Impfung eines Jungendlichen
Getty Images/portishead1
Zwölf- bis 15-Jährige

Was das Impfen von Jungen bedeutet

Am Freitag wird die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) laut Gesundheitsministerium wohl den Impfstoff von Biontech und Pfizer auch für die Gruppe der Zwölf- bis 15-Jährigen freigeben. Ministerium und Länder bereiten sich schon darauf vor. Es wird wohl spezielle Informationskampagnen und teils eigene Impfmöglichkeiten geben.

Die Vormerkung – nicht Anmeldung – für diese Altersgruppe ist ja bereits möglich. Damit haben die Gesundheitsbehörden auch einen Einblick, wie groß die Impfbereitschaft bei den Teenagern ist. Das Fazit, wie eine Nachfrage von ORF.at beim Gesundheitsministerium ergab: Das Interesse an der freiwilligen und kostenlosen Impfung ist bisher enden wollend.

Das erklärt man sich im Ministerium allerdings damit, dass die Impfkampagne bisher noch gar nicht auf diese Altersgruppe abgezielt habe, da eine Impfung für sie erst seit Kurzem in Reichweite sei. „Gezielte Informationen und Aufklärung“ seien daher eine wesentliche Voraussetzung.

Impfungen direkt an Schule denkbar

Man bereite sich derzeit darauf vor, mit Zeitpunkt der Zulassung durch die EMA „auch den zwölf- bis 15-jährigen Kindern und Jugendlichen ein Impfangebot machen“ zu können. Die Durchführung der Impfung werde derzeit im Detail mit den zuständigen Stellen, sprich den Landessanitätsbehörden, geplant. Auch für diese Gruppe – sie zählt insgesamt rund 340.000 – werde es ein „breites, niederschwelliges und vielfältiges“ Impfangebot geben.

Durchaus denkbar ist dabei auch, dass an größeren Schulstandorten, wenn sie weiter von einer Impfstraße entfernt sind, auch direkt Impfungen angeboten werden. Es sei allerdings letztlich Entscheidung der Länder, des Bildungsministeriums und der einzelnen Schulen, welche Vorgangsweise gewählt werde, wurde im Gesundheitsministerium betont.

Einfacheres Zusammensein mit Freunden

Für die Jugendlichen und ihre Familien bedeutet es mehr Schutz vor einer Covid-19-Erkrankung und damit mehr Freiheit im Alltag, wenn etwa die Testpflicht wegfällt. Nicht zuletzt erleichtert es die Rückkehr zur Normalität, was das im vergangenen Jahr so eingeschränkte Zusammensein mit Freundinnen und Freunden angeht. Für viele der Zwölf- bis 15-Jährigen, die das wollen, wird sich eine Immunisierung aber wohl nicht vor den Ferien und dem gemeinsamen Familienurlaub ausgehen.

Wichtig für Erfolg der Impfkampagne

Auch für die Impfkampagne kommt die erwartete EMA-Freigabe nicht ungelegen. Denn im Verlauf des Juni dürfte sich das bisherige Verhältnis umdrehen und erstmals mehr Impfstoffdosen als Impfwillige aus den bisherigen Altersgruppen vorhanden sein. Bei den höheren Altersgruppen gebe es auch noch Potenzial, hieß es aus dem Gesundheitsministerium. Bei den 60-plus-Jährigen etwa gebe es noch Impfwillige, die sich bisher nicht angemeldet hätten. Da brauche es aber oft zusätzliche Schritte, etwa einen Anruf des Hausarztes. Da müssten auch die für die Durchführung zuständigen Länder abwägen, wo sie die Prioritäten setzen möchten.

Gesamtgesellschaftlich wird es aber jedenfalls auch wichtig sein, dass sich Kinder in größerer Zahl impfen lassen – in weiterer Folge auch die unter Zwölfjährigen: Um die Pandemie zu einer Epidemie zu machen, sei es notwendig, den „Pool an Erkrankten“ zu dezimieren, so Karl Zwiauer, Facharzt für Kinder- und Jugendheilkunde und Mitglied des Nationalen Impfgremiums zuletzt gegenüber ORF.at. Berechnungen zufolge würde das Ansteckungsrisiko um 60 bis 70 Prozent sinken, wenn auch junge Menschen durchgeimpft würden.

Am Tag vor der EMA-Entscheidung sprach sich auch Albrecht Prieler, Kinderarzt und Mitglied des Nationalen Impfgremiums (NIG), klar für die Impfung von Kindern aus. Er verwies auf das Risiko eines schweren Verlaufs im Falle einer Erkrankung und betonte, dass eine Herdenimmunität nur erreicht werden könne, wenn die Kinder geimpft würden.

Skepsis und Debatte in Deutschland

Auch unter Fachleuten dürfte es hier freilich unterschiedliche Meinungen geben. Weltärztepräsident Frank-Ulrich Montgomery sprach sich am Mittwoch dagegen aus, Minderjährigen eine CoV-Impfung zu empfehlen. Dafür gebe es noch zu wenige Daten, um das Risiko einschätzen zu können, so der Arzt, der im Vorjahr für eine CoV-Impfpflicht für Erwachsene plädierte.

In Deutschland wird mittlerweile offen über eine Impfempfehlung für Kinder gestritten. Die Ständige Impfkommission (STIKO) äußerte sich skeptisch zu einer allgemeinen Impfempfehlung für Kinder. Das kritisierte wiederum Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil. Der deutsche Gesundheitsminister Jens Spahn sagte, Eltern würden individuell über eine Impfung ihrer Kinder entscheiden können.

Gesundheitsministerium: EMA-Entscheidung als Basis

Im Gesundheitsministerium wurde auf die genauen Prüfverfahren der EMA verwiesen. Auch in dieser Frage werde man sich daher an der EU-Arzneimittelbehörde orientieren. Auf Grundlage der EMA-Entscheidung werde das Nationale Impfgremium „fundierte Empfehlungen“ aussprechen können.

Entscheidender Faktor Bildung

Erste Studien zeigen, so das Gesundheitsministerium gegenüber ORF.at, dass vor allem die Bildung einen wichtigen Einfluss auf die Impfbereitschaft habe. Spezielle Impfaktionen in Schulen, aber auch eigene Informationsangebote für jüngere Zielgruppen und einzelne gesellschaftliche Teilbereiche, in denen es bisher eine geringere Impfbereitschaft gibt, stehen laut Gesundheitsministerium daher derzeit „im Fokus der Planungen“. Dabei gilt es wohl vor allem auch Sorgen von Eltern anzusprechen. Denn die Sicherheitsbedenken sind wohl in Bezug auf Kinder teils größer – auch bei jenen Eltern, die sich selbst impfen lassen.