im Zentrum der Aufmerksamkeit.

Laut dem US-Geheimdienstbericht waren drei Mitarbeiter des Labors in Wuhan bereits im November 2019 so schwer erkrankt, dass sie im Krankenhaus behandelt werden mussten. Das stützt erneut die Theorie, dass das Virus – versehentlich – aus einem Labor in China entwich. Schon in den vergangenen Monaten gab es immer wieder Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen, die sagten, die Laborthese dürfe nicht ausgeschlossen werden. Laut Peking wurde der erste offizielle Covid-19-Fall erst am 8. Dezember bestätigt.

China dementiert Vorwürfe: „Komplette Lüge“

Der Direktor des Virologieinstituts in Wuhan, Yuan Zhiming, wies den Bericht gegenüber der chinesischen „Global Times“ als „komplette Lüge“ zurück. Das Laboratorium wisse von keinen Erkrankungen seiner Mitarbeiter. Das chinesische Außenministerium sagte, dass die USA weiterhin an der „Laborlecktheorie“ arbeiteten.

Berichte zur Laborthese gab es immer wieder. Anfang des Jahres veröffentlichte auch das US-Außenministerium noch in den letzten Tagen der US-Regierung von Donald Trump ein Dossier, das besagte, dass es „Grund zu der Annahme“ gebe, dass mehrere Wissenschaftler des Wuhan Institute of Virology (WIV) im Herbst 2019 mit „Symptomen konfrontiert waren, die sowohl mit Covid-19 als auch mit häufigen saisonalen Krankheiten im Einklang stehen“.

WHO-Experten in Wuhan
AP/Ng Han Guan
Ein WHO-Team versuchte bereits Anfang des Jahres dem Ursprung des Coronavirus in China auf den Grund zu gehen

Die bisherigen Angaben waren eher vage. Die neuen Informationen sind detaillierter. Laut dem „WSJ“-Bericht hatten die Labormitarbeiter Covid-19-ähnliche Symptome und mussten im Krankenhaus behandelt werden. „Ich bin sehr skeptisch, dass drei Menschen in sehr geschützten Umständen in einem Labor der Stufe drei, die an Coronaviren arbeiteten, alle in der gleichen Woche an einer Grippe erkranken, die sie ins Krankenhaus brachte oder zu einem schweren Krankheitsverlauf führte, und es hat nichts mit dem Coronavirus zu tun“, meinte etwa David Asher, der für das US-Außenministerium die Ursprünge des Virus recherchierte.

Forscher fordern neue Untersuchung

Einer der Schwerpunkte des WIV ist laut US-Behörden die internationale Coronavirus-Forschung. Wenige Tage vor dem „WSJ“-Artikel veröffentlichten 18 prominente Wissenschaftler einen Brief in der Zeitschrift „Science“ und forderten darin eine neue Untersuchung, weil „Theorien einer versehentlichen Freisetzung aus einem Labor und einer zoonotischen Verbreitung (Verbreitung von Erkrankungen zwischen Menschen und Wirbeltieren, Anm.) beide tragfähig bleiben“.

Ein Forscherteam hatte für die WHO nach dem Ursprung von SARS-CoV-2 gesucht. In dem im März veröffentlichten Bericht wurde die Labortheorie als extrem unwahrscheinlich bezeichnet. Allerdings blieben nach dem Bericht viele Fragen offen. Festgestellt wurde, dass sich das Virus in Fledermäusen entwickelt habe. Wie es auf andere Tiere übergegangen ist, ist aber weiterhin unklar.

Es seien keine Rohdaten, Originallabor- und Sicherheitsaufzeichnungen einsehbar gewesen, stellte das WHO-Team fest. WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus wollte die Hypothese eines Laborunfalls in Wuhan schon gleich nach Veröffentlichung des Berichts weiter prüfen lassen.

Weiße Haus hat weiterhin „ernsthafte Fragen“

Das Weiße Haus hielt sich angesichts der neuen Hinweise bedeckt. Der Zeitungsbericht könne nicht bestätigt werden. „Wir haben weiterhin ernsthafte Fragen zu den Anfängen der Covid-19-Pandemie einschließlich ihrer Ursprünge innerhalb der Volksrepublik China“, sagte eine Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrates gegenüber dem „WSJ“.